Dieser Text erschien bereits zur TV-Austrahlung von „Star Wars 4: Eine neue Hoffnung“ im Oktober 2019; am heutigen 21. August um 20:15 Uhr zeigt ProSieben den Film erneut, also veröffentlichen wir den Artikel ein weiteres Mal
„Star Wars: Episode 4“ ist der erste veröffentlichte Film der Reihe. 1977 wurde er einfach nur als „Star Wars“ bzw. hierzulande als „Krieg der Sterne“ in die Kinos gebracht (Episodennummer und Untertitel folgten erst bei der Wiederveröffentlichung 1981). Aber auch ohne die Kennzeichnung als vierte Episode wurde den Zuschauern fix klar, dass sie hier nicht den Beginn einer Geschichte sehen.
Im Lauftext heißt es nämlich gleich am Anfang: „Die Rebellen, deren Raumschiffe von einem geheimen Stützpunkt aus angreifen, haben ihren ersten Sieg gegen das böse galaktische Imperium errungen.“ Aber bis dieser Sieg dann tatsächlich über die Kinoleinwände flimmerte, sollten noch fast 40 Jahre vergehen – das Spin-off „Rogue One“ startete 2016 und war keine Idee von George Lucas.
Die unvorbelasteten Zuschauer von 1977 sahen mit „Star Wars“ also einen Film, der mittendrin in einer völlig unbekannten Geschichte und einer völlig unbekannten Galaxis beginnt.
Zudem spielt der Film laut Lauftext in der Vergangenheit („Es war einmal vor langer Zeit…“), obwohl er doch wie eine Zukunftsvision aussieht und Roboter mit rätselhaften Namen die Protagonisten zu sein scheinen. Hätte es die Bezeichnung damals schon gegeben, wäre „WTF???“ ein passender Kommentar gewesen.
Heute, wo viele Zuschauer „Episode 4“ zum 1138-sten Mal gucken und dabei die anderen „Star Wars“-Filme im Kopf haben, fällt es natürlich sehr viel schwerer, mit unbefleckten Augen hinzusehen. Aber wenn man es versucht, wird klar, wie fremd diese Filmwelt beim ersten Mal gewesen sein muss – und wie vorbildlich Lucas seine Zuschauer vor allem mit inszenatorischen Mitteln durch die Handlung leitet.
"Star Wars" funktioniert ohne Dialoge
Lucas sagte mehrfach, dass seine „Star Wars“-Teile im Grunde wie Stummfilme funktionieren würden (also ohne Dialoge, nur mit Bildern und Musik). Das stimmt sicher nicht in jeder einzelnen Szene – aber vor allem beim Auftakt von „Star Wars 4“ würde man das Wesentliche tatsächlich auch ohne die Dialoge verstehen. Denn Lucas schuf hier Kino im reinsten Sinne!
Ein Eröffnungsbild, das alles sagt:
Weltall. Die Kamera schwenkt nach unten, bis die Atmosphäre eines Wüstenplaneten zu sehen ist. Von rechts oben fliegt ein kleines Raumschiff ins Bild, das unter schwerem Beschuss steht. Kurz darauf wissen wir, wer der Verfolger ist: ein riesiges, dreieckiges Raumschiff pflügt in den Bildausschnitt – es scheint einfach nicht zu enden und nimmt bald einen beträchtlichen Teil des Platzes auf der Leinwand ein.
Gut Vs. Böse
Dieses Auftaktbild ist legendär. Lucas inszeniert hier in einer einzigen Einstellung die Überlegenheit des Bösen – was dem Zuschauer auch völlig ohne Kontext sofort einleuchtet. Und als wenig später das Innere eines Raumschiffs zu sehen ist, durch das drei Roboter laufen, kann es sich nur um das unterlegene, fliehende Schiff der Guten handeln: Schließlich sind die Wände schneeweiß.
Damit ist das Wichtigste bereits nach gut zweieinhalb Minuten Film klar, obwohl wir ohne umfangreiche Exposition in die Handlung geschmissen wurden und niemand auch nur ein Wort gesprochen hat. Es ist klar: Die Guten sind am Arsch! Dann zieht Lucas die Spannungsschraube sofort weiter an, wenn die Rebellensoldaten an Bord des unterlegenen Kreuzers vor einer Tür in Stellung gehen, die bald darauf explodiert. Gepanzerte Soldaten in fiesen, an Fratzen erinnernden Helmen strömen durch die Tür und die Guten ergreifen die Flucht. Auftritt Darth Vader!
Lucas weiß, was er an seinem Illustrator Ralph McQuarrie hatte, der den Look von „Star Wars“ prägte wie kein Zweiter. Ohne McQuarrie hätte er das zweifelnde Studio 20th Century Fox nicht überzeugen können, „Star Wars“ zu finanzieren – und ohne McQuarrie wäre Vader nicht der furchterregende Maskenmann mit den schwarzen toten Augen und dem charakteristischen Helm, der in „Star Wars 4“ durch den Rauch und die kaputte Tür in die Handlung platzt. Auch hier ist schon alles klar, bevor der erste Ton von Vaders bassiger Stimme ertönt.
Die anderen wichtigen Figuren etabliert Lucas ebenfalls in prägnanten Einstellungen: Leia (Carrie Fisher), eine Frau der Tat, versteckt die Todessternpläne in einem Roboter und sieht dabei bedrohlich zwischen zwei Wänden eingekeilt trotzdem entschieden aus:
Und Luke Skywalkers Blick in den Zwillingssonnenuntergang, den wir kurz nach seinem ersten Auftritt sehen, wollen wir einfach nur wirken lassen:
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