+++ Meinung +++
Als Redakteur für eine Filmseite bin ich in Sachen Kino normalerweise nicht nur ganz gut informiert, sondern oft sogar besser als mir lieb ist. Denn wenn ich etwa über einen Trailer schreiben soll, will ich den dafür auch gesehen haben. Da ist es egal, ob mich ein Film nun nicht die Bohne interessiert oder ob er ganz oben auf meiner Watchlist steht (und ich ihn am liebsten möglichst ohne Vorkenntnisse sehen würde – also auch ohne den Trailer zu kennen).
Dementsprechend selten kommt es vor, dass ich auf einen Film stoße, der mich neugierig macht, von dem ich praktisch gar nichts weiß und obendrein auch direkt geschaut werden kann. Doch genau so erging’s mir kürzlich mit „Villains“ auf Amazon Prime Video* – der mich am Ende sogar ein wenig begeisterte.
"Villains": Man muss das Rad nicht neu erfinden
Okay, mit der Geschichte eines kriminellen Pärchens, das in einem vermeintlich perfekten Vorortheim einsteigt und im Handumdrehen selbst zum Opfer der geisteskranken Hausbesitzer wird, gewinnt man wohl noch keinen Blumentopf.
Den Unterschied machen erst Robert Olsen und Dan Berk, die sich ihrer Stärken nach drei gemeinsamen Filmen offenbar bewusst sind – und die für ihren jüngsten Film eine simple Idee mit jeder Menge schwarzem Humor, einer mutig-frechen Inszenierung und einem bärenstarken Cast anreicherten. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen:
„Villains“ ist zwar ein kleiner, aber wahnsinnig charmanter, verschrobener, fieser und höchst unterhaltsamer Horror-Thriller, der nicht nur spannend ist, sondern auch noch richtig Spaß macht!
Der Schlüssel: Gut aufgelegte Stars und ein launiges Drehbuch
Exzentrisch, ironisch und auch ein wenig Banane, gewinnt „Villains“ den Zuschauer gleich zu Beginn, wenn Mickey (Bill Skarsgård) und Jules (Maika Monroe) mit übergezogener Tauben- bzw. Einhornmaske völlig planlos eine Tankstelle überfallen, nur um kurz darauf mit ihrem Fluchtwagen auf der Straße liegen zu bleiben. Auf die Idee zu tanken, sind die beiden nämlich nicht gekommen. Egal, denn im Gegenzug dafür gibt's etwas viel Wichtigeres – die Sympathien des Publikums.
Kriminelle Genies sind die beiden keine. Und so dauert es nicht lange, bis sich das Gaunerpärchen auch schon in der nächsten misslichen Lage befindet – denn sie laufen ebenso zielsicher wie ahnungslos in die Arme eines psychopathischen Ehepaares (Jeffrey Donovan und Kyra Sedgwick): Der Vater mit einem unheimlichen Zahnpasta-Lächeln, dass es einem die Nackenhaare aufstellt, die sexgeile Mutter mit einem Sprung in der Schüssel – und dann ist da natürlich noch das kleine Mädchen, das im Keller angekettet ist.
Das macht einen wilden Genre-Cocktail zwischen Horror und Komödie, Satire und Home-Invasion-Thriller, rausgerissenem Piercing und Koks als Lebensretter, der in seiner angenehmen Lauflänge von knapp 90 Minuten keine Sekunde Langeweile aufkommen lässt – was nicht zuletzt auch an dem großartigen Darstellergespann liegt.
Bill Skarsgård und Maika Monroe haben sich unter anderem als Pennywise in der „ES“-Neuverfilmung bzw. mit Perlen wie „The Guest“ und „It Follows“ ohnehin längst im Genrefilm etabliert und harmonieren in „Villains“ auch ganz wunderbar miteinander – als charmant-verpeiltes, im Herzen gutmütiges Bonnie-und-Clyde-Duo, das es zur falschen Zeit an den falschen Ort verschlägt.
Noch besser sind allerdings Jeffrey Donovan („Burn Notice“) und Kyra Sedgwick („The Closer“) als mörderisches Ehepaar, bei dem die eine oder andere Sicherung durchgebrannt ist. Wenn die beiden einfach seelenruhig bleiben, während eine Waffe auf sie gerichtet wird – bewaffnet bloß mit einem süffisanten Grinsen und einem leeren, fast schon leblosen Blick –, dann jagt einem das jedenfalls mehr Angst ein als ein Serienmörder, der einen Kettensäge-schwingend durch den Wald jagt.
"Villains" bei Amazon, iTunes & Co. streamen
„Villains“ ist derzeit exklusiv auf Streaming-Plattformen wie iTunes und Amazon Prime Video* verfügbar – dort konnte der Film bis vor kurzem auch noch für 4,99 Euro geliehen werden, derzeit gibt's allerdings nur noch die Kaufoption für 9,99 Euro. In meinem Fall bedeutet das insgesamt 14,98 Euro, aber egal, denn nach meiner Zweitsichtung, für die ich den Film nun gekauft hab', nachdem ich ihn wenige Tage zuvor geliehen hatte, kann ich sagen: „Villains“ geht immer wieder.
Einziger Nachteil für Synchro-Verfechter: Der Film ist derzeit nur im englischen Originalton verfügbar, dafür aber mit Untertiteln. Das solltet ihr vor einem Kauf auf jeden Fall beachten.
Auf DVD oder Blu-ray gibt es den Film derzeit nicht – zumindest nicht in Deutschland.
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