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    Marco Polo (2014)
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    Michael S.
    Michael S.

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    Staffel 1 Kritik
    4,5
    Veröffentlicht am 7. Januar 2016
    Erst kürzlich habe ich mich in der Filmkritik zu Mordkommission Berlin 1 gefragt, ob Fernsehen das neue Kino ist. Eigentlich muss man noch einen Schritt weiter gehen. Denn wahrscheinlich ist Streaming das neue Fernsehen. Kein festes Programm, sondern Sendungen und Filme auf Abruf und das oft auch noch ohne Werbung. Das hat diverse Mediatheken und Portale wie Netflix und Amazon Prime so populär gemacht, dass die Anbieter mittlerweile nicht nur Lizenzen einkaufen, sondern auch eigene Produktionen stemmen. Nachdem gefeierte Serien wie House of Cards oder Bosch bisher eher zeitgenössischen Themen verpflichtet waren, geht es nun tiefer in die Geschichte.
    Im Vorfeld der Ausstrahlung wurde das zehnteilige Epos wiederholt mit dem Serienhit Game of Thrones verglichen. In Sachen Aufwand soll Marco Polo dem gefeierten Fantasyknüller in nichts nachstehen. Auf den ersten Blick stimmt das auch. Die selbst für eine TV-Produktion üppigen Produktionskosten von rund neun Millionen Dollar pro Folge (!) wurden nicht nur für die Gehälter prominenter Darsteller verpulvert. Davon gibt es hier sogar relativ wenige, Genrefans werden höchstens bei Namen wie Lawrence Makoare (Der Herr der Ringe und Der Hobbit) und Pierfranceso Favino (Die Chroniken von Narnia - Prinz Kaspian) aufhorchen. Hauptdarsteller Richelmy durfte schon eine Nebenrolle in Borgia spielen, Benedict Wong, diesmal stark behaart, kennt man vielleicht noch als nerdigen Physiker aus Der Marsianer, aber das war es dann auch schon.
    Ästhetisch und hinsichtlich der Erzählweise muss sich die Serie vor keinem Konkurrenzprodukt verstecken. Selbst ausgewachsene Schlachten bekommt man zu sehen, von den detaillierten Kostümen und Sets ganz zu schweigen. Lediglich die im verfeindeten chinesischen Reich spielenden Szenen lassen die rauhe Haptik vermissen. Dort sieht alles so frisch aus, als wäre die Farbe noch nicht mal trocken. Einige digitale Einstellungen wirken ebenfalls recht steril.
    In vielerlei Hinsicht mischen sich hier Elemente des Asia-Kinos mit westlichen Sehgewohnheiten, weshalb die Ausstattung vielleicht auch eine Verbeugung in diese Richtung sein soll. Einige toll choreografierte Kampfszenen dürfen da nicht fehlen. Die Mehrheit davon ist allerdings realistischer als viele der von jeglicher Physik befreiten Kämpfe in entsprechenden Filmen. Laut MakingOf haben die Dasteller selbst Kung Fu gelernt und wurden kaum durch Stuntdoubles ersetzt. Respekt! Spielen tun sie auch nicht schlecht. Lorenzo Richelmy ist anfangs gemäß seiner Figur eher unbedarft, entwickelt sich aber noch weiter. Kublai Khan ist großartig besetzt, ein gewisser blinder Mönch, dessen Schüler Marco wird, ebenfalls. Weitere Nebenfiguren wissen gleichfalls zu begeisterm, gerade die Wahl von in Europa eher weniger bekannten Schauspielern erleichtert die Identifikation mit ihren Charakteren.
    Erzählt wird ebenso flüssig wie vielschichtig. Immer wieder werden mögliche Konflikte angedeutet, die sich entweder als ziemlich verwickelt erweisen oder ganz anders ausgehen als angenommen. Der Bogen spannt sich vom Anfang bis zum Ende, nur wenige Folgen haben episodenhaften Charakter. An trügerischen Fieslingen, schwer einzuschätzenden Gestalten und groß angelegten Intrigen ist die Serie mindestens ebenso reich wie Game of Thrones. Das gilt auch für die kompromisslose Darstellung von Gewalt und Sex, die vermutlich als "realistisch" durchgehen soll. Da kann man geteilter Meinung sein, oder einfach die Szenen dazwischen genießen. Denn die sind richtig gut. Auch eher dialoglastige Folgen, wie beispielsweise Nummer 9, überzeugen, da an diesen Stellen auch ohne Action und entblößte Rundungen mächtig Spannung aufgebaut wird. Dafür sorgen gleich mehrere renommierte Regisseure, wie beispielsweise das Duo Joachim Rønning und Espen Sandberg, die schon mit Filmen wie Kon Tiki und Max Manus das Historienkino ihrer norwegischen Heimat auf internationales Niveau befördert haben und uns ganz nebenbei in Kürze den fünften Teil von Fluch der Karibik bescheren werden.
    Fans epischer Historienfilme und -serien kommen hier definitiv auf ihre Kosten. Dass das Geschehen mit dem historischen Marco Polo in mehreren Details nur relativ wenig gemeinsam hat, fällt dabei kaum ins Gewicht. Tatsächlich überlieferte Begebenheiten, wie das Überreichen von heiligem Öl an Kublai Khan und dessen Interesse an anderen Religionen werden virtuos mit fiktiven Elementen, wie Marcos Rolle im Krieg gegen China, angereichert. Am Ende entsteht das runde Gesamtbild eines historischen Abenteuers für Genießer. Und das ist alles was zählt.
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