Man hat es natürlich eh schon gewusst. Aber der Streaming-Erfolg von „Fantasy Island“ und „Countdown“ unterstreicht noch mal, dass die Ansprüche des Publikums ans Kino und an Netflix einfach verschieden sind. Während man auf der großen Leinwand am liebsten etwas Besonderes oder zumindest besonders Spektakuläres sehen will, reicht bei Netflix ein harmloser Fantasy-Horror von der Stange, um Platz 1 der hauseigenen Streaming-Charts zu erobern…
Als „Fantasy Island“ 2020 in den deutschen Kinos angelaufen ist, reichte es nur für gerade einmal 120.000 Zuschauer*innen – auf Netflix hat sich die Kino-Adaption einer Kult-TV-Serie hierzulande allerdings auf Anhieb an die Spitze der Netflix Top 10 gesetzt (und zwar noch vor der brandneuen, mit Stars gespickten Netflix-Eigenproduktion „The Bubble“). Nur drei Plätze dahinter hat sich der Handy-App-Schocker „Countdown“ (immerhin 260.000 Kinobesucher*innen, aber dann auch schnell wieder vergessen) zwischen „Zack Snyder’s Justice League“ und dem Netflix-Original „The Adam Project“ mit Ryan Reynolds einsortiert.
Eine App sagt euren Tod voraus: "Countdown"
Darum geht’s: Wer wäre so bescheuert, den exakten Zeitpunkt seines Todes wissen zu wollen, um dann den Rest des Lebens davor zu schlottern? Zum Beispiel die engagierte Krankenschwester Quinn (Elizabeth Lail), die sich eine entsprechende (Spaß-)App herunterlädt, ohne sich vorher die ellenlangen Geschäftsbedingungen durchzulesen. Ein potenziell tödlicher Fehler, denn die App hat mit ihren sekundengenauen Vorhersagen scheinbar immer recht…
Lohnt sich das? Eine zusammengeklaute Story, diverse strunzdoofe und uninteressante Charaktere, ein paar maue Jump Scares und eine Reihe uninspirierter Kills, bei denen zudem offensichtlich immer auch auf die US-Jugendfreigabe geschielt wird – diese Zutaten machen aus „Countdown“ einen generischen Teenie-Horror, der trotz der im ersten Moment originell anmutenden Prämisse leider absolut nichts Originelles zu bieten hat.
CountdownEine ungewöhnliche Serien-Verfilmung: "Fantasy Island"
Darum geht’s: „Fantasy Island“ ist wohl eine der ungewöhnlichsten Serien-Adaptionen aller Zeiten! Schließlich handelt es sich um ein Remake der gleichnamigen Kultserie aus den 1970ern, in der Ricardo Montalban als geheimnisvoller Millionär Mr. Roarke und Hervé Villechaize als sein kleinwüchsiger Gehilfe Tattoo über sieben Staffeln und 152 Folgen hinweg Gäste auf ihrer Pazifikinsel begrüßten, um ihnen dort ihre Lebensträume zu erfüllen. Auch im Kinofilm empfängt der Multimillionär Mr. Roarke (Michael Peña) seine Gäste – nur werden hier nicht ihre Träume, sondern ihre finstersten Albträume Wirklichkeit…
Lohnt sich das? „Fantasy Island“ mag eine der ungewöhnlichsten Serien-Adaptionen aller Zeiten sein – aber zugleich ist der Möchtegern-Schocker auch einer der generischsten Horrorfilme überhaupt! Es werden ausschließlich altbekannte Mystery-Elemente aufgefahren, um das Publikum zumindest eine Zeitlang an der Nase rumzuführen. Das größte Problem dabei: Das ist leider alles weder spannend noch gruselig!
Fantasy IslandÜbrigens: Auf Netflix läuft lediglich die auf eine US-Jugendfreigabe getrimmte PG-13-Kinofassung. Wer den längeren (und härteren) Director’s Cut von „Fantasy Island“ sehen will, sollte sich deshalb vor dem Schauen unbedingt den folgenden Artikel durchlesen:
Heimkino-Tipp: Dieser Horrorfilm stürmt gerade die Netflix-Charts – die längere Fassung gibt's aber woanders