Eine Serie, die alles auseinandernimmt, was bisherige Bayernproduktionen behauptet haben: Der größte Freistaat von allen ist gar nicht besser als die anderen! Politische Mauscheleien, Gangster, Eigennutz und Meth-Abhängigkeit sind auch in dem gar nicht so romantisch gelegenen Dorf zwischen der A9 und München an der Tagesordnung. Erfreulich unspießig und visuell zuweilen etwas unterkühlt erzählen Regisseur Boris Kunz und sein Drehbuchteam von großen Ambitionen und kleinen Streitereien, die allesamt daran scheitern, dass man schon aus Prinzip und Tradition gegeneinander arbeitet anstatt zu kooperieren.
Ein sarkastischer Kommentar zum aktuellen Zeitgeschehen findet sich vor allem in der Auseinandersetzung um ein Flüchtlingsheim, das von genervten Politikern mit falschen Versprechungen in die Provinz delegiert wird. Hier hätte man noch mehr auf die Tränendrüse drücken und traurige Schicksale beschwören können, doch die Asylsuchenden zeigen ähnlich viel Eigensinn wie die Hindafinger. Man intrigiert sich so durch, besonders Bürgermeister Zischl würde mit seinen Wendehals-Qualitäten einem Bernd Stromberg alle Ehre machen. Ähnlich wie der ist Zischl dem Zuschauer trotz allem Egoismus aufgrund seines guten Herzens immer wieder ziemlich sympatisch. Dass ausgerechnet der lokalpatriotisch veranlagte Fleischproduzent Goldhammer (Andreas Giebel) ukrainische Fleischabfälle von rumänischen Hilfsarbeitern verwurste(l)n lässt und sich das kulturelle Angebot auf den Kleintierzüchterverein und diverse Fußballspiele mit Frustsaufen beschränkt betont den Symbolcharakter der Handlung, denn Hindafing könnte überall in Deutschland sein.
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Die Merkel-Raute auf dem Cover verweist zudem auf die ganz große Politik, an der die Beteiligten gerne teilhaben würden. Um Wahlkampfunterstützung oder ein nobles "Donau-Village" zu bekommen wird auch ganz schnell mal eine Fracking-Anlage abgesegnet. Da haben Zischl und Konsorten allerhand von ihren prominenten Vorbildern gelernt. Auch mit elitären Kunstzirkeln wird abgerechnet, denn die sind trotz Großstadtlage offenbar genauso hinterhältig und triebgesteuert wie alle anderen auch.
Vielschichtige Themen, allerhand witzige Ideen, keine Angst vor politischer Unkorrektheit, was will man mehr? Zudem sind einzelne Szenen wie Zischls Alpträume fürs deutsche Fernsehen schon beinahe experimentell in Szene gesetzt und spätestens in der letzten Folge befindet sich fast jede Figur in einer Lage, die man anfangs nicht vermutet hätte. Nur das nervige Freejazz-Gedudel im Soundtrack kündet ein wenig von öffentlich-rechtlicher Beliebigkeit, ansonsten ist "Hindafing" im großen und ganzen außerordentlich gut gelungen. Vielleicht ist ein wenig Konkurrenz aus dem Ausland gar nicht das schlechteste. Wenn so etwas wie diese Serie dabei herauskommt, kann man sich auch als Fan von HBO & Co. beruhigt dazu herablassen, mal wieder den Bayerischen Rundfunk einzuschalten.