Das neue Netflix-Original „JEMAND ist in deinem Haus“, das seit dem 06. Oktober auf dem Streamingdienst zur Verfügung steht, wirkt auf den ersten Blick wie ein verheißungsvoller Horrorfilm: Neben der Freigabe ab 18 und einer innovativen Prämisse hat man zudem mit Patrick Brice einen Regisseur gewonnen, der vor allem mit „Creep“ und Creep 2“ bewiesen hat, dass er dem Genre noch neue Impulse abringen kann. Das Ergebnis ist in diesem Fall aber eine Enttäuschung.
Darum geht es in "JEMAND ist in deinem Haus"
Makani Young (Sydney Park) zieht zu ihrer Großmutter ins ländliche Nebraska, nachdem sie von ihren Eltern – gegen ihren Willen – aus Hawaii weggeschickt wurde. Dort soll sie die Ruhe finden, um ihren Schulabschluss zu machen. Als es jedoch an Makanis neuer Schule zu einer Mordserie kommt, bei der zahlreiche Mitschüler*innen sterben, wird der jungen Frau klar, dass sie jederzeit das nächste Opfer sein könnte.
Der Killer, der seine Opfer terrorisiert, zeichnet sich dabei durch ein ganz besonderes Merkmal aus: Er trägt bei seiner Jagd auf Menschen, die dunkle Geheimnisse mit sich bringen, selbst gemachte Masken, die den Gesichtern der Opfer nachempfunden sind. Auch Makani hütet eine dunkle Vergangenheit, die sie am liebsten begraben würde. Gemeinsam mit ihren neuen Freund*innen muss sie versuchen, die Identität des Mörders herauszufinden, bevor es zu spät ist…
Ein billiger "Scream"-Verschnitt
Obgleich „JEMAND ist in deinem Haus“ durch die zu Anfang erwähnten Aspekte Interesse wecken kann, scheitert der Film an einem obligatorischen Problem, das uns nicht nur aus dem Horror-Genre geläufig ist: Er schöpft sein Potenzial nicht vollständig aus und setzt immer wieder die falschen Schwerpunkte. Denn eigentlich steckt in der neuen Regiearbeit von Patrick Brice ein cleverer und zeitgemäßer Kommentar zur sogenannten Cancel Culture, die den sozialen Ausschluss von Personen forciert.
Diese 3 Horror-Meisterwerke müsst ihr zu Halloween unbedingt sehen [Podcast]Nach einer stimmungsvollen Eröffnung, die nicht nur durch den Home-Invasion-Ansatz an „Scream“ erinnert, sondern auch eine blutige Gewalt an den Tag legt, die sich durchaus gewaschen hat, bemüht sich „JEMAND ist in deinem Haus“ darum, seine Charaktere vorzustellen, die sich zusehends mit der maskierten Bedrohung eines Killers auseinandersetzen müssen. Dabei muss man auch festhalten, dass Sydney Park, der hier in die Hauptrolle der Makani Young schlüpft, wirklich charismatisch und talentiert ist.
Dass hinter „JEMAND ist in deinem Haus“ jedoch auch die Idee einer politischen Agenda steckt, kann Patrick Brice zu keinem Zeitpunkt wirklich zum Ausdruck bringen. Die Motivation des Killers, die an dieser Stelle natürlich nicht gespoilert werden soll, bezieht sich jedoch auf die Cancel Culture – und dabei auf die dunkle Seite, die diesem Sozialbewusstsein innewohnt. Es wirkt jedoch aus der Luft gegriffen, worauf Brice an dieser Stelle hinweisen möchte, weil der Horrorfilm zuvor als austauschbarer High-School-Slasher vor sich hin plätschert.
Eine Serie hätte mehr Sinn ergeben
Dass „JEMAND ist in deinem Haus“ seine emotionale (Schock-)Wirkung nicht entfesseln kann, liegt sicherlich auch daran, dass der Ausgangsstoff zu umfangreich ist, um ihn in eine Laufzeit von etwas mehr 90 Minuten zu bannen. Es hätte sich also angeboten, dass Netflix sich dem gleichnamigen Young-Adult-Roman von Stephanie Perkins nicht in Form eines Spielfilmes annimmt, sondern daraus eine Mini-Serie entwickelt. Dann wäre Patrick Brice imstande gewesen, sowohl die Horror-, als auch die Coming-of-Age-Perspektive greifbar und mehrdeutig verbinden zu können.
Dass „JEMAND ist in deinem Haus“ aber nicht gänzlich misslungen ist, liegt nicht nur an der guten Besetzung, sondern auch daran, dass Patrick Brice in den eruptiven Gewaltmomenten aufzeigt, dass er ein kompetenter Genre-Handwerker ist. Brice allerdings ist zu Höherem bestimmt, als nur blutige Kills in Szene zu setzen. Wer sich von seiner subversiven Klasse als Filmemacher einen Eindruck verschaffen möchte, kann sich ebenfalls auf Netflix die famosen „Creep“ und Creep 2“ anschauen – hier wird der Zuschauer wirklich herausgefordert.