Ich finde, „Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie“ ist ein richtig guter deutscher Filmtitel. Tatsächlich finde ich ihn sogar besser als das relativ langweilige und austauschbare Original „Before I Fall“. Diese Meinung teilen zwar nicht alle bei uns in der Redaktion, aber mir gefällt der poetische Klang des (zugegeben ziemlich langen) Titels, der sehr gut zur Prämisse des übernatürlichen Young-Adult-Dramas passt: Teenagerin Samantha (Zoey Deutch) stirbt darin schließlich bei einem Autounfall und erlebt danach nicht etwa ihr ganzes Leben, sondern den Tag vor ihrem Tod immer und immer wieder.
Hollywood-Filme (und -Serien) und die dazugehörigen deutschen Titel sind ein Thema, das in schöner Regelmäßigkeit für Aufregung, Unglauben und nicht zuletzt Spott sorgt, kürzlich etwa bei „Thor: Ragnarok“, der mittlerweile in Deutschland – wenig spannend und einfallsreich – „Thor: Tag der Entscheidung“ heißt. Aufgrund des massiven Protestes sah sich Marvel Deutschland hier sogar zu einer (allerdings wenig aussagekräftigen) Erklärung genötigt. Negative Beispiele gibt es also mehr als genug (und in einem Special haben wir einige davon zusammengetragen). Doch es gibt sie tatsächlich, die gelungenen deutschen Filmtitel. Und meiner Meinung sollte es davon noch viel mehr geben.
Mir ist natürlich klar, dass wahrscheinlich keine hehren Ziele hinter der Entscheidung für „Wenn du stirbst...“ stecken, sondern knallhart abgewogene wirtschaftliche Überlegungen. Die Buchvorlage von Lauren Oliver heißt in der deutschen Übersetzung schließlich genauso. Daher versprach man sich von einem Film, der denselben Titel trägt wie die Buchvorlage, aufgrund des Wiedererkennungswertes vermutlich größere Erfolge an der Kinokasse.
Und trotzdem möchte ich „Wenn du stirbst...“ hier als positives Beispiel hervorheben. Denn vielen Verleihern fehlt momentan noch der Mut, es bei einem einfachen deutschen Titel zu belassen. Neben einigen wortwörtlichen Übersetzungen wie „Der dunkle Turm“ und den vielen, vielen Filmen, die auch hierzulande unter dem Originalnamen laufen – hauptsächlich internationale Marken wie „Baywatch“, Superheldenfilme wie „Wonder Woman“ oder Fortsetzungen wie „Alien: Covenant“ –, sind nämlich vor allem Mischtitel verbreitet: Meistens wird das Original beibehalten oder leicht abgewandelt und dann mit einem wahlweise erklärenden oder vermeintlich lustigen Zusatz versehen. Auf unserer Liste der meisterwarteten Filme findet sich aus dieser Kategorie aktuell etwa die Anna-Kendrick-Komödie „Table 19“, die den grauenhaft augenzwinkernden Untertitel „Liebe ist fehl am Platz“ verpasst bekommen hat – damit auch jeder weiß, dass es sich dabei um eine romantische Komödie handelt.
Natürlich haben auch solche Hybride ihre Daseinsberechtigung. Wenn der neueste Teil von „Star Wars“ nämlich „Die letzten Jedi“ heißt oder der jüngste „Pirates Of The Caribbean“-Film den Untertitel „Salazars Rache“ trägt, kann das zwar ein echter Zungenbrecher sein, ist aber aus Vermarktungsgründen nachvollziehbar – die Marke bleibt erhalten, gleichzeitig wird der Titel aber auch an den lokalen Markt angepasst. Aber was spricht bitte dagegen einen Film wie „Table 19“ einfach komplett umzubenennen? Es ist ja nicht so, dass hier das Wiedererkennungspotential einer international verbreiteten Marke in Gefahr geriete.
Da lobe ich mir doch Titel wie „Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie“. In diesem Fall, wie auch bei den ebenfalls gelungenen „Sieben Minuten nach Mitternacht“ (OT: „A Monster Calls“) und „Tote Mädchen lügen nicht“ (OT: „13 Reasons Why“), mag die gleichnamige Buchvorlage bei der Wahl eine Rolle gespielt haben. Doch es gibt auch originale Filme, die einen mutigen (und gelungenen!) deutschen Titel tragen: Das Polit-Drama „Die Erfindung der Wahrheit“ (OT: „Miss Sloane“) mit Jessica Chastain etwa oder der Mike-Mills-Film „Jahrhundertfrauen“ (OT: „20th Century Women“). Bitte in Zukunft mehr davon!