Als riesiger Avatar-Fan hatte ich natürlich anfangs riesige Zweifel und vermisste die alten Charaktere. Als Voraussetzung für die Existenz von Korra ist Aangs Tod, was einen schon gleich zu Beginn einen bitteren Beigeschmack hinterlässt. Aber schon ab der 2. Episode ist man komplett in der Serie drin. Einerseits natürlich mit vielen Anspielungen auf die alte Serie ('My Cabbage Corp.!'), andererseits ein oft unabhängiges Spin-Off, dass vielen neuen Fans das Tor zum Avatar-Universum geöffnet hat.
Der Stil der Serie allein ist schon spektakulär. Hatte Avatar noch dieses von unserer Welt unabhängige Feeling, geht Legend of Korra einen Schritt nach vorne und führt den technologischen Fortschritt ein, der in der alten Serie einzig und allein der Feuernation vorbehalten war. Die Macher selbst sagen, 'Legend of Korra' spielt sozusagen in den 20ern. Und so sieht es auch aus: es fahren die ersten Autos und Motorräder durch die Gegend, erste Flugzeuge fliegen am Himmel, es gibt Radios und Demokratie. Das urbane Leben in Ba Sing Se und Republic City unterscheidet sich gewaltig. Aber auch die Bändigungsfähigkeiten haben sich weiterentwickelt: waren Metallbändigen und Blitze erzeugen in Avatar noch neue Erscheinungen, die nur besonders talentierte Bändiger wie Toph und Azula beherrschten, sind diese Fähigkeiten nun allgemein verbreitet. Metallbändiger sind sozusagen das SWAT-Team von Republic City und Blitzbändiger erzeugen den Strom für die riesige Stadt.
Dass 'Korra' unabhängig von Avatar sein kann, liegt aber auch größtenteils an den liebenswürdigen Charakteren, die sich stark zu der alten Clique unterscheidet. Korra ist gaaaanz anders als Aang, rebellisch, konfliktfreudig und ungeduldig (daher auch ihre Probleme mit Luftbändigen und dem Zugang zur Geisterwelt). Bolin und Mako sind ein sehr unterschiedliches Brüderpaar, das sich durchs Leben kämpfen musste. Asami ist sowohl Freundin als auch Konkurrentin von Korra, jedoch bekommt ihre Figur im Laufe der Staffel noch zusätzliche Tragik.
Ein riesen Coup wurde aber mit der Wahl des Antagonisten getroffen. Anfangs weiß man gar nicht, warum Amon eigentlich gegen Bändiger rebelliert, jedoch kann man ihn mit fortlaufender Dauer immer mehr verstehen. Und auch,
wenn er am Ende als Betrüger und Bändiger geoutet wird
, hofft man schon fast, dass die Revolution Erfolg hat. Denn im Grunde hat er Recht und ich hoffe, dass das Thema auch in der nächsten Staffel noch aufgegriffen wird.
Das Staffelfinale ist wahrscheinlich das beste, was ich je von einer Animationsserie gesehen habe.
Kriegsszenen, die an Pearl Harbour erinnern, schockierende Enthüllungen, ein Selbstmord, ein Beinahe-Selbstmord und Avatar Aang
- was wünscht man sich mehr! Das nenne ich konsequentes Storytelling. Und dass dann noch der Enkel von Zuko einen ultracoolen Auftritt à la Iroh Man hat und sowohl in der OV als auch in der deutschen Synchro Zuko's Stimme hat (Dante Basco/Sebastian Schulz), lässt das Avatar-Herz dahinschmelzen.
Als Kritikpunkt, der die Serie 0,5 Sterne kostet, kann man anmerken, dass die Serie mit 12 Episoden à 20 Min doch arg kurz geraten ist und dadurch oft gehetzt wird, wodurch einige Charaktere nicht genug Zeit zur Entfaltung bekommen. Mit daran Schuld sind auch die stellenweise sehr lang geratenen Pro-Bending-Szenen, die nur teilweise was zur Story beitragen. Jedoch gibt es glücklicherweise keine Folgen, die zu nichts führen, wie das ab und zu bei Avatar der Fall war ('Der König von Omashu', 'Grabenkämpfe'). Aber da Nickelodeon grünes Licht für 3 weitere Staffeln gegeben hat, bin ich mir sicher, dass Mike DiMartino und Bryan Konietzko ihre Charaktere dann weiter ausführen.
Ich für meinen Teil freue mich riesig auf weitere Folgen und hoffentlich auch die Auflösung zu der Frage: 'Was ist mit Zuko's Mutter passiert?'