+++ Meinung +++
Immer wieder kommt es vor, dass Filme aus aller Welt, die in ihrer Heimat waschechte Publikumsmagneten waren, in Deutschland gar nicht oder erst mit reichlich Verspätung erscheinen – und dann natürlich nicht groß im Kino, sondern still und heimlich direkt fürs Heimkino. Und so kann es dann passieren, dass hierzulande kaum jemand überhaupt etwas von diesen außergewöhnlichen Kinoerlebnissen mitbekommt. Und genau deswegen lest ihr jetzt gerade diesen Artikel, denn „A Taxi Driver“ soll dieses Schicksal nicht ereilen.
Hauptdarsteller Song Kang-Ho („Snowpiercer“, „The Host“) drehte den Film bereits zwei Jahre vor dem südkoreanischen Oscar-Abräumer „Parasite“ – und dennoch sollte es am Ende dann auch noch zwei weitere Jahre dauern, bis er das hiesige Publikum doch nocht erreicht. Koch Media sei dank. „A Taxi Driver“ ist seit dem 9. September 2021 digital erhältlich und erscheint am 23. September nun endlich auch auf DVD und Blu-ray. Doch egal wie ihr den Film am Ende guckt, euch erwartet einer der besten Filme der letzten Jahre:
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Regisseur Hun Jang lockte mit seiner Ode an die Menschlichkeit über zwölf Millionen Menschen in die Lichtspielhäuser, was „A Taxi Driver“ zu einem der erfolgreichsten koreanischen Filme aller Zeiten machte. Und als wäre das noch nicht Ehre genug, ging der Film 2017 auch noch für sein Land ins Oscar-Rennen. Denn der Film war nicht nur unglaublich erfolgreich, sondern ist darüber hinaus auch noch wahnsinnig beliebt – sowohl bei der Fachpresse (96 Prozent bei Rotten Tomatoes) als auch beim Publikum (90 Prozent bei Rotten Tomatoes). Und auch ich wusste, sobald der Abspann lief, dass der Film am Ende des Jahres in meiner 2021er-Bestenliste (für die Filme ja ihren deutschen Start im Jahr 2021 haben müssen) ganz vorne mitmischen wird.
Darum geht’s in "A Taxi Driver"
Mai 1980, Seoul: Kim (Song Kang-Ho) ist ein alleinerziehender Vater, der sich und seine Tochter mit einem Job als Taxifahrer über Wasser hält. Vor allem seit dem Tod seiner Frau, der ihn bis heute nicht loslässt, tut er alles in seiner Macht stehende, um seiner Tochter ein möglichst erfülltes Leben zu bieten. Als er von einem Kollegen eines Tages am Mittagstisch hört, dass er gerade einen Auftrag über 100.000 Won an Land gezogen hat, hat Kim deshalb auch keine Skrupel, ihm prompt seinen Fahrgast zu klauen. Denn das Geld könnten er und seine Tochter gerade richtig gut gebrauchen. Wenn er doch nur wüsste, worauf er sich hier einlässt...
Kims Fahrgast ist der deutsche Journalist Jürgen Hinzpeter (Thomas Kretschmann), der zwar kein Wort Koreanisch spricht, allerdings genau weiß, wohin er will: Gwangju. Während sich die beiden in gebrochenem Englisch verständigen, wird Kim spätestens an der ersten Straßensperre bewusst, dass die fürstliche Entlohnung für seinen Fahrdienst durchaus einen Grund hat. Denn in der Metropole im Süden des Landes wurde eine friedliche Studenten-Demonstration gerade zu einem erbitterten Kampf zwischen der Staatsgewalt und den Zivilisten. Dass Polizei und Militär dabei mit aller Gewalt gegen die unschuldige Bevölkerung vorgeht, wird in den Nachrichten allerdings völlig anders dargestellt, zuweilen sogar verleugnet. Hinzpeter will mit seiner Kamera nun die Wahrheit ans Tageslicht bringen und den Menschen außerhalb des Landes die Augen öffnen. Und Kim? Der fährt mit seinem Taxi nichtsahnend in ein Kriegsgebiet…
Eine Lehrstunde in Sachen Menschlichkeit
„A Taxi Driver“ ist für sein Publikum außerhalb Südkoreas sicher auch eine kleine Geschichtsstunde – oder hättet ihr etwa gewusst, was für schreckliche Ereignisse sich Anfang der 1980er Jahre in Gwangju abspielten? Regisseur Hun Jang zeigt ohne Kompromisse, mit welcher Entschlossenheit die Aufständischen damals in Schach gehalten wurden – mit Rauchbomben und Schlagstöcken bis hin zu unzähligen Hinrichtungen. Und bei jeder einzelnen läuft einem ein kalter Schauer über den Rücken.
Jeder Schuss auf einen Unschuldigen trifft ein stückweit auch einen selbst. Denn vor allem ist „A Taxi Driver“ eine Lehrstunde in Sachen Menschlichkeit – aus der Sicht eines einfachen Taxifahrers, der damit zum emotionalen Anker und schließlich zum großen Helden der Geschichte wird. Bereits als Song Kang-Hos Kim seinem Konkurrenten die Taxifahrt abluchste, nimmt man ihm das zu keinem Moment übel, weil von Anfang an klar ist, dass der alleinerziehende Familienvater zwar seine Macken, vor allem aber eben auch das Herz am rechten Fleck hat. Und dass er alles tun würde, um seine Welt zu einer besseren zu machen – auch wenn die zu diesem Zeitpunkt vor allem noch aus seiner Tochter bestand. Doch das sollte sich ändern.
Mit seinem ungleichen Duo, das auf einer Autofahrt ins Ungewisse mit allerhand Unwägbarkeiten konfrontiert wird und dabei zu unzertrennlichen Freunden wird, erinnert „A Taxi Driver“ am Ende fast ein wenig an „Green Book“ – bleibt dabei, bis auf eine vielleicht etwas überdramatisierte Szene am Ende, allerdings auch weitestgehend kitschfrei. Vor allem aber ist das Drama so lebensnah, augenöffnend und auch aktuell, weil die Geschichte nicht nur die pure Lebensfreude feiert, mit der in jedes noch so triste Leben etwas mehr Sonnenschein findet, sondern uns obendrein erinnert, dass manche Dinge nun mal größer als wir selbst sind. Eine Message, die gerade in Zeiten wie diesen nicht oft genug ausgesprochen werden kann.
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