Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen sind seit vielen Jahrzehnten Geschichte, doch die Aufarbeitung über dieses düstere Kapitel der Menschheitsgeschichte ist vermutlich niemals wirklich abgeschlossen. Wie viele Geschichten es nach wie vor zu erzählen gibt, wird immer wieder auch im Kino deutlich.
In „Geheimnis eines Lebens“ hat sich Regisseur Trevor Nunn („Lady Jane – Königin für neun Tage“) mit einer ganz besonderen Frau beschäftigt, die ein ziemlich außergewöhnliches Leben geführt hat und eine zentrale Rolle für den Wettlauf um die Atombombe gespielt hat...
Darum geht es in "Geheimnis eines Lebens"
In dem Drama von 2019 wird die Geschichte der Engländerin Joan Stanley (Judi Dench, in jung: Sophie Cookson) erzählt, die im Zweiten Weltkrieg für Russland Militärgeheimnisse der westlichen Mächte ausspioniert. Stanley studiert in Cambridge Physik und ist zunächst nicht sonderlich politisch. Als sie sich allerdings in Leo Galich (Tom Hughes) verliebt, beginnt sie sich mit dem Kommunismus zu beschäftigen und wird Sympathisantin der Sowjetunion.
Stanley wird bei der britischen Regierung angestellt und sitzt an der Quelle der britischen Nuklearforschung. Als sie erkennt, dass das Kräftemessen zwischen Ost und West zur totalen Zerstörung führen könnte, beginnt sie geheime Informationen über die Atombombe nach Russland zu schmuggeln, um ein Gleichgewicht zwischen den Nationen herzustellen.
Erst im Jahr 2000, also ein halbes Jahrhundert nach ihrer Arbeit als Spionin, wird sie von ihrer Vergangenheit eingeholt und das MI5 klopft an ihre Tür...
Diese wichtige Spionin versteckt sich hinter Judi Denchs Rolle
Tatsächlich basiert „Geheimnis eines Lebens“ auf einer wahren Geschichte, die von der Autorin Jennie Rooney 2014 im Roman „Red Joan“ niedergeschrieben und veröffentlicht wurde. Die britische Spionin, die Militärgeheimnisse an die Sowjetunion weiterleitete, gab es wirklich. Allerdings heißt sie nicht Joan Stanley, sondern Melita Norwood.
Norwood arbeitete als Sekretärin des Institutsdirektors für die britische Forschungsvereinigung und hatte regelmäßig Akten der höchsten Geheimhaltungsstufe über den Bau der Atombombe auf ihrem Schreibtisch. Neben ihrem eigentlichen Job arbeitete Norwood für das NKWD (Innenministerium der UdSSR), die GPU (Geheimpolizei der Sowjetunion), das MGB (Ministerium für Staatssicherheit) und den KGB.
So bedeutend war Norwoods Spionage
Die Informationen, die die britische Spionin an Russland weitergab, waren für den nuklearmilitärischen Fortschritt der Sowjetunion tatsächlich von großer Wichtigkeit. Innerhalb von zwei Jahren konnte das Wissen über die Atombombe so ausgebaut werden, dass man mit dem Westen mithalten konnte.
Und genau darum ging es Norwood in erster Linie: Machtverhältnisse auszugleichen. Erst 1992 wurde Norwood enttarnt, aber vom MI5 niemals belangt. Sie selbst hat übrigens auch nicht eingesehen, dass sie mit ihrer Arbeit Hochverrat begangen hat, sondern wollte in erster Linie militärische Gleichstellung zur Friedenssicherung erreichen. Für ihre Spionage hat sie außerdem niemals einen finanziellen Lohn angenommen.
Wer jetzt mehr über Melita Norwood erfahren will, der kann „Geheimnis eines Lebens“ nun auf Netflix schauen. Er sei allerdings gewarnt. Wir finden das Biopic ganz schön bieder.
Geheimnis eines Lebens