Ach, eine kleine Träne steckt mir heute schon im Knopfloch. Nach über zwei Jahren ist dies mein vorerst letzter Familienfilmtipp zum Wochenende, aber das läutet natürlich nicht das Ende guter Kinderfilme ein. So soll mein kleiner Abschied gebührend gefeiert werden - mit den drei besten Kinderfilmen, die derzeit auf DVD zu haben sind. Ich habe in dieser Kolumne während der vergangenen Monate ja bereits einige ganz tolle Filme vorstellen dürfen, aber für heute habe ich bewusst drei großartige Werke ausgewählt, die hier bisher noch keinerlei Erwähnung gefunden haben, aber trotzdem zeitlos empfehlenswert sind.
„Horton hört ein Hu!“
Horton hört was. Der Elefant, der sich seine Ohren wie eine Badekappe um den Kopf wickeln oder als Ruder im Wasser nutzen kann. Den das Känguru skeptisch beobachtet, weil er den Kindern Quatsch beibringt. Aber er hört was, auf dem kleinen Staubkorn, das da an ihm vorbeifliegt. Nur er hört es, und er hat Recht, der tollpatschige Elefant mit dem sehr zarten Herzen für das Winzige. „Horton hört ein Hu!“ ist ein Ritt durch zwei Welten zugleich, da zählen groß und klein als Kategorien nicht wirklich, die Kamera wirkt nahezu schwerelos auf ihren Fahrten auf und ab und überall hindurch. Erzählt ist das frei nach dem Kinderbuchklassiker des in Amerika hochverehrten Dr. Seuss - und bis in die Nebenfiguren und kleinsten Momente drehen die Filmemacher die Geschichte in seinem Geiste weiter... was für ein Abenteuer! Was für ein Glück! (Empfohlen ab 5 Jahren)
„Ernest und Célestine“
Einer der schönsten Zeichentrickfilme der vergangenen Jahre, eng orientiert am grafischen Stil der Kinderbücher, aus denen er entwachsen ist. Eine Welt mit klarer Grenze: Oben leben die Bären, unten die Mäuse; nachts stibitzen die Nager die ausgefallenen Milchzähne der Bärenkinder (in Frankreich gibt es nicht die Zahnfee, sondern eine Zahnmaus). Mäuse und Bären haben große Angst voreinander, es kursieren die wildesten Geschichten – und so kann es erstmal nur Ärger geben, als die beiden Außenseiter Ernest (Bär) und Célestine (Maus) sich anfreunden. Das ist Gesellschafts- und noch mehr Angstkritik ohne erhobenen Zeigefinger oder auch nur die Andeutung eines pädagogischen Vorhabens. Zugleich ist „Ernest und Célestine“ so bezaubernd, schlicht, spannend und beglückend, eben ein Film, der noch tagelang im Fell kleben bleibt. (Empfohlen ab 6 Jahren)
„Kletter-Ida“
Idas Vater ist sehr krank. Nach einem Kletterunfall am Mount Everest vor vielen Jahren ist nun plötzlich eine Krankheit ausgebrochen, die zu seinem Tod führen wird, wenn nichts dagegen getan wird. 1,5 Millionen Kronen soll die Operation kosten – aber woher nehmen, wenn nicht stehlen? Zum Beispiel aus der Bank, für die Idas Mutter das Sicherheitssystem entwickelt