Beim renommierten Toronto International Film Festival (TIFF) feierten dieses Jahr nicht nur unter anderem Steven Spielbergs „Die Fabelmans“ und Rian Johnsons Krimi-Sequel „Glass Onion: A Knives Out Mystery“ ihre großen Premieren, sondern in der Sektion Midnight Madness auch „The People's Joker“. Doch es blieb bei einer einzigen von mehreren geplanten Vorführungen des queeren Coming-of-Age-Films rund um den legendären DC-Comic-Bösewicht. Die hinter dem Projekt steckende Filmemacherin Vera Drew entschied sich gemeinsam mit dem Festival, die Premiere zwar durchzuziehen, aber drei außerdem noch geplante Vorstellungen abzusagen, weil es einen „bösen Brief eines Medien-Konglomerats, das nicht namentlich genannt werden soll“ gab, wie die Regisseurin erklärte.
Welches Unternehmen sie meint, liegt auf der Hand: Warner und die dazu gehörende Comic-Schmiede DC haben die Rechte am Batman-Bösewicht Joker und waren in das Projekt nicht involviert. Die auch die Hauptrolle bekleidende Vera Drew erklärt zwar, dass sie ausgiebig juristisch beraten wurde und ihr Film nicht angreifbar sei, aber am Ende besteht natürlich trotzdem die Gefahr, dass ein Gericht dies anders sieht, falls Warner und DC mit einer Klage gegen das Projekt vorgehen.
Juristische Klärung vor weiteren Vorführungen?
Eine solche Klage könnte sich nicht nur gegen Vera Drew richten, sondern gegen jede Einrichtung, welche den Film zeigt. Und selbst wenn man im Recht ist, kann eine solche juristische Angelegenheit sehr kostspielig sein. Auch wenn sie das nicht explizit erwähnt, dürfte es eine Rolle bei der nun allerneuesten Ankündigung von Drew spielen.
Nachdem sie kürzlich nämlich noch erklärte, dass ihre „Joker“-Parodie sehr bald bei mehreren anderen Festivals auf der ganzen Welt laufen wird, gab sie nun bekannt, dass sie entschieden habe, den Film von all diesen Festivals zurückzuziehen. Vorerst wird „The People’s Joker“ also nirgends laufen, dabei hätten sich „zehn Festivals rund um die Welt“ bereit erklärt, ihn ins Programm aufzunehmen.
Vera Drew macht allen an „The People's Joker“ Interessierten aber Mut. Es sei nicht das Ende der Geschichte, sondern viel mehr der Anfang. Sie verspricht, dass es ihr Werk bald „überall“ zu sehen gebe – erst im Kino, dann im Heimkino.
Aktuell arbeitete sie daran, die „Rechteprobleme“ zu klären. Was sie genau dazu unternimmt, verrät sie nicht. Warner und DC haben sich bislang öffentlich nicht zu dem Projekt geäußert und wohl keine Klage eingereicht. Man hat Vera Drew wohl nur gedroht, dass dieser Schritt bald folgen könnte. Eine solche Klage hängt daher aktuell wie ein Damoklesschwert über dem Projekt.
Drew könnte dieses abwenden und selbst in die Offensive gehen. Statt zu warten, ob Warner Klage einreicht, könnte sie selbst – zum Beispiel im Rahmen einer negativen Feststellungsklage – ein Gericht entscheiden lassen, dass ihr Film nicht gegen Warners Urheber- und Verwertungsrechte am Joker verstößt, sondern sie im Rahmen der in den USA anwendbaren Fair-Use-Doktrin gehandelt hat. Dies erlaubt in bestimmten Grenzen auch die Verwendung von urheberrechtlich geschütztem Material.
Das ist "The People's Joker"
In „The People’s Joker“ erzählt Transgender-Filmemacherin Vera Drew eine fiktionalisierte und im DC-Universum angesiedelte Version ihrer eigenen Lebensgeschichte. Den Joker lernen wir hier zunächst als gebeutelten Jungen kennen, der sich in seinem Körper nicht wohl fühlt und später in einem Gotham City, in dem Batman so gut wie jede öffentliche Komik kriminalisiert hat, versucht, eine Comedy-Karriere zu starten.
Drews Film ist dabei nicht nur ein queerer Low-Budget-Coming-of-Age-Film, sondern auch eine Parodie auf das Batman-Universum mit vielen Anspielungen auf frühere Joker-Auftritte und allerlei anderen DC-Referenzen. Schon im Trailer werden so etwa auch Jared Letos und Joaquin Phoenix‘ Joker-Interpretationen aufs Korn genommen.
Genau dieses parodistische Element ist aber nach der Meinung von Drew und ihrer Anwälte durch Fair Use geschützt. Um die Regel einzuhalten habe man sogar mehrere Szenen aus „Joker“ mit Joaquin Phoenix, die in einer früheren Schnittfassung noch enthalten waren, entfernt.