Doku-Dramen sind nichts neues. Spielszenen gemischt mit Interviews gibt es immer wieder, gerade auch im deutschen Fernsehen hat das mit zeitgeschichtlicher Thematik Tradition. "Aufstand der Barabaren" bedient sich in Aufwand und Stilmitteln aber deutlich mehr an zeitgenössischen Eventserien wie "Game of Thrones" oder "Rom". Gerade die trotz digitaler Schlachten und nicht immer passender Schauplätze angenehm handfeste Ästhetik und gewisse Darsteller sorgen für Kontinuität, während der Genremix leider etwas unausgewogen bleibt. Kaum hat man sich in eine der Spielszenen eingefühlt, folgt der überartikuliert synchronisierte Kommentar eines Experten, von denen die meisten immer wieder das offensichtliche paraphrasieren.
Auch die Auswahl der Interviewten wirft Fragen auf. Historiker und Archäologen kann man nachvollziehen, selbst die Perspektive ehemaliger Armeegeneräle und engagierter Bürgerrechtler kann eine lohnende Ergänzung sein, gerade wenn es um Themen wie Strategien oder die Sklaverei geht. Wenn aber Unternehmensstrategen und Schriftsteller, deren persönlicher oder beruflicher Bezug zum Thema bis zur letzten Folge ungeklärt bleibt, ihre Meinung abgeben, dann wirkt das deplatziert. Nur durch eigene Recherchen findet man heraus, dass tatsächlich einige dieser Personen sich intensiver mit der Thematik beschäftigt haben, als es die eher allgemein gehaltenen Statements vermuten lassen. Glücklicherweise ist das Erzähltempo stets hoch genug, um schnell wieder davon abgelenkt zu werden.
Viele der Hauptdarsteller der jeweiligen Aufrührer bringen genug Charisma mit, um ihnen von Herzen längere Auftritte zu wünschen. Der produzierende History Channel hat mit Formaten wie "Vikings" und "Die Bibel" in den letzten Jahren überaus erfolgreiche und qualitativ hochwertige fiktionale Serien veröffentlicht, so dass es nicht das schlechteste gewesen wäre, die Interviews wenigstens in einer alternativen Fassung wegzulassen und die für eine TV-Produktion durchaus solide inszenierten Szenen für sich sprechen zu lassen. Leider kommt es darin auch zu den üblichen Liebesgeschichten, überzogenen Symbolhandlungen und bedeutungschweren Ansprachen, doch für anspruchsvolle Historiker ist das Format ohnehin nicht gedacht.
Wirklich neue Erkenntnisse sucht man dann auch vergeblich. Auf der einen Seite kämpfen idealistische Barbaren gegen ein die Landkarte verkrustendes gieriges Imperium, das keine Grautöne kennt und Politik ausschließlich mit dem Schwert betreibt. Hannibal nimmt heldenhaft Rache, Boudicca zieht animalisch kreischend in die Schlacht und auch die meisten anderen nehmen es mit den Opfern ihrer Heimatverteidigung nicht si genau. Lediglich Spartakus werden Zweifel an seinem Tun zugestanden, doch Erklärungsansätze für seinen Sinneswandel vor dem Überqueren der Alpen fehlen auch in dieser Folge.
Der Begriff "Barbar" ist ohnehin problembehaftet und nicht unumstritten. Bei Spartakus wäre er sogar unpassend, denn in ihm vermuten Historiker teils einen adligen Prinzen aus Thrakien, das durch seine unmittelbare Nähe zu Griechenland bereits zum griechisch-römischen Kulturkreis gehört haben dürfte. Weitere Fehler, wie die aus allen möglichen Epochen zusammengestückelten Rüstungen der römischen Legionäre und Zenturios dürfte man als geschichtsinteressierter Cineast längst gewohnt sein, aber im Rahmen eines Dokudramas kann man damit leben. Kenner der römischen Geschichte werden außerdem Vercingetorix vermissen, der in dieser Serie nicht einmal als Randnotiz vorkommt. Darüber hinaus ist es schön, neben allseits bekannten Figuren wie Hannibal, Spartakus und Attila auch seltener erwähnte Akteure wie Viriathus und Fritigern kennenzulernen.
Als zeitgenössisches Infotainment angloamerikanischer Prägung und als knappe Einführung in die Thematik taugt "Aufstand der Barbaren" durchaus, mehr sollte man sich allerdings nicht erhoffen.