Bekannt wurde Catherine Deneuve vor allem als zarte Schönheit, faszinierte dabei aber auch immer wieder durch ihre Unnahbarkeit. Dabei ließ sich die Französin zu keiner Zeit auf ein einzelnes Genre festlegen. Mit ihrer Wandelbarkeit - Deneuve agierte unter anderem in Musicals, Dramen, Komödien, Thrillern und sogar Horrorfilmen - steht sie stellvertretend für ein modernes, weibliches Selbstbewusstsein und prägte das Kino maßgeblich.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm
Die Familie, in die Catherine Deneuve am 22. Oktober 1943 als Catherine Dorléac hineingeboren wurde, war eine Familie von Schauspielern: Sowohl ihre Mutter Renée Deneuve als auch ihr Vater Maurice Dorléac arbeiteten in diesem Metier - Renée auf der Theaterbühne und Maurice beim Film.
Auch Catherine Deneuves ältere Schwester Françoise Dorléac begann eine Karriere als Schauspielerin, kam jedoch 1967 tragisch bei einem Autounfall ums Leben. Ihre übrigen Geschwister waren hingegen außerhalb des Filmgeschäfts tätig. Deneuve selbst wuchs in einem behüteten Umfeld auf und stand der familiären Leidenschaft zunächst zögerlich gegenüber. Ihre ersten Rollen beschränkten sich deshalb auf kurze Auftritte: In der harmlosen Komödie „Die kleinen Sünderinnen“ etwa spielte sie zwei Szenen an der Seite ihrer Schwester Françoise. Erst ihre Liaison mit dem 32-jährigen Regisseur Roger Vadim, den Deneuve in den frühen Sechzigern kennenlernte, brachte sie stärker ins Geschäft. In Vadims Drama „Laster und Tugend“ verkörperte Deneuve die tugendhafte Justine, die während der Naziherrschaft in ein SS-Bordell verschleppt wird.
Facettenreiche Schönheit
Catherine Deneuves große Stunde schlug 1964 mit ihrem Auftritt in Jacques Demys melodramatischem Musical „Die Regenschirme von Cherbourg“. Darin spielte sie eine Regenschirmverkäuferin, die sich unsterblich in einen Automechaniker verliebt, aber schließlich gezwungenermaßen die Ehe mit einem wohlhabenden Mann eingehen muss. Das opulent inszenierte Musical zeigte eine Deneuve zwischen träumerischer Sehnsucht und tragischem Schmerz und machte sie zum neuen Star des französischen Films. In der Folge war sie vor allem auf leichte Komödien unter der Regie von Edouard Molinaro („Jagd auf Männer“) oder Philippe de Broca („Ich war eine männliche Sexbombe“) abonniert, bevor sie sich mit Roman Polanskis „Ekel“ für ernstere Rollen empfahl. In dem intensiven Kammerspiel gab Deneuve eine junge Frau, die in einem gestörten Verhältnis zu Männern lebt und die nach und nach dem Wahn verfällt. Mit ihrem ausdrucksstarken Spiel visualisierte Deneuve den psychologischen Schrecken des Werkes. Einen weiteren Blick hinter die bürgerliche Fassade erlaubte sie 1967 in Louis Buñuels „Belle de Jour - Schöne des Tages“, in dem sie eine gut situierte Frau spielte, die sich aus Neugierde prostituiert. Nicht zuletzt mit diesem Film festigte Deneuve ihr Image als kühle Schönheit.
Faszinierende Unnahbarkeit
Die noch junge Catherine Deneuve war im Laufe der sechziger Jahre zum Star geworden und musste sich in der Folge nicht über fehlende Rollenangebote beklagen. In Jacques Demys romantischem Musical „Die Mädchen von Rochefort“ etwa stand sie zum letzten Mal mit ihrer Schwester Françoise Dorléac vor der Kamera, die 1967 bei einem Autounfall ums Leben kam. Auf einen Ausflug in das US-Kino („Darling, lass dich scheiden“), bei dem sie eine unglücklich verheiratete Ehefrau eines Geschäftsmannes spielte, die sich in einen Kollegen (Jack Lemmon) verliebt, folgte mit François Truffauts Liebesthriller „Das Geheimnis der falschen Braut“ ein weiterer Höhepunkt in ihrer noch jungen Karriere: Als geheimnisvolle Frau verdrehte sie darin Jean-Paul Belmondo den Kopf und liefert sich mit ihm ein faszinierendes Vexierspiel um Liebe, Macht und bedingungslose Hingabe. Deneuves Unnahbarkeit liefert dabei die perfekte Basis für das Funktionieren ihrer Figur, deren Identität lange Zeit ungeklärt bleibt. Ihr Meisterstück in dieser Disziplin lieferte Deneuve dann im Rahmen der zweiten Zusammenarbeit mit Luis Buñuel ab: In „Tristana“ (1970) entwickelt die von Deneuve verkörperte Frau nach dem Tod ihrer Mutter und der Adoption durch den Lebemann Don Lope, der sie auch zur Liebhaberin nimmt, eine immer größere Distanz zu ihrer Umwelt.
Das produktive Jahrzehnt
Die Siebziger sollten zu einem der arbeitsreichsten Jahrzehnte der Französin werden: Zahlreiche Werke unter der Obhut von Jacques Demy – beispielsweise der Märchenfilm „Eselshaut“, in dem sie gleich mehrere Rollen übernahm – dokumentieren Catherine Deneuves Produktivität, ebenso wie Kollaborationen mit Jean-Pierre Melville, in dessen Thriller „Der Chef“ sie die Begierde zweier Männer reizte. Auch die wiederholte Zusammenarbeit mit Marco Ferreri, der die französische Schauspielerin unter anderem in seiner Westernsatire „Berühre nicht die weiße Frau“ einsetzte, fallen in diese Zeit. Ihr zweites Engagement in Robert Aldrichs Noir-Thriller „Straßen der Nacht“, in dem sie ein Callgirl gab, erwies sich zwar als kommerzieller Flop, machte sie aber international stärker bekannt. In Claude Lelouchs romantischer Gangsterballade „Allein zu zweit“ bildete Deneuve 1979 zusammen mit Jacques Dutronc ein kriminelles Duo, bevor sie erneut für François Truffaut und dessen Drama „Die letzte Metro“ vor der Kamera stand. Der Film zeigt Deneuve als Gattin eines jüdischen Theaterdirektors in Paris, der sich während der deutschen Besatzung im Keller versteckt halten muss, während sie die Leitung des Theaters übernimmt. Deneuve bewies darin erneut ihr Talent für die Darstellung innerer Spannungen.
Beeindruckende Konstanz
In den 80er-Jahren war Deneuve zwar weiterhin auf der Leinwand präsent, zeigte sich hinsichtlich der Rollenwahl aber zunehmend wählerischer. In André Téchinés melodramatischem „Begegnung in Biarritz“ bediente sie erneut ihre Paraderolle der unnahbaren Frau. Es folgten Krimis, Abenteuerfilme, Dramen sowie der Vampirfilm „Begierde“. In dem von Tony Scott inszenierten Genrefilm überzeugte Deneuve an der Seite von David Bowie und Susan Sarandon als lesbische Vampirfrau Miriam Blaylock. Mit aristokratischer Anmut fügte sie sich nahtlos in die Ästhetik des Films ein. Nach weiteren Rollen in Genrefilmen überzeugte Deneuve in Régis Wargniers Vietnam-Kolonialdrama „Indochine“ als Besitzerin einer Kautschukplantage, die in einen Konflikt zwischen der vietnamesischen Bevölkerung und der französischen Besatzungsarmee verstrickt wird. Deneuves engagierte Darstellung trug entscheidend zum Erfolg des Melodrams bei, das international viel Anerkennung erntete, jedoch auch kritischen Stimmen beschwor. Während Deneuve bei der darauffolgenden Oscar-Verleihung leer ausging, gewann „Indochine“ die begehrte Auszeichnung als bester fremdsprachiger Film.
Unter Frauen
Deneuves Karriere weist keine nennenswerten Tiefpunkte auf und so fügte sie ihrem Lebenswerk auch in den Neunzigern weitere Glanzpunkte hinzu. Zu den wichtigsten Rollen dieser Zeit zählen die nach Liebe suchende Professorin Marie aus André Techinés melancholischem, geschickt zwischen Tragödie und Krimi pendelnden „Diebe der Nacht“, die warmherzige Fabrikarbeiterin Kathy, die in Lars von Triers „Dancer in the Dark“ ihrer nahezu erblindeten Kollegin Selma (Björk) beisteht, sowie die Mutter Gaby in François Ozons beschwingtem Ensemble-Musical „8 Frauen“. Deneuve fahndet darin an der Seite von Schauspielgrößen wie Isabelle Huppert, Fanny Ardant und Danielle Darrieux nach einem Mörder. Mit ihrer Erfahrung bereicherte sie außerdem Peter Hyams' Mantel- und Degenfilm „The Musketeer“, der ansonsten kaum nennenswerte Highlights bot. Bei den Internationalen Filmfestpielen von Berlin erhielt Deneuve 1998 schließlich einen Ehrenbären für ihr Lebenswerk und wurde 2002 gemeinsam mit den übrigen Darstellerinnen von „8 Frauen“ mit dem Silbernen Bären für eine herausragende künstlerische Leistung ausgezeichnet. Im selben Jahr erhielt das Ensemble außerdem den Europäischen Filmpreis. 2005 folgte in Cannes eine weitere Auszeichnung ihres Lebenswerks. Zuletzt war Deneuve in François Ozons Komödie „Das Schmuckstück“ als Ehefrau eines Industriellen zu sehen, die sich zunehmend von ihrem Mann emanzipiert und die klassische Rollenverteilung nach und nach umkehrt.
In den 1970er Jahren war Catherine Deneuve mit dem talienischen Schauspieler Marcello MastroianniMarcello Mastroianni liiert. Aus der Beziehung ging Tochter Chiara Mastroianni hervor, die ebenfalls als Schauspielerin agiert. Neben ihrer Karriere als Schauspielerin machte Deneuve Musik und eigte sozialpolitisches Engagement. So setzte sie sich 1971 unter anderem als Unterzeichnerin des „Manifest der 343“ für die Legalisierung der Abtreibung in Frankreich. Außerdem macht sie sich immer wieder für die Abschaffung der Todesstrafe stark.