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    Netflix-Tipp mit 4 Marvel-Stars: Dass dieses Sci-Fi-Horror-Meisterwerk in Deutschland nie ins Kino kam, ist eine Frechheit!
    Michael Gasch
    Michael Gasch
    Bei Micha ist nichts wichtiger als Filmpoesie, wodurch kunstvolle Filme wie Zhang Yimous "Hero" und Darren Aronofskys "The Fountain" einen ganz besonderen Platz in seinem Herzen einnehmen.

    „Auslöschung“ kam in den USA und andernorts 2018 in die Kinos, doch in Deutschland landete der Film direkt auf Netflix. Warum dies ein großer Fehler war und was den Science-Fiction-Horror so grandios und einzigartig macht, erfahrt ihr hier.

    +++ Meinung +++

    Wer sich für Netflix interessiert, hat das Filmposter von „Auslöschung“ bestimmt schon einmal gesehen. Obgleich dies kein Film für das Durchschnittspublikum ist, so gab es zum Release 2018 trotzdem ordentlich Werbung. Auch wenn die Story über ein mysteriöses Gebiet, in dem seltsame Dinge vor sich gehen, auf dem ersten Blick wenig einladend wirkt, so versteckt sich hinter dem Sci-Fi-Horror jedoch einer der besten Filme der letzten Jahre, bei dem neben den aktuellen „Thor 4“-Stars Natalie Portman und Tessa Thompson auch noch zwei weitere prominente Schauspieler aus dem Marvel Cinematic Universe, nämlich Oscar Isaac („Moon Knight“) und Benedict Wong („Doctor Strange 2“), mitspielen.

    Trotz Starbesetzung und der Tatsache, dass „Auslöschung“ in den USA einen regulären Kinostart hatte, landete der Film in vielen anderen Ländern wie auch in Deutschland leider nicht im Kino. Hiesige Sci-Fi-Fans mussten sich mit einem Netflix-Start begnügen. Aufgrund seiner vielen herausragenden Qualitäten hätte „Auslöschung“ die große Leinwand aber so was von verdient gehabt!

    Netflix

    Die Handlung von "Auslöschung"

    Area X – ein nordamerikanisches Gebiet, in dem ein Asteroid einschlug, sorgt für jede Menge Fragezeichen bei so ziemlich jedem Wissenschaftler. Da man die dortigen Anomalien genauer untersuchen will, werden Expeditionen gestartet, von denen jedoch kein einziger Teilnehmer wiederkehrt. Als eines Tages Kane (Oscar Isaac), ein Teilnehmer einer vorherigen Expedition und Mann von Lena (Natalie Portman) doch den Weg zurück schafft, scheint mit ihm etwas nicht zu stimmen. Lena landet daraufhin selbst in der Forschungseinrichtung, die Area X tagein, tagaus unter die Lupe nimmt.

    Um Ihren Mann in irgendeiner Form zu helfen, beschließt sie zur nächsten Expedition hinzuzustoßen und nach Antworten zu suchen. In Area X angekommen, die durch eine seltsame Wand, den so genannten „Schimmer“ abgegrenzt wird, ergibt sich fortan ein typischer Alltag von Wissenschaftlern: Proben sammeln, Beobachtungen anstellen und Daten analysieren. Schnell merkt das fünfköpfige Team, welches nur aus Frauen besteht, dass hier etwas nicht stimmt. Ihr Ziel ist jedoch eindeutig: in Küstennähe einen Leuchtturm anvisieren und herausfinden, was für die Anomalien und seltsamen Ereignisse in dieser Zone verantwortlich ist.

