Netflix statt Kino? Nein! Das bedeutet der große Sony-Netflix-Deal, über den die ganze Filmbranche gerade redet, nicht. Dennoch ist er sehr spannend, denn Sony hat sich quasi entschieden, wie sie mit dem Vorstoß ins Streaming-Geschäft, den die ganzen Kollegen wie Warner mit HBO Max, Disney mit Disney+ und Paramount mit Paramount+ gerade wagen, umgehen werden.
Sony, das Studio hinter Marvel-Filmen wie „Spider-Man“, „Morbius“ und „Venom“, aber auch der Videospiel-Verfilmung „Uncharted“ und dem Brad-Pitt-Actioner „Bullet Train“, hat nämlich keinen eigenen Streaming-Service. In der aktuellen Corona-Pandemie ist das ein Nachteil, denn während zum Beispiel Disney ganz spontan entscheiden kann, Filme einfach – eventuell gegen zusätzliche Gebühr – auf Disney+ zu veröffentlichen (und das beinahe weltweit), muss Sony seine Filme verschieben und guckt in die Röhre.
Also hat sich Sony mit Netflix verbrüdert und einen mehrjährigen Exklusiv-Deal mit dem Streaming-Giganten abgeschlossen – den wir euch jetzt vorstellen:
Sony-Filme bei Netflix: Was der Deal bedeutet – und was nicht
Ab 2022 hat Netflix für wohl fünf Jahre das Recht, Sony-Kinofilme als erster Streamingdienst ins Programm aufzunehmen – NACH Kinostart und auch nach Heimkino-Start. Eine parallele Veröffentlichung im Kino und zum Streamen, wie es Warner (bislang ausschließlich für 2021) mit seinen Filmen auf HBO Max plant, wird es nicht geben.
Wie groß das Zeitfenster sein wird, das sich Sony für die Kino- und Heimkino-Verwertung vorbehält, ist allerdings noch offen. Und hier gibt es Spielraum: Studios wie Paramount und Universal haben die Kinofenster ihrer Filme bereits drastisch beschnitten, Paramount zum Beispiel bringt seine kommenden Filme wie „Mission: Impossible 7“ nach nur 45 statt bisher 90 Tagen zum hauseigenen Streamingdienst Paramount+ (in Deutschland noch nicht verfügbar).
"Mission: Impossible 7" und noch mehr Kino-Hits kommen zum neuen Netflix-KonkurrentenVariety berichtet, dass ein Streamer nach Kino- und Heimkino-Start normalerweise einen Film nach ca. neun Monaten im sogenannten „Pay 1 Window“ zeigen kann – dass dieser Ablauf für Netflix aber durchaus beschleunigt werden könnte.
Das bedeutet, dass Filme wie „Morbius“ und „Uncharted“, die im Januar bzw. Februar 2022 ins Kino kommen, auf jeden Fall noch 2022 bei Netflix zu sehen sein werden – und vielleicht sogar schon im Spätsommer oder Herbst. Doch hier kommt die nächste Ausnahme: Der Deal gilt nur für die USA!
In den USA bei Netflix – und was ist mit Deutschland?
Jetzt stellt sich natürlich zu Recht die Frage, warum das für Leser*innen in Deutschland interessant sein sollte. Klar, der Deal zwischen Sony und Netflix wurde erst einmal für die USA beschlossen. Aber das bedeutet auch einen Vorstoß – der dann irgendwann auch auf andere Länder ausgeweitet werden kann. Es ist also möglich, dass in Zukunft auch ein ähnlicher Deal für Deutschland ausgemacht wird, jetzt, da die Partnerschaft zwischen Sony und Netflix schon einmal besteht.
Entscheidend werden dabei – und auch bei Deals für andere Länder – aber natürlich erst einmal bestehende Verträge sein, die die jeweiligen Länder-Abteilungen des Verleihs, bei uns also Sony Deutschland, abgeschlossen haben. Erst wenn diese auslaufen, könnten Netflix und Sony über einen Deal verhandeln. Der Grundstein für die Partnerschaft ist aber gelegt.
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Direct-to-Netflix-Filme
Außer dass Netflix als erster Streaminganbieter die Sony-Kinofilme zu sich holen und ein bestimmtes Zeitfenster lang exklusiv zeigen darf, hat Netflix nun auch die Option, Filme direkt zu veröffentlichen, bei denen Sony den Kinostart skippen will oder sowieso nur eine direkte Streaming-Veröffentlichung plant. Solche Filme könnten dann also tatsächlich als erstes bei Netflix zu sehen sein, wie es zum Beispiel schon im Vorfeld des Mega-Deals für den Sony-Animationsfilm „Die Mitchells gegen die Maschinen“ vereinbart wurde, der am 30. April 2021 zu Netflix kommt – auch in Deutschland!
Sony darf seine Filme zwar auch immer noch an andere Streaming-Anbieter verkaufen, aber immer erst, wenn Netflix abgelehnt hat – der Streamer hat das Recht, zuerst zuzuschlagen.
Der große Sony-Netflix-Deal beinhaltet außerdem, dass Netflix – wiederum erst einmal nur in den USA – viele alte Titel aus der Sony-Bibliothek ins Programm aufnehmen kann. Das ist gerade jetzt für Netflix besonders wichtig, nachdem Studios wie Disney und Warner viele ihrer Filme von Netflix abgezogen haben, um sie auf ihren hauseigenen Streamingdiensten zu veröffentlichen. So kommt Netflix endlich wieder zu noch mehr attraktivem Film-Futter für seine Abonnent*innen.
Erst ab 2022: Also noch ohne "Venom 2" und Co.
Der Deal startet erst 2022. Das bedeutet, die neue Netflix-Regelung gilt noch nicht für die 2021er-Kinofilme wie „Venom 2: Let There Be Carnage“ (deutscher Kinostart: 21. Oktober 2021) und „Spider-Man: No Way Home“ (16. Dezember 2021).
Aber 2022 geht es dann eben schon mit ähnlich großen Blockbustern weiter, wie Netflix auf Twitter auch schon verkündet hat – unter anderem kommen dann nämlich „Morbius“ mit Jared Leto (deutscher Kinostart: 20. Januar), „Uncharted“ mit Tom Holland (10. Februar) und das animierte Sequel „Spider-Man: A New Universe 2“ (13. Oktober) ins Kino. Weitere „Venom“-, Realfilm-„Spider-Man“-, „Jumanji“- und „Bad Boys“-Sequels werden dann auch unter den Deal fallen, wie Netflix betont.
Um die exklusiven US-Streaming-Rechte von Sony-Kinofilmen wurde laut Variety fast zwei Jahre lang ein erbitterter Bieterwettstreit geführt, da Sony eben nicht über einen hauseigenen Streamingdienst verfügt. Das Recht an diesem „First Pay TV Window“, wie der Veröffentlichungsschritt nach Kino- und Heimkino-Release auch genannt wird, konnte sich nun also Netflix schnappen, nachdem Sony zuvor Jahre lang mit dem US-Pay-TV-Anbieter Starz zusammengearbeitet hatte.
Wir sind sehr gespannt, wie sich die Situation für den deutschen Markt entwickelt.
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