Dem alten englischen Heldenlied ist schon viel angetan worden. Neben einer fragwürdigen Science-Fiction-Variante mit Christopher Lambert haben es vor allem Robert Zemeckis' animierte Verfilmung und die weitgehend vorlagentreue isländische Adaption "Beowulf & Grendel" mit Gerard Butler in der Titelrolle zu Bekanntheit gebracht. Die vorliegende Serie kombiniert die Ästhetik diverser Historien- und Fantasyserien mit den üblichen Handlungsschemata, die man seit den HBO-Hits "Rom" und "Game of Thrones" gut kennt: Da gibt es eine Mutter, die ihren Sohn als Thronfolger aufbauen will, durchtriebene Berater, schräge Figuren, durchtriebene Schurken, gefährliche Königshöfe und eine verdächtig ähnlich klingende Titelmelodie.
Trotz mancher Frisuren-Fails und erstaunlich blitzsauberen mittelalterlichen Gebäuden finden sich hier allerhand fähige Darsteller, die mit dem Genre schon Erfahrungen sammeln durften. Vor allem Ed Speleers kennt sich seit "Eragon" mit leicht trashiger Fantasy aus, hier spielt er den egoistischen Königssohn aber mit soviel Inbrunst, dass man ihm den Wandel vom jugendlichen Drachenreiter zum hauptberuflichen Intrigenspinner gerne abnimmt. Überhaupt stecken in den mal mehr und mal weniger passenden Kostümen allerhand interessante Charaktere, zu denen leider ausgerechnet Kieran Bews Beowulf nicht gehört. Angesichts all der Verschwörungen und Ungerechtigkeit in seinem Umfeld wirkt er oft regelrecht passiv. Nur wenn er sein Schwert in die Hand nimmt, bricht eine dem Titelheld angemessene physische Präsenz hervor, als Hauptfigur ist der sagenhafte Kämpe leider recht konturlos gezeichnet.
Aus Gründen von Diversität und Zielgruppenmaximierung verirren sich natürlich Menschen aller Ethnien und Hauptfarben in den hohen Norden, oder wo auch immer diese "Shieldlands" denn nun liegen sollen. Im Rahmen einer nur lose an die historische Vergangenheit angelehnte Filmrealität kann man das gerade noch akzeptieren. Bei den eigentlichen Ureinwohnern des Landes, nämlich Trollen und anderen schwer auszusprechenden Kreaturen, borgt man dagegen heftig bei Tolkiens Orks und anderen Geschöpfen der Fantasy. So gibt es nicht nur gehörnte Trolle und heftig digitalisierte Gestaltwandler, sondern auch das schon im Original enthaltene Geschöpf Grendel, das hier wie ein zu groß geratener pelziger Gollum aussieht.
Immerhin ist die Handlung meist dicht genug, um von manchen leicht durchschaubaren visuellen Effekten, kleineren Logiklöchern und Unfällen bei der Ästhetik abzulenken. Gegen Ende steht, wie es dem Genre entspricht ein große Schlacht, die vermutlich aus Budgetgründen hier kleiner ausfällt als in manchem Kinofilm. Schade ist vor allem die, wie bei vielen eingestellten Serien, wieder einmal offene Schlussszene, die eine Überleitung in eine nicht existierende Fortsetzung sein soll. Am Ende hat man das Gefühl, in dieser Staffel dreizehn Folgen lang nur die Vorgeschichte eines viel größeren Konflikts erzählt zu bekommen.
Wer leicht verdauliche Abenteuerserien wie "Camelot" oder "The Shannara Chronicles" gut vertragen hat, der dürfte allerdings auch mit dem neuesten Beowulf seinen Spaß haben. Eine inspirierte Neuinterpretation der gleichnamigen Sage sollte man sich allerdings nicht erhoffen.