Seit Anfang Oktober lässt sich auf dem Streaming-Portal Netflix eine neue spanische Jugendserie mit dem Namen „Élite“ abrufen. Innerhalb kurzer Zeit entwickelte sie sich zum wahren Lauffeuer, stand lange im Blitzlichtgewitter der Öffentlichkeit und schon wurde eine zweite Staffel bestätigt. Ob die Serie meiner Meinung nach ihrem Hype gerecht werden kann und welche weiteren visuellen Eindrücke gewonnen werden können, das erfährst du in der folgenden Rezension.
Die Serie „Élite“ widmet sich an ein eher jugendliches Publikum und thematisiert daher zahlreiche zielgruppenrelevante Streitfragen, deren Wichtigkeit nicht zu unterschätzen ist. Einen großen Fokus legt man hier auf das plötzliche Aufeinanderprallen der Schere von Arm und Reich. Wo zuerst die Neuankömmlinge der unteren Schicht die Gunst der Zuschauer besitzen, so vermischen sich nach und nach die Fronten. Keine Figur bleibt länger unschuldig, jeder hat etwas zu verbergen. Dieser Prozess ist interessant mit anzusehen, da man hier jeder Figur einen Mord zutrauen würde, und somit der Plot bis zur letzten Episode unvorhersehbar bleibt.
Auch spricht die Serie wichtige gesellschaftliche Themen an, deren Umgang heute als selbstverständlich erachtet werden sollte. So beschäftigen sich die auftretenden Figuren beispielsweise mit dem Entdecken ihrer eigenen Sexualitäten und Persönlichkeiten, dem Verhalten gegenüber und mit Homosexualität und der Religionsfreiheit auch an Bildungseinrichtungen. Dabei gibt „Élite“ hierzu klare und konkrete Meinung ab – und hat so viel Diskussions- und Nachdenkstoff für ein jugendliches Publikum.
Viele verschiedene Stilmittel verdeutlichen gelungen die Botschaften, die uns in den acht Episoden vermittelt werden sollen. Eine spannende Erzählchronologie, in welcher zwischen Verhören der Hauptfiguren und dem bereits vergangenen Handlungsstrang abgewechselt wird, bis sich beide sprießenden Wurzeln am Ende treffen, stichelt den Zuschauer fast provokant an, als wollten die Macher ihn mit einem zwinkernden Auge necken: „Pass gut auf: Weißt du, wer sie umgebracht hat?“ Ein gut aufgelegter Cast schafft es größtenteils, die vielschichtige Erzählung auf den Schultern zu tragen, und die verschiedenen Ansichten der Personen offen zu präsentieren, sodass man sich selbst ein Bild von der Situation zu machen hat. Zu guter Letzt endet die letzte Episode mit einem unvorhersehbaren und faszinierenden Ende, welches in mir definitiv die Lust auf mehr Bewegmaterial in diese Richtung geweckt hat.
Trotz eines sehr großen Suchtpotenzials, das „Élite“ unbestreitbar besitzt, gerät sie einige Male auf eine falsche Schiene, und kann sich nur schwer vor einer zerstörenden Kollision retten. So wirken die Geschehnisse zeitweise substanzlos und nicht von großer Bedeutung, sodass der Eindruck sich verstärkt, hier würde stark überdramatisiert werden. Zudem wirken die jugendlichen Akteure, die dem Zuschauer als Sechzehnjährige vorgestellt werden, zu keiner Zeit wie dieser Altersgruppe angemessen. Dies sorgt etliche Male für große Verwirrung.
Auch orientiert sich „Élite“ stark an Vorbildern wie „Riverdale“, „Tote Mädchen lügen nicht“ oder auch „Haus des Geldes“, an dessen Produktion ein nicht zu leugnender Teil des Cast dieser Serie mitgewirkt hat, kann jedoch nie die Qualitäten dieser einzelnen erreichen. Dafür fehlt es den acht Episoden über weite Strecken hinweg an Charme, die genannte Serien so überragend und erfolgreich gemacht haben. Mehr noch, es wirkt wie ein schlechter Abklatsch.
Wenn ich an genannte Serie zurückdenke, dann habe ich eine sehr gespaltene Meinung über „Élite“. Es gibt viele Argumente, die ich genannt habe, welche für die Serie sprechen, aber auch einige, die genau die gegenteilige Sprache sprechen. Leicht überwiegen jedoch die positiven Aspekte, sodass ich hier getrost eine Empfehlung für all diejenigen aussprechen kann, die sich von dem bereits existierenden Inhalt bzw. Trailermaterial angesprochen fühlen.
„Élite“ ist eine kurzweilige und geschickt erzählte Serie, welche durch wichtige Thematiken und einem spannenden Plot unterhalten kann.
Deswegen vergebe ich gerne drei von fünf Sternen.