    Ein literarisches Science-Fiction-Meisterwerk auf Netflix

    „Auslöschung“ beruht auf dem gleichnamigen Roman des amerikanischen Schriftstellers Jeff VanderMeer, welcher den ersten Teil der so genannten Southern-Reach Trilogie darstellt. Während die Verfilmung dem Roman treu bleibt, so holt Alex Garland („Ex Machina“), der neben der Regie auch das Drehbuch übernahm, hier das Beste vom Besten heraus. Von verhunzten Romanverfilmungen, wie beispielsweise Dan Browns „Inferno“, der den Zuschauer durch ein gegensätzliches Happy End mit einem guten Gefühl entlassen will, ist Garland im besten Sinne Lichtjahre entfernt und gibt so einen Regisseur ab, von dem man sich eine Seite abschneiden sollte.

    „Auslöschung“ überzeugt dabei in vielerlei Hinsicht: nicht nur optisch, sondern auch erzählerisch, philosophisch und sogar darüber hinaus. Das eigentliche Thema der Produktion ist dabei aber gar nicht so wirklich erfassbar und – dies muss man klipp und klar sagen – verlangt dem Publikum schon ordentlich etwas ab. Stattdessen liegt der Fokus auf dem Unbekannten, dem Nicht-Erfassbaren, schlichtweg einer schwer greifbaren Unergründlichkeit. Wie wir Zuschauer*innen, so sind auch die Figuren im Film durch den Schimmer und Area X verwirrt und ratlos.

    Paramount Pictures

    Obgleich die Natur in der mysteriösen Zone auf den ersten Blick unverändert aussieht, so kristallisiert sich jedoch schnell heraus, dass man in einer völlig anderen Welt oder Dimension gelandet ist. Aufgrund dieser Unerklärlichkeit sucht man so vergeblich nach Antworten. „Auslöschung“ ist dabei jedoch keiner dieser Filme, die das Publikum mit einem Fragezeichen nach dem anderen bombardieren. Stattdessen gibt die wissenschaftliche Reise ins Unbekannte einem gerade so viele Informationen, die erforderlich sind, jedoch keine darüber hinaus. So findet Garlands Meisterwerk eine perfekte Balance zwischen Subtilität und dem typischen „Erklärbär“, womit man schon den einen oder anderen Film zerstört hat.

    Kosmischer Horror

    Durch Wälder, Sümpfe und Morast geht die Reise ruhig voran, wodurch die Bilder atmen und ihre volle Wirkung entfalten können. Während die Angst zu jeder Sekunde im Rücken sitzt, so geben sich die Forscher rational, zumindest bis zu einem gewissen Punkt. „Auslöschung“ behandelt damit die Rationalität des Menschen, den Drang nach Struktur, schlichtweg den Kern von Menschlichkeit. Dadurch, dass in Area X Chaos herrscht, mündet der Kontrollverlust des Menschen rasch in purer Angst und Panik, was grandios inszeniert wird und dem Science-Fiction Film weitere Pluspunkte beschert. Und doch ist da noch mehr…

    Überraschungsmomente, die im Kopf bleiben

    Die Unvorhersehbarkeit, die zu jedem Zeitpunkt mitschwingt, sorgt dafür, dass man an keiner Stelle vorausahnen kann, was in den nächsten fünf Minuten passiert. Überraschungsmomente, die sowohl mit furchterregenden als auch neugierigen Bildern das Publikum in den Bann ziehen, entfalten dabei ihre volle Wirkung.

    Dass die Grundprämisse über eine mysteriöse Zone den ein oder anderen Filmfan an Andrei Tarkowskis Urklassiker „Stalker“ aus dem Jahr 1979 erinnert, sollte jedoch für keine Abwertung sorgen. Es wäre sogar falsch, die bunten Filmbilder in Garlands Werk zu kritisieren und Tarkowskis Meisterwerk in seiner Schönheit zu verabsolutieren, da „Auslöschung“ gerade durch die leicht überzeichneten Computereffekte eine gewisse Entrücktheit der Natur schafft. Würde man all dies weglassen und Stalker in seiner Schlichtheit einfach kopieren, so würde man nicht nur dreist abgucken, sondern auch die filmischen Möglichkeiten unterwandern.

    Freunde Der Deutschen Kinemathek

    Genetik als unmittelbares menschliches Thema

    Genetische Themen, die schon in „Gattaca“ für erinnerungswürdige Filmmomente sorgten und viel über die Menschheit aussagen, spielen auch hier eine bedeutende Rolle. Dadurch, dass die Wissenschaftlerinnen mit jeder Menge Technik ausgestattet sind und nach einer Weile herausfinden, was in Area X genau passiert, ist Garlands Werk zwar immer noch keine einfache Kost, verzichtet aber auf eine übermäßige Überforderung des Zuschauers. Die Prämisse – die Auflösung von Menschlichkeit – ist dabei gleichermaßen wissenschaftlich wie philosophisch.

    Obgleich beim deutschen Titel die Rede von „Auslöschung“ ist, so sollte man es sich aber nicht zu einfach machen. Der englische Titel „Annihilation“ ist dabei schon wesentlich angebrachter, da man hier auch Übersetzungen wie Zerstrahlung, Erlöschung oder selbst Begriffe wie Entwerdung (das Schwinden des Ich-Bewusstseins) anführen kann. „Auslöschung“ behandelt somit letztens Endes das winzig Kleine auf molekularer Ebene, aber auch das große Ganze, das durch die andersartige Dimension in Area X festgehalten wird. Das Aufeinanderprallen von unaufhaltsamer Natur und der menschlichen Zerbrechlichkeit sorgt dafür, dass Garlands Werk lange im Kopf bleibt.

    Positiv überfordernd

    Trotz der Unerklärlichkeit zeigt „Auslöschung“ jedoch, dass dies nicht unbedingt schlecht oder unaushaltbar ist, im Gegenteil. Die Welt im Schimmer bewegt sich zwischen Traum und Alptraum. Während die Angst vor Chaos, Kontrollverlust und dem Unbekannten auf der einen Seite für mulmige Gefühle sorgt, so gibt es auf der anderen Seite eine sehr eindeutige Position zur philosophischen Alles-Ist-Eins-Lehre, welche die Unteilbarkeit alles Seins beschreibt. 

    Meisterwerke auf Netflix: Filmtipps der FILMSTARTS-Redaktion

    All die Ängste, besonders über die Wegnahme des Menschlichen, werden so zum zentralen Aspekt des Films, was eine ungeheure Poesie mitbringt. Die Figuren wie auch wir Zuschauer werden dabei mit derselben Frage konfrontiert: Ist man bereit, solche Bilder zu ertragen? Garland lässt einem die Wahl jedoch nicht offen, sondern verlangt sogar, dass man diese Schaurigkeit über sich ergehen lässt. Gerade dieser filmische Mut macht Garlands Werke so einzigartig wie fantastisch.

    Fazit zu "Die Auslöschung" auf Netflix

    Dadurch dass „Auslöschung“ durch Themen wie Unergründlichkeit, menschliche Ängste, Genetik und Philosophie schon grundsätzlich auf einem hohen Niveau spielt und es mit einem zugleich grandiosen wie merkwürdigen Ende noch darüber hinausschafft, sichert sich das Science-Fiction-Drama mit brennenden Kristallbäumen und fraktalen Bildern einen Platz unter den besten und ungewöhnlichsten Filme der letzten Jahre.

    Chiffrenhaft wie Werke von Benson und Moorhead und alptraumhaft à la David Lynch, kombiniert Garland so die Zutaten, die es für ein Meisterwerk zumindest in diesem Genre braucht: traum- wie alptraumhafte Bilder, atmosphärische Dichte, Schaurigkeit, Zeitlosigkeit, Poesie und Filmmomente, die die Zuschauer*innen nicht mehr loslassen. Es ist wirklich eine Schande, dass wir dies nur bei Netflix und nicht auf der großen Leinwand erleben durften.

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