Nach Fatih Akins mit dem Golden Globe ausgezeichneten „Aus dem Nichts“ geht es nun auch Jan Bonny („Gegenüber“) offensichtlich nicht darum, die Taten des NSU in einem biographischen Drama nachzuerzählen. Stattdessen nutzt er die abscheulichen Verbrechen als Ausgangspunkt, um in einer (halb-)fiktiven Erzählung seinen ganzen angestauten Ekel zum Ausdruck zu bringen – und das gelingt ihm auf eine Weise, die „Wintermärchen“ zwar nur schwer erträglich, aber deshalb nicht weniger gelungen macht. Kein Wunder also, dass er es mit dem Film in den prestigeträchtigen, für widerborstige Beiträge bekannten Wettbewerb beim Filmfestival in Locarno geschafft hat.
WintermärchenDie Terrorzelle um Tommi (Thomas Schubert), Becky (Ricarda Seifried) und Maik (Jean-Luc Bubert) lungert zunächst in einer viel zu kleinen Kölner Wohnung herum. Man schreit sich frustriert an, wenn es nicht mal mehr mit dem Ficken klappt, während sie darauf warten, endlich Ausländer töten zu können. Hier geht es nie wirklich um die dahinterstehende Ideologie – die wird nur als Rechtfertigung genutzt, um die eigenen Triebe rechtfertigen zu können. Denn nach dem Morden klappt es auch wieder mit der Orgie. Und so kommen wir dann am Ende unserer 4-Sterne-Kritik auch zu dem Fazit: „Jan Bonny wirft in seinem wuchtigen ‚Wintermärchen‘ einen schmerzhaft schonungslosen Blick in eine Terrorzelle, die wahllos mordet, vögelt und sich selbst zerfleischt.“ Ja, das ist ein etwas anderer Blick auf das gastfreundschaftliche Deutschland, das Sönke Wortmann noch 2006 in seiner WM-Doku „Deutschland. Ein Sommermärchen“ abgefeiert hat.
„Wintermärchen“ startet bereits am 21. März 2019 in den deutschen Kinos.