Nikkatsu gehört zu den bekanntesten japanischen Filmfirmen. Die bereits 1912 erstmals und 1954 erneut gegründete Firma hatte in den 50er und 60er Jahren vor allem eigenwillige Regisseure wie Shōhei Imamura („Pigs And Battleships“) und Seijun Suzuki („Tokyo Drifter“), deren Werke beim Studio aber nicht immer auf Anklang stießen, unter Vertrag. Die größten Erfolge feierte Nikkatsu von 1971 bis 1988 mit ihrer sogenannten „Roman Porno“-Serie, kleinen, aber sehr kunstfertigen Erotikfilmen. Die Regisseure bekamen damals große Freiheiten (so lange es eine festgelegte Anzahl von Sexszenen gab) und brachten so das Arthouse- und Experimental-Kino ins „Schmuddel-Genre“. Viele Regietalente nutzten diese „Spielwiese“ für ihre ersten Schritte – so Yojiro Takita, der nun zu Japans angesehensten Regisseuren gehört und dessen Drama „Nokan - Die Kunst des Ausklangs“ 2009 mit dem Oscar ausgezeichnet wurde.
2016 kündigte Nikkatsu an, dass man mehrere prominente japanische Regisseure beauftragt habe, um ein kleines Revival des „Roman Porno“ zu machen. In der Tradition der damaligen Arbeitsweise bekamen sie alle dasselbe Budget, mussten ihre Filme innerhalb von einer Woche drehen und eine bestimmte Anzahl von Sex- und Erotikszenen unterbringen. Sonst hatten sie völlige Freiheit.
Regie-Enfant-Terrible Sion Sono, der uns in den vergangenen Jahren mit Werken wie „Love Exposure“, „Guilty Of Romance“, „Why Don’t You Play In Hell?“ oder „Tag“ wiederholt verzückte, ließ sich vor allem den Punkt „völlige Freiheit“ nicht zweimal sagen. Sein Film heißt „Antiporno“ und der Titel ist wohl Programm. Sein Bilderrausch dürfte sich wohl kaum zur Triebbefriedigung von Porno-Fans eignen, sondern ist wohl eher verstörend-verqueres Experimentalkino. In Japan kommt er Ende Januar 2017 sogar in die Kinos, nachdem „Antiporno“ bereits im Herbst 2016 auf einigen internationalen Festivals lief.
Im Mittelpunkt der „Handlung“ steht Model Kioko (Ami Tomite), die sich in ihrem Appartement zu Tode langweilt. Sie wartet auf einen Redakteur, der sie interviewen will. Um sich die Zeit zu vertreiben, beginnt sie mit ihrer Assistentin (Mariko Tsutsui) ein Spiel, in dem es um Erniedrigung und das Dominieren geht. Doch nach und nach vertauschen sich die Rollen zwischen Chefin und Untergebener. Doch wie viel davon ist überhaupt Realität?