Die hilfreichsten KritikenNeueste KritikenUser mit den meisten KritikenUser mit den meisten Followern
Filtern nach:
Alle
Anonymer User
5,0
Veröffentlicht am 19. Mai 2021
Man sollte doch in einem solchen Film darauf achten, dass auch das alte Vater unser, das zu dieser Zeit geläufig war, betet, und nicht unsere heutige Version.
Es wird eng für Ragnar. Selten wurde er so geprüft wie in dieser ersten Hälfte der vierten Staffel, selbst sein vermeintlicher Tod am Ende der dritten wirkt dagegen beinahe harmlos. Wie bei vielen Serien, die eine Weile erfolgreich laufen, treffen die Figuren spätestens jetzt auf ungewohnte Herausforderungen, werden neu arrangiert und für die kommenden Ereignisse in Stellung gebracht. Gerade das komplexe Verhältnis zwischen Floki und Ragnar erfährt hier einige Veränderungen, künftige Loyalitäten scheinen damit nicht mehr so sicher wie einst zu sein.
Durch den weiter ausgebauten Schauplatz Paris und Rollos neue Position (dieses Mal für die Lacher zuständig), sowie eine asiatische Sklavin in Kattegat wird die Serie noch internationaler als bisher. Die Ereignisse in Essex verfolgt Showrunner Michael Hirst gleichfalls weiter, die Wikinger spielen dort aber kaum noch eine Rolle. Dahinter lässt sich der Versuch erahnen, König Ecbert (Linus Roache) eine ähnliche Unvorhersehbarkeit wie Ragnar zu entlocken, seine Figur und ihre Entscheidungen bleiben aber undurchsichtig und vergleichsweise wenig nachvollziehbar.
Da ist es geradezu ein Segen wenn Ragnar nach längerer Abwesenheit und viel Selbstmitleid endlich wieder aktiv ins Geschehen eingreift. Seinen Drogentrip in Staffel 4 und manche fragwürdige Entscheidung verzeiht man dem stets episch frisierten Wikingerkönig sogar und zieht mit Begeisterung und Gänsehaut auf den Armen zu einem altnordischen Gesang per Schiff in die Schlacht. Die taugt eigentlich gut als vorläufiger Höhepunkt dieser ersten Staffelhälfte, doch das gefällig arrangierte Schiffs-Gemetzel ist noch lange nicht alles.
Kurz vor Schluss folgt ein größerer Zeitsprung, der im ersten Moment dramaturgisch unbeholfen wirkt, vermutlich aber schnell noch ein paar neue alte Figuren für die weiteren Episoden und die fünfte Staffel einführen soll. Im Hinblick auf Ragnar Lothbroks Stellenwert in der nordischen Mythologie ist das inhaltlich durchaus sinnvoll, die Erklärung dafür folgt jedoch erst später. In dieser Hinsicht ist es schade, dass die Staffel durch die Zweiteilung ihrer Heimkino-Veröffentlichung so auseinandergerissen wird.
Positiv ist weiterhinhin zu vermerken, dass die digitalen Bilder des mittelalterlichen Paris nie so detailliert gewirkt haben, dass die Kameraführung und Schlachtenordnung nie kinoreifer ausgesehen haben und dass es Charaktermäßig spannend bleibt. Ein überraschender Tod in Folge fünf kommt ebenso gut an wie die Neueinführung des historisch verbürgten Königs Harald Schönhaar als undurchschaubarer Herausforderer Ragnars. Die Rückkehr von Kevin Durands wahllos Frauen begattender Odin-Inkarnation Halbard trägt dagegen nur wenig bei und man ist froh, wenn Königin Aslaug ihn endlich aus der Halle jagt.