„Brügge sehen… und sterben?“ (Martin McDonagh, 2008)
Das ist der Cliffhanger: Harry (Ralph Fiennes) jagt Ray (Colin Farrell) durch die malerische Altstadt von Brügge. Aus Versehen erschießt er bei der Verfolgung den kleinwüchsigen Jimmy (Jordan Prentice). Da dessen Gesicht von Harrys Dum-Dum-Geschossen zermatscht wurde, erkennt ihn dieser nicht mehr als erwachsenen Mann und glaubt, er habe ein Kind erschossen. Seinem eigenen Kodex folgend schießt er sich daraufhin selbst in den Kopf. Ray, der bereits von einigen der Patronen getroffen wurde, schafft es nicht mehr, ihn davon abzuhalten und bricht noch am Ort des Geschehens zusammen. Während er blutend in einen Krankenwagen eingeladen wird, hört das Publikum seine Gedanken („Ich hab’ mir so gewünscht, dass ich nicht sterbe“) und der Film endet.
So wird die Situation aufgelöst: Ob Ray das Weiterleben letztendlich verdient hat, lässt Martin McDonagh das Publikum selbst entscheiden. Eine definitive Antwort gibt es nicht.
Deshalb finden wir das passend: Ray befindet sich in Brügge sprichwörtlich im Limbo, wo er auf sein Urteil wartet. Während Harry wie ein alttestamentarischer Gott argumentiert, Kindermörder wie Ray würden das Leben nicht verdienen, glaubt sein Kollege Ken (Brendan Gleeson) an das Gute in ihm und stirbt dafür sogar den Märtyrertod (so wie Brian in „Das Leben des Brian“). Der ganze Film ist ein cleveres Spiel mit katholischer Mythologie und den Implikationen einer absoluten Gerechtigkeitsauslegung. Dass am Ende der Zuschauer selbst zum Richter ernannt wird, ist elementar, eine Version in der Ray einfach überlebt oder stirbt würde der moralischen Frage im Zentrum nicht gerecht werden.
Deshalb ist es auch ein wenig gemogelt, dass der Film überhaupt in unserer Übersicht auftaucht – eine Fortsetzung kommt hier schließlich gar nicht wirklich in Frage. Aber auch das ist eine Option und die Frage „Wie geht es weiter?“ ist auch hier wesentlich.