Russell Brand war eine nationale Berühmtheit. In Großbritannien kannte jeder seine berüchtigten Comedy-Auftritte und MTV-Moderationen, aber außerhalb der Insel hielt sich sein Ruhm lange Zeit in Grenzen - bis Hollywood ihn entdeckte. Mit seiner Rolle als überaus exzentrischer Brit-Rocker in der Judd-Apatow-Produktion „Nie wieder Sex mit der Ex“ mit Kristen Bell, Jason Segel und Mila Kunis fiel er definitiv auf. Im Remake „Arthur“ erhielt er 2011 dann eine Hauptrolle, die wie für ihn gemacht schien.
Aller Anfang ist schwer
Russell Brand, der in Grays im englischen Essex auf die Welt kam, hatte wahrlich keine leichte Kindheit. Die Eltern trennten sich früh, er wuchs allein bei seiner Mutter auf und wurde mit sieben Jahren von einem Lehrer sexuell missbraucht. Wenn das nicht bereits furchtbar genug war, musste Brand auch noch miterleben wie seine Mutter zweimal an Krebs erkrankte. Die Konsequenz: Mit 14 erkrankte der heute immer noch sehr schlaksige Brand an Bulimie und entwickelte eine heftige Drogen- und Alkoholsucht. Brands Bühnen-Talent wurde schon in jungen Jahren erkannt, früh spielte der Junge Theater und 1995 wurde er sogar an der Royal Academy of Dramatic Art-Schauspielschule akzeptiert. Doch auch hier kamen Brand wieder seine Verhaltensauffälligkeiten dazwischen, die später in seinen Filmen zu seinen komödiantischen Fertigkeiten gezählt werden sollten. Aus dem Drama Centre wurde Brand schließlich herausgeschmissen, als der frustrierte Schauspielschüler ein Glas zerschmetterte und auch noch anderweitig ausrastete. Es sollte nicht der letzte Rauswurf bleiben.
Die (schwierige) Geburt eines Comedy-Stars
Russell Brands Karrierestart war mehr als holprig, die frühen Erfahrungen des ständigen Scheiterns und des Absturzes erwiesen sich dabei letztlich als genauso prägend wie das trotzige Wiederaufstehen. Das Motto „Frechheit siegt“, galt von Anfang an bei seinen Auftritten als Stand-Up-Comedian, die ihm nach ein paar ordentlichen Platzierungen bei Comedy-Wettbewerben im Jahr 2000 endlich einen vielversprechenden Karriereweg wiesen. Seine ersten Shows trugen die Beinamen „Better Now“, „Eroticised Humour“ und „Shame“ und hatten den eigenen Wahnsinn im Drogendelirium zum Thema. Als die Auftritte immer populärer wurden, setzte Brand auch noch den eigenen Namen vor den jeweiligen Titel: So viel Ego muss sein. Doch so erfolgreich seine Stand-Up-Shows auch waren, den ganz großen Durchbruch schaffte Brand erst mit seinen TV-Moderationen. Oder besser: Mit den Skandalen, die er dabei verursachte. Seine Ausfälle und Aktionen ließen Brand anecken, halfen ihm aber auch dabei, sich - ähnlich wie etwa Sacha Baron Cohen („Borat“) – als eigene Marke zu etablieren.
Meinen täglichen Eklat gib mir heute
Als VJ bei MTV konnte Russell Brand erstmals via Fernsehen seine fiesen Sprüche zum Besten geben. Dabei beließ er es aber nicht, sondern brachte zudem etwa seinen mutmaßlichen Drogendealer mit in die Sendung. Legendär wurde eine folgenschwere Geschmacklosigkeit am Tag nach den Terroranschlägen am 11. September 2001, als Brand als Osama bin Laden verkleidet im Studio erschien. Der Sender griff in dieser heiklen politischen Situation zum letzten Mittel und feuerte Brand. Nach seiner Entlassung bei MTV blieb Brand dem britischen Fernsehen treu und arbeitete an verschiedenen Celebrity-Shows und „Big Brother“-Begleitformaten. Sein „großes Maul“ büßte er auch nach dem Ende von „Big Brother’s Big Mouth“ nicht ein. So legte sich Brand öffentlich mit Bob Geldof an und auch Britney Spears bekam bei ihrem Comeback ihr Fett weg („Wenn es einen weiblichen Christus gäbe, dann wäre es Britney!“). Den US-Präsidenten George W. Bush bezeichnete Brand als „zurückgebliebenen Cowboy“, während er den Jonas-Brothers symbolisch mit einem Ring die Jungfräulichkeit raubte. Trotz dieser Eskapaden wurde Brand weiterhin für Events wie Live-Aid gebucht. Dazu verstärkte er seine Radiotätigkeit bei der BBC und landete einen Bestseller mit einem autobiografischen Werk über seine Heroinsucht.
Hollywood ruft
Bei einem Tausendsassa wie Russell Brand war es letztlich nur eine Frage der Zeit, bis er Ambitionen hegte, auch die Kinoleinwände zu erobern. Der potentielle Filmstar musste anfangs jedoch kleinere Brötchen backen. Für den Bewunderer von Richard Pryor und „Arthur“-Originaldarsteller Dudley Moore ergab sich nach einer kleinen Rolle in der britischen Erfolgskomödie „Die Girls von St. Trinian“ 2008 endlich die große Chance, auch in Hollywood durchzustarten. Die Figur des pervers-durchgeknallten Brit-Rockers Aldous Snow in der Komödie „Nie wieder Sex mit der Ex“ war für Brand die passende Möglichkeit, seine Comedy-Qualitäten auch einem größeren (US-)Publikum vorzustellen. Der Film erntete recht gute Kritiken (vor allem auch für Brands köstlich-überzogene Darstellung) und konnte am Ende ein Einspielergebnis von mehr als 60 Millionen Dollar am US-Box-Office für sich verzeichnen. Brands Auftritt machte Lust auf mehr und so erhielten sein Co-Star Jonah Hill und er mit „Männertrip“ 2010 ein Spin-Off, in dem der Brite noch mehr Musiker-Exzentrik versprühen durfte.
Ein Star-Vehikel für den Exzentriker
Russell Brand hatte sich mit seinen ersten Film-Erfolgen so weit etabliert, dass die nächsten Projekte für ihn geradezu maßgeschneidert wirken. In der Komödie „Hop - Osterhase oder Superstar“, dem familienfreundlichen Mix aus Realfilm und Animation sprach Brand - wie könnte es anders sein - ein cooles Häschen mit Rockstar- und Hollywoodambitionen. Fast zeitgleich kam „Arthur“ in die Kinos, ein Remake des Dudley-Moore-Hits aus dem Jahr 1981. Brand spielte einen alkoholsüchtigen, milliardenschweren Playboy, der sich auch als Erwachsener aufführt wie ein pubertierendes Kind. Mit einer Mischung aus trotziger Eigenwilligkeit, kindischer Gemeinheit und einer guten Prise Albernheit ist seine Leinwandpersönlichkeit seinem aus Funk und Fernsehen bekannten Ich sehr ähnlich. Dazu passt auch das Spiel mit sexuellen Identitäten, das durch die Umbesetzung der Diener-Rolle (im Original gespielt von John Gielgud, in der Neuauflage von Helen Mirren) noch akzentuiert wurde.
Der selbsternannte Sexsüchtige Russell Brand kann sich dank der 2010 in Indien geschlossenen Ehe mit dem amerikanischen Popstar Katy Perry sicher sein, weiterhin in den Schlagzeilen zu bleiben, aber auch den überkandidelten Rocker wird er weiter mimen: In Adam Shankmans Broadway-Verfilmung „Rock of Ages“ darf er 2012 an der Seite von Superstars wie Tom Cruise und Alec Baldwin singen, tanzen und sicher auch wieder ordentlich fluchen.