Optisch macht die Miniserie schonmal keine Kompromisse. Kopenhagen erweist sich als sehenswerter, verwinkelter Schauplatz, die tatsächlich existierenden U-Bahn-Baustellen verorten das Geschehen fest in der Realität. Glücklicherweise macht man keine weltweite Verschwörung aus dem potentiellen Terrorangriff, sondern verknüpft die Ereignisse mit den Einsätzen der dänischen Streitkräfte und deren Folgen. Die Schuldfrage und das Dilemma von Regierungen, die den Tod von Soldaten und Bürgern eher in Kauf nehmen als mit Geiselnehmern zu verhandeln, wird anhand der Figur Philip Nørgaard deutlich, der nicht ohne Grund zum Experten für entsprechende Situationen wurde.
Ein wenig erinnert das an den Grundkonflikt des dänischen Dogma-Dramas "A War", in dem ebenfalls ein geplagter Ex-Soldat mit den Folgen seiner Entscheidungen leben musste. In der ersten Folge ist das Geschehen noch übersichtlich. Mutmaßlich islamistische Terroristen entführen unbescholtene Bürger und fordern Lösegeld. Man kümmert sich um die Geiseln, lässt sich aber auch nicht alles gefallen, was Polizei und Entführte versuchen. Die Terror Task Force TTF hat erstaunlicherweise nur Minuten nach dem Vorfall ein mobiles Einsatzzentrum aus Containern vor Ort aufgebaut und hört schonmal vorsorglich die Telefone möglicher Mitwisser ab.
Vorangetrieben wird die Handlung vor allem durch die Frage nach der Identität der Entführer und dem Rätsel, das in Philips Vergangenheit schlummert. Zusätzlich wirft jede Folge einen Blick zurück in die Vergangenheit einer der beteiligten Personen, was die Vermutung nahelegt, dass diese nicht grundlos als Opfer ausgesucht wurden. Stimmt aber nicht, diese Rückblicke wirken eher ein bisschen wie Lückenfüller, die sich bemühen einen Querschnitt der dänischen Gesellschaft im Wandel der Zeit darzustellen. Da gibt es einen idealistischen Einwanderer, eine Oma mit linker Vergangenheit, einen alten Knacker mit Vorliebe für hübsche Thailänderinnern und eine unsichere junge Krankenschwester, die eigentlich aus Schweden stammt und sich beweisen will.
Damit tendiert "Countdown Copenhagen" wiederholt in Richtung Drama, der Schwung der anfangs thrillerartigen Handlung geht damit leider stellenweise verloren. Erfolg hat die Serie jedoch darin darzustellen, was eine derartige Attacke auf Freiheits- und Gerechtigkeitsideale bewirkt, wie man sie oft mit skandinavischen Nationen in Verbindung bringt. Da vergisst manch einer schnell den Glauben an Polizei und Rechtsstaat und startet lieber eine Crowdfunding-Aktion, um das Lösegeld zusammenzubekommen. Zusammen mit den gelegentlichen Live-Interviews mit den Geiseln durch die Journalistin Naja Toft bekommt das Ganze den Beigeschmack einer perversen Castingshow.
Abgesehen von kleineren dramaturgischen Schwächen und manchmal etwas hastig eingeführten Nebenfiguren ist das Format kinotauglich gefilmt und so gut gespielt, wie man es vom nordischen Film gewohnt ist. Nur wenige Darsteller sind außerhalb der Landesgrenzen bekannt, daher fällt es gleich sehr viel leichter sich in die Handlung hineinzuversetzen. Die Aufteilung in einzelne Tage erinnert an Formate wie "24" und Co. die Parallelen zu dieser und anderen Thrillerserie sind jedoch nicht so offensichtlich, dass man einen Abklatsch befürchten müsste. Allein schon für den spannenden Showdown lohnt es sich dranzubleiben.