Das Ende der ersten Staffel schien derart endgültig, dass der Beginn der zweiten am Anfang ein wenig konstruiert wirkt. Ein Gefühl, das man besonders während der ersten beiden Folgen nicht los wird, die bemüht alles infrage stellen, was man bisher aufgeklärt glaubte. Danach offenbaren sich jedoch weitere Abgründe, die ganz neue, nachvollziehbare Fragen bezüglich des alten Mordfalls aufwerfen. Insbesondere ab Folge vier, wenn die Staffel für mehrere Episoden zum Gerichtsdrama wird, zeigt sich, wie weit die alten Seilschaften und Geheimnisse in dem malerischen Ort am Fjord tatsächlich gehen. Jeder zentrale Charakter spielt nochmals eine entscheidende Rolle; insbesondere am Ende gibt es mehrere Verdächtige, die auch in einen zweiten möglichen Mordfall (!) verwickelt sein könnten.
Die Sympathien sind dieses Mal eindeutiger verteilt als noch in der ersten Staffel. Insbesondere Evas vorgetäuschte Fürsorge überzeugt immer weniger, bis sie schließlich auch von ihrer eigenen Familie hinterfragt wird. Aksels zunehmende Verzweiflung ist durchaus verständlich, man fürchtet ihn allerdings weniger, als es das Cover der BluRay noch immer behauptet. Das Verhalten seiner Mutter Mai-Britt (Anne Marit Jacobsen) nervt anfangs, ausgerechnet sie macht jedoch eine erstaunliche Wandlung durch, als Aksels Bruder Erik (Tobias Santelmann) sie vor eine schwierige Wahl stellt. Natürlich muss am Ende nochmal alles schlimmer werden, obwohl es für Aksel nach der Hälfte der Staffel gar nicht mal so schlecht aussieht. Entsprechend drastisch ist der Showdown, der auf dem Frontcover schon dezent angedeutet wird. Danach sollten eigentlich keine weiteren Fortsetzungen möglich sein, aber wie sagte schon Bond: Sag niemals nie!
In jedem Fall gelingt es der zweiten Staffel nach kurzen Anlaufschwierigkeiten erneut drastisch zu zeigen, was Lügen, Verbitterung und Selbstgerechtigkeit über Jahrzehnte hinweg anrichten können. Es ist keine Erzählung der großen Gesten, fast nie wird geschrieen oder laut herumgetobt, sondern behutsam und doch eindringlich vor Augen geführt, wie das zunehmende Misstrauen Familien zerstört und selbst Unbeteiligte zu Opfern macht. Ein Muss für alle, die schon die Qualitäten der ersten Staffel zu schätzen wussten.