Auf die Frage von Moderatorin Anke Engelke, ob die Leute denn von den Preisträgern überrascht sein werden, antwortete der diesjährige Jury-Präsident Tom Tykwer („Lola rennt“, „Babylon Berlin“) ganz jovial: „Fifty-Fifty!“ Und mit dieser Einschätzung hat er wohl eher noch untertrieben – denn die Auszeichnung mit dem Goldenen Bären für das rumänische Intimitäts-Experiment „Touch Me Not“ war für die meisten Experten mehr als nur eine faustdicke Überraschung. Auf der anderen Seite war es genau die richtige Wahl, denn die Jury hatte schon zu Beginn der Festspiele verkündet, dass man in diesem Jahr vor allem mutiges, Grenzen niederreißendes Kino auszeichnen wolle. Und da hat es mit dem Film von Adina Pintilie sicherlich nicht den falschen Wettbewerbsbeitrag getroffen, selbst wenn andere Filme wie zum Beispiel „Transit“ oder „In den Gängen“ bei Filmkritikern und Publikum im Schnitt besser angekommen waren.
„Touch Me Not“ treibt ein provokantes Spiel mit dokumentarischen und inszenierten Szenen, bei dem sich das Publikum nie ganz sicher sein kann, wo das eine aufhört und das andere anfängt. Thematisch geht es um verschiedene Formen von Intimität – und den Problemen damit. So sträubt sich die Protagonistin Laura Benson etwa vor jeder Berührung eines Mannes. Deshalb ruft sie sich Callboys, die dann vor ihr Duschen und Onanieren sollen. Parallel dazu erzählt „Touch Me Not“ von den therapeutischen Begegnungen des an spinaler Muskelatrophie erkrankten Christian Bayerlein und des isländische Schauspielers Tómas Lemarquis, dem die Berührungen zu Beginn vor allem wegen des Sabbers um die Mundpartie seines Gegenübers schwerfallen. So entpuppt sich der Film als in laborartig-sterilen Settings angesiedeltes Leinwandexperiment, in dessen Zentrum stets Körper stehen - manche unversehrt, andere missgebildet, einige wollen berührt werden, wieder andere sträuben sich dagegen.
Touch Me Not„Touch Me Not“ startet am 1. November 2018 in den deutschen Kinos.