+++ Meinung +++
Vielleicht bin ich der Ankündigung von „Welcome To The Blumhouse“ mit etwas zu viel Naivität begegnet. Aber eine Reihe von Horror- bzw. Genrefilmen von der erfolgreichsten Horrorschmiede der vergangenen Jahre, die pünktlich vor Halloween auf Amazon Prime Video frei Haus geliefert wird – das klang einfach verdammt gut.
Natürlich kann nicht jeder Film ein „Halloween“ oder „Get Out“ sein, aber die meisten Hits von Jason Blum – auch die, die mir unterm Strich weniger gefallen haben wie zum Beispiel „Happy Deathday“ – sind wenigstens kreativ genug, um auch tatsächlich irgendetwas Neues zu bieten und so etwas Schwung in das angestaubte Genre zu bringen.
Das hätte ich mir auch von den ersten beiden „Welcome To The Blumhouse“-Filmen gewünscht, die ihr seit dem 6. Oktober mit eurem Prime-Abo bei Amazon gucken könnt …
›› Black Box auf Amazon Prime Video*
›› The Lie auf Amazon Prime Video*
... doch ich wurde gleich zwei Mal bitter enttäuscht.
"Black Box": "Black Mirror" für Arme
Die Geschichte von Nolan (Mamoudou Athie), der bei einem Unfall nicht nur seine Frau, sondern auch sein Gedächtnis verliert, erinnert spätestens dann an die Erfolgsserie „Black Mirror“, wenn moderne Technologie seine Heilung bewirken, seinen Zustand umkehren und seine Erinnerungen wieder herstellen soll. Tatsächlich hätte das Ganze als „Black Mirror“-Folge aber wohl wesentlich besser funktioniert.
Zum einen ist „Black Box“ nämlich deutlich zu lang. Nolans Suche nach seinem wahren Ich ist per se zwar nicht total unspannend, wird aber schlicht mit zu vielen unnötigen Szenen gestreckt. So richtig mitfiebern will man nicht, abgesehen davon, dass man eigentlich eh recht früh raus hat, wohin die Geschichte führt.
Ab einem gewissen Punkt geht aber auch noch die Glaubwürdigkeit völlig flöten. Ohne zu viel vorwegzunehmen (wer den Film gesehen hat, weiß wohl sofort, was gemeint ist), sind vor allem die Entwicklungen im letzten Drittel kaum noch nachvollziehbar und ziemlich an den Haaren herbeigezogen.
Der vermeintlich schockierende, vor allem aber arg konstruierte Twist könnte vielleicht sogar noch funktionieren, wenn man die ohnehin zu lange Laufzeit wenigstens dafür genutzt hätte, den Figuren Zeit für ihre Entwicklung zu geben. So aber verläuft am Ende auch noch die Performance von Hauptdarsteller Athie, die bis dahin auf jeden Fall zu den (wenigen) Stärken des Films gehört, im Sand eines lückenhaften Drehbuchs.
"The Lie": Lachnummer statt Hochspannung
Bereits im September 2018 feierte „The Lie“ – das US-Remake des deutschen Films „Wir Monster“ – Premiere beim Toronto International Film Festival. Es dauerte also satte zwei Jahre bis zur offiziellen Veröffentlichung des Films, den ganz offensichtlich niemand wollte. Und jetzt weiß man auch, warum.
Die Geschichte um eine Jugendliche (Joey King), die ihre Freundin tötet und schließlich von ihren Eltern (Peter Sarsgaard und Mireille Enos) gedeckt wird, jede Menge Zündstoff und zweifelsohne Potenzial für einen guten Thriller. Obendrauf noch ein Darsteller-Trio, dass sich die Seele aus dem Leib spielt. Da kann eigentlich nicht mehr viel schief gehen. Eigentlich.
Wer bei „Black Box“ schon mit den Augen rollt, wird bei „The Lie“ gar nichts anderes mehr tun – und würde damit wenigstens einen Großteil des Films verpassen. Denn wohl nur durch Wegschauen kann man sich den schmerzhaft offensichtlichen Logiklöchern entziehen, die einem reihenweise aufs Auge gedrückt werden. Der Film bekommt dadurch gar nicht erst die Gelegenheit, einen Spannungsbogen zu zerstören, weil es den ganz einfach nicht gibt.
Und weil das Beste bekanntlich zum Schluss kommt, gibt’s zur Krönung auch noch eine Enthüllung, bei der ich wirklich nicht mehr anders konnte als lauthals aufzulachen. Und das passiert mir wirklich selten, wenn ich einen Film allein gucke – und noch seltener bei Thrillern.
Ich kenne das Original ja nicht, und ich bin mir sicher, dass „The Lie“ auch das Zeug zu einem intensiven, realistischen Familien-Thriller-Drama gehabt hätte, der den inneren Konflikt der Familie auf sein Publikum überträgt, das sich anschließend womöglich selbst fragen könnte: Wie würde ich wohl handeln?
Da aber praktisch nichts von dem Sinn macht, wie die Figuren im Film handeln und das alles am Ende dann auch noch mit einem lächerlichen Twist ausgehebelt wird, ist „The Lie“ nicht nur ein schlechter Thriller, sondern vor allem auch ein missratener Film.
„Welcome To The Blumhouse“? Kann ja nur besser werden!
So geht’s weiter mit "Welcome To The Blumhouse"
Ganze acht Filme soll „Welcome To The Blumhouse“ zumindest vorerst umfassen. Bislang erinnert das Horror-Universum aber nicht gerade an die supererfolgreichen Kinohits des Studios. Stattdessen könnte man fast den Eindruck bekommen, man würde Amazon Prime Video als Resterampe für jene Filme nutzen, die im Kino vermutlich ohnehin nie eine Chance gehabt hätten.
Bevor 2021 dann vier neue Kapitel der Familien-Horror-Reihe ins Haus stehen, werden wir bereits in der kommenden Woche sehen, ob das Ganze vielleicht doch noch besser wird – denn die beiden nächsten „Welcome To The Blumhouse“-Filme erscheinen am 13. Oktober bei Amazon.
„Nocturne“ dreht sich um eine von Neid und Ehrgeiz zerfressene Pianistin, die mithilfe eines geheimnisvollen Buches große Macht erlangt. In „Evil Eye“ steht eine Mutter der großen Liebe ihrer Tochter im Weg, weil sie in ihrem Partner die Reinkarnation jenes Mannes sieht, mit dem sie selbst vor vielen Jahren in einer gewalttätigen Beziehung gefangen war.
"The Lie", "Black Box" und Co.: Alle 4 Trailer zum neuen Horror-Universum auf Amazon*Bei den Links zum Angebot von Amazon handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diese Links erhalten wir eine Provision.