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    Narcos
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    Michael S.
    Michael S.

    278 Follower 415 Kritiken User folgen

    4,0
    Veröffentlicht am 14. September 2016
    Es ist durchaus mutig, was Netflix hier auf die Beine stellt. Wenige Darsteller in den größeren Rollen dieser Serie hat man vielleicht schon einmal gesehen, viele weitere wurden mit wenig bekannten südamerikanischen Schauspielern besetzt, die ihre Sache durchweg gut machen. Noch dazu sprechen die spanischsprachigen Charaktere tatsächlich fast ausschließlich Spanisch (mit Untertiteln), höchstens die Hälfte der gesamten Spieldauer wird Englisch (beziehungsweise Deutsch in der synchronisierten Fassung) gesprochen, was in dieser Konsequenz seinesgleichen sucht. Die Originalschauplätze in Kolumbien sehen außerdem besser aus als es jeder andere Drehort jemals könnte.

    Wagner Moura gibt einen optisch und charakterlich glaubwürdigen Escobar mit Plauze und Herrenhandtasche, dessen Wutanfälle auch mal den gewaltsamen Tod unliebsamer Kontrahenten bedeuten können. Die Bedrohlichkeit und grenzenlose Machtgier dieses Mannes wird zu einem der Hauptantriebe der zehn Folgen. Nach dem was er sich schon in der ersten Folge leistet fragt man sich, was denn da noch kommen soll. Aber auch die Gegenseite lässt sich nicht lumpen. Murphy und Peña sind anfangs noch idealistisch, wenig später färben jedoch die Methoden der kolumbianischen Polizei, die gleichfalls vor Folter und Mord nicht mehr zurückschreckt, auf die beiden ab.

    Trotz der beschwingten Titelmelodie hält sich "Narcos" nicht mit Dschungelromantik auf, sondern zeigt den zermürbenden Krieg, den sich Escobar und die Regierung liefern, in aller Härte. Dazu gibt es ein paar amüsante Seitenhiebe auf die Spionagetechnik der Achtziger, als Gespräche mit Satellitentelefonen nur geortet und aufgezeichnet werden konnten, wenn man mit dem passenden Aufklärungsflugzeug in der Nähe war, sowie auf die Kommunismusphobie der US-Regierung unter Ronald Reagan.

    Unter den Regisseuren der ersten Staffel befinden sich so prominente Namen wie José Padilha ("Tropa de Elite") und Guillermo del Toros Stammkameramann und Oscar-Preisträger Guillermo Navarro, was zur Hochwertigkeit der zehn Folgen beiträgt, die auch mal mehrminütige Kamerafahrten durch komplexe Schauplätze enthalten. Immer wieder werden passende authentische Dokumentaraufnahmen eingestreut, was in Verbindung mit Murphys erstaunlich gut funktionierenden Off-Kommentaren für den nötigen Überblick sorgt.

    Ein Genuss für Thrillerfreunde, die schon lange auf eine ausführliche Erzählung dieser Geschichte gewartet haben. Ein paar Längen im Mittelteil kann man verkraften, an die Untertitel gewöhnt man sich mit der Zeit. Für alle Fans gibt es übrigens gute Nachrichten: Netflix hat kürzlich die Verlängerung der Serie um drei weitere Staffeln bekanntgegeben.
    Kino:
    Anonymer User
    5,0
    Veröffentlicht am 3. September 2016
    Der kolumbianische Robin Hood - „Narcos"

    Pablo Escobar war ein Massenmörder, Drogenbaron und Präsidentschaftskandidat. Die Netflix-Serie "Narcos" erzählt von seinem Aufstieg - und trifft dabei genau den richtigen Ton.

    Die kolumbianischen Drogenbosse, vereint im berühmt-berüchtigten Medellín-Kartell, gehörten zu Beginn der Achtzigerjahre zu den mächtigsten Männern der Welt. In ihrer Blütezeit setzen die sogenannten Narcos bis zu 60 Millionen Dollar am Tag mit Kokain-Handel um, ein Großteil der Drogen wurde auf teils kreativen und verwegenen Transportwegen in die USA eingeflogen - ein Milliardengeschäft. Pablo Escobar, der Anführer und Initiator des "Medellín-Kartells", der massenweise Menschen umbringen, Gebäude, Autos, sogar Linienflugzeuge mit gefährlichen Widersachern in die Luft sprengen ließ, rangierte 1989 auf dem siebten Platz der Reichen-Liste des Wirtschaftsmagazins "Forbes“. Pablo Escobar wurde vom Volk als Robin Hood gefeiert, weil er das Drogengeld, nicht mehr wissend, wohin damit, an die Armen verteilte. Dieser Escobar schien bisher ein zu kontroverser Charakter für den amerikanischen Mainstream zu sein, vor allem weil bis heute ungeklärt ist, auf welche Art und Weise und mit welchen dubiosen Mitteln die Anti-Drogenbehörde DEA Jagd auf ihn und das Kartell machte. Die Streaming-Plattform Netflix wirft nun erstmals einen abgeklärten Blick auf die hindernisreiche Jagd der Polizei auf die „Narcos". In zunächst zehn Episoden wird Escobars Aufstieg zum Chef des Medellín-Kartells erzählt - als konsequent in Englisch und Spanisch gedrehte Handlung, die auch mit historischen Aufnahmen versehen ist. Das Besondere an "Narcos" ist vor allem die lakonische Tonart, mit der die schier unglaubliche Saga von Reichtum, Größenwahn, Sex- und Gewaltexzessen rückblickend und mit resignierter Nüchternheit aus dem Off von dem DEA-Ermittler Steve Murphy (Boyd Holbrook) erzählt wird. Der echte Murphy fungierte, zusammen mit seinem in der Serie von Pedro Pascal verkörperten Kolumbien-Gegenpart Javier Peña, als Berater für "Narcos" - die beiden Agenten erklärten sich erstmals bereit, ihre Erinnerungen für eine TV-Produktion zur Verfügung zu stellen. Anders als in zahlreichen Filmen, die in jüngerer Zeit über den amerikanischen Drogenkrieg gedreht wurden, von Oliver Stones "Savages" und Ridley Scotts "The Counselor" bis zum Thriller "Sicario" von Denis Villeneuve, geht es hier nicht darum, Gewaltexzesse anprangernd auszukosten oder moralische Urteile zu fällen, sondern darum, mit einer durchaus packenden Erzählung durchaus komplizierte Zusammenhänge zu erklären und mit den Charakteren mitzufiebern. Dass der Aufstieg der „Narcos" auch und vor allem durch die ungezügelte Kokain-Nachfrage in den USA erfolgen konnte, dass die jahrzehntelange politische Einmischung der Amerikaner in Lateinamerika oft die Falschen begünstigte, ist ein Fakt, der in "Narcos“ zwar mitschwingt, aber nicht plakativ wird. Der brasilianische Schauspieler Wagner Moura ("Elysium") stellt Pablo Escobar in einer schelmisch-sanftmütigen Art dar, die uns nicht nur die kriminellen Motive von „Don Pablo“ nachvollziehen lässt, sondern auch den Menschen dahinter präsentiert. Es ist eine angenehm neutrale, zurückhaltende Perspektive, die dem global expandierenden US-Sender Netflix auch außerhalb der USA Zuschauer und Abonnenten sichern dürfte. Die durchweg positive Resonanz der Kritiker auf die erste Staffel gibt Netflix bereits Recht.

    Viele der von Escobar angehäuften Millionen wurden übrigens bis heute nicht gefunden. Glaubt man „Narcos“, sollte man vielleicht mal bei sich im Garten graben...
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