Mein Konto
    TV-Tipp: In dieser durchgestylten Horror-Hommage wird ein Dildo zum blutigen Mordinstrument
    Pascal Reis
    Pascal Reis
    -Redakteur
    Ob "Rosemaries Baby", "Halloween", "Cannibal Holocaust" oder "Scream": Pascal liebt das Horrorkino in seiner ganzen verstörenden Schönheit.

    Im durchgestylten „Messer im Herz“ von Yann Gonzalez, der heute Abend im TV zu sehen ist, wird dem Horror-Genre in jeder einzelnen Einstellung Tribut gezollt. Ästhetischer, verruchter und extravaganter geht’s nicht!

    Salzgeber & Co. Medien GmbH

    +++ Meinung +++

    Wer glaubt, im Horror-Genre schon jede Art von Mordinstrument zu Gesicht bekommen zu haben, der sollte am heutigen Mittwoch um 23:05 Uhr unbedingt Arte einschalten, denn dort läuft „Messer im Herz. Hier geht der maskierte Schlitzer nicht mit dem Küchenmesser, der Schere oder der Machete umher, sondern führt einen voluminösen Dildo mit sich, aus dem eine funkelnde Klinge springt, die nur darauf wartet, in das Fleisch seiner Opfer einzudringen. Damit ist das Thema des Films auch schon eindrucksvoll auf den Punkt gebracht: Der unzertrennliche Zusammenhang von Sexualität und Gewalt.

    ›› "Messer im Herz" auf Blu-ray bei Amazon*

    Darum geht es in "Messer im Herz"

    Frankreich im Jahre 1979: Anne (Vanessa Paradis) lebt in Paris, wo sie ihr Geld als Filmemacherin verdient. Sie dreht dort aber nicht etwa klassische Kassenschlager für den Mainstream, für die Zuschauer scharenweise in die Lichtspielhäuser strömen, sondern zweit- bis drittklassige Schwulenpornos. Diese produziert sie nicht nur selbst, sondern inszeniert und schneidet sie auch. Als Anne einiges Tages von ihrer Freundin Lois (Kate Moran) verlassen wird, sieht Anne eine Chance, ihre große Liebe zurückzugewinnen.

    Ihr nächstes Film muss vollkommen außergewöhnlich werden, etwas total Ausgefallenes, sodass Lois gar keine andere Wahl hat, als wieder zu ihr zurückzukommen. Doch was eigentlich ihr ambitioniertestes Werk hätte werden sollen, droht schnell außer Kontrolle zu geraten, als plötzlich ein mit einem Dildo bewaffneter Serienkiller beginnt, die gesamte Belegschaft brutal niederzumetzeln. Als sich dann auch noch die polizeilichen Ermittlungen als ausgesprochen schwierig gestalten, beschließt Anne, die Sache selbst in die Hand zu nehmen…

    Ein Kniefall vor den Größen des Genres

    Wer sich ein wenig mit dem Horror-Genre vertraut gemacht hat, wird schnell erkennen, an wen sich Yann Gonzalez mit „Messer im Herz“ richtet: Sein hochästhetisches Horror-Melodrama ist in erster Linie eine Hommage an den italienisches Giallo, den in den 1970er- und 1980er-Jahren Filmemacher wie Dario Argento („Terror in der Oper“), Mario Bava („Blutige Seide“) und Umberto Lenzi („Das Rätsel des silbernen Halbmonds“) maßgeblich geprägt haben. Damit stößt Gonzalez quasi in das gleiche Horn wie James Wan mit „Malignant“, der momentan im Kino läuft.

    Was „Malignant“ im Gegensatz zu „Messer im Herz“ jedoch vollkommen abgeht, ist der Sleaze, das Verruchte, das Wollüstige. Yann Gonzalez erzählt sein Werk auch als Befindlichkeitsfilm und dringt in die Ära der schwulen Pornographie der 1970er-Jahre ein. Die Inszenierung zelebriert dabei die verschwitzten, in Ledermontur gehüllten Männerkörper im blau-roten Schein und erinnert damit auch unweigerlich an William Friedkins Meisterwerk „Cruising“, in dem die Zerstörung von Fleisch auch als eine Form von gestörter Kommunikation verstanden werden konnte.

    Dieses Kult-Meisterwerk läuft nach 20 Jahren ab heute das erste Mal im Kino – in brillanter 4K-Neuauflage

    Der Mörder in „Messer im Herz“ ist ein extremes Produkt des Leidens einer Gesellschaft, die nach Liebe fleht, aber immerzu Schmerz erhält. Damit dringt Yann Gonzalez in die Essenz des Giallo-Kinos vor und erkennt in der Lust nicht nur etwas Schwelgerisches, sondern auch eine tödliche Hilflosigkeit. Wenn man so möchte, dann ist „Messer im Herz“ ein Streifzug durch die Alptraumlandschaften unserer Seele. Und genau diesen Aspekt weiß Gonzalez auch audiovisuell umzusetzen…

    Ausgeprägte Farbfilter, die auf nackte Leiber fallen ergeben im Zusammenspiel einen surrealen Bilderbogen, der oftmals einem Delirium gleicht – und damit die Alptraumlandschaft im Inneren der Menschen ungemein stimulierend an die Oberfläche trägt. Man merkt „Messer im Herz“ an, dass Yann Gonzalez seine Vorbilder studiert hat. Das Schöne daran ist, dass er der französische Filmemacher nicht nur die Form beherrscht, sondern auch den Inhalt. James Wan hätte sich „Messer im Herz“ vor „Malignant“ mal genau anschauen sollen.

    *Bei dem Link zum Angebot von Amazon handelt es sich um einen sogenannten Affiliate-Link. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision.

    facebook Tweet
    Ähnliche Nachrichten
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top