+++ Meinung +++
„Andhadhun“ auf Netflix ist einer dieser Filme, die ich nie vergessen werde und den ich Filmfans immer gerne als Geheimtipp empfehle. Doch zu begründen, warum der schwarzhumorige Thriller aus Indien so sehenswert ist, ist gar nicht so leicht. Nicht, weil mir die Argumente fehlen, sondern weil „Andhadhun“ von Überraschungen lebt und ich so wenig wie möglich verraten möchte.
Nie zuvor habe ich einen Film gesehen, der mich mit dermaßen vielen Twists und Wendungen fesselte und mich immer wieder von einer Richtung schlagartig in die andere lenkte.
Je mehr ich also über die Details der Handlung erzählen würde, desto mehr würde ich euch die Chance nehmen, die völlig-verrückten Wendungen von „Andhadhun“ selbst zu erleben. Anstatt also zu sehr über die einzelne Szenen zu sprechen, möchte ich euch einfach all die generellen Stärken des Films nennen, ohne euch zu spoilern.
Wenn ich euch jetzt schon neugierig gemacht habe, dann lest am besten trotzdem nicht weiter und schaltet sofort Netflix ein, denn je weniger ihr im Vorfeld über „Andhadhun“ wisst, desto besser.
Darum ist "Andhadhun" ein richtiger starker Film
Um mal mit ein paar harten Fakten zu kommen: „Andhadhun“ befindet sich derzeit nicht nur auf der Liste der 250 besten Filme aller Zeiten der Filmdatenbank IMDb (Platz 193), sondern hat auch einen perfekten Rotten Tomatoes-Score von 100 Prozent (bei 15 Kritiken).
Es haben also sowohl die große Masse an weltweiten Filmfans, als auch ausgewählte Kritiker „Andhadhun“ eine Top-Bewertung verliehen.
Im Comedy-Thriller, dessen Titel ein Wortspiel ist und sowohl „blind“, als auch „dunkle Melodie“ bedeutet, geht es um den blinden Pianisten Akash (Ayushmann Khurrana), der eine junge Frau namens Sofie (Radhika Apte) kennenlernt. Die verliebt sich nicht nur in ihn, sondern verschafft ihm auch einen Job als Klavierspieler in einem Restaurant, das dem ehemals sehr erfolgreichen Schauspieler Pramod Sinha (Anil Dhawan) gehört.
Ayushmann Khurrana legt eine wahnsinnig gute Leistung als blinder Protagonist hin. Allein ihm dabei zuzusehen, wie er sich durchs Leben tastet, ist ein echtes Highlight. Auch Tabu in der Rolle von Pramod Sinhas Ehefrau Simi zeigt hier die volle Palette ihres schauspielerischen Könnens und macht einfach nur Spaß.
„Andhadhun“ hat aber noch viel mehr Qualitäten, als nur seine Darsteller*innen. Der wahre Star des Films ist die Inszenierung. Denn das verrückte Drehbuch hätte in den falschen Händen aufgrund seiner vielen Wendungen auch mächtig in die Hose gehen können.
Hitchcock trifft Tarantino trifft Bollywood
Klar, „Andhadhun“ ist ein Bollywood-Film, doch abgesehen von der ersten halben Stunde fühle ich mich eher an westliche Filmemacher erinnert als an Amitabh Bachchan oder Aamir Khan. In seinen besten Momenten wird Regisseur Sriram Raghavan zu einer Art indischem Alfred Hitchcock, wenn er einen unbedarften Normalo durch puren Zufall in eine lebensbedrohliche Situation bringt, mit den Erwartungen der Zuschauer spielt und die Spannung durch geschickte Twists in Unermessliche steigert.
„Andhadhun“ ist aber kein reiner Thriller, sondern auch eine schwarze Komödie und in diesem Aspekt scheint der Film eher von Regisseuren wie Quentin Tarantino oder Guy Ritchie beeinflusst zu sein. Zu Beginn werden nämlich einige voneinander unabhängige Figuren eingeführt, die im späteren Verlauf durch unglückliche Umstände aufeinandertreffen und somit eine Kette an wahnwitzigen Ereignissen anstoßen.
Doch selbst die makaberen und brutalen Momente des Films werden stets mit einen humorvollen Touch inszeniert, wofür ja ein Tarantino ebenfalls bekannt ist.
Wenn es jedoch einen Film gibt, mit dem ich „Andhadhun“ am ehesten vergleichen würde, dann ist es „Nur ein kleiner Gefallen“. Der gelungene Genre-Mix von Paul Feig aus dem Jahr 2018 schickt Anna Kendrick durch eine ähnlich facetten- und wendungsreiche Handlung, so dass ich nie wusste, was mich als nächstes erwartet.
„Andhadhun“ hat mir aber noch einen Tick besser gefallen, weil der indische Thriller sich trotz all seiner Richtungswechsel nie verrennt und doch stetig auf ein klares Ziel zusteuert.
Der Film wirkt, als wäre er von einem Hasen inszeniert, der einen narrativen Haken nach dem anderen schlägt. Dass ausgerechnet ein solches Langohr in „Andhadhun“ eine entscheidende Rolle spielt, verleiht dem ganzen Film noch einen letzten genialen Touch und bringt den cineastischen Zick-Zack-Lauf zu einem runden Ende.
"Andhadhun" auf Netflix nur mit Untertitel
Falls ihr jetzt noch immer nicht ganz sicher seid, ob ihr „Andhadhun“ auf Netflix eine Chance geben wollt, dann könnt ihr euch hier auch den Trailer ansehen. Dem gelingt sogar das kleine Kunststück, Lust auf den Film zu machen, ohne all zu viel zu verraten (vor allem, da er im Originalton ist). Wenn ihr „Andhadhun“ aber ohnehin gucken wollt, dann rate ich euch trotzdem, auf den Trailer zu verzichten.
Einen Wermutstropfen gibt es allerdings. Solltet ihr zu denjenigen gehören, die Untertitel absolut nicht ausstehen können, könnte euch das abschrecken. Denn Netflix hat für „Andhadhun“ keine deutsche Synchronfassung parat.
Im Film wird nur stellenweise Englisch, größtenteils aber Hindi gesprochen, sodass ihr wohl nicht drum herum kommt, Untertitel zu verwenden. Das sollte euch aber bitte nicht davon abhalten, euch dieses Netflix-Juwel anzusehen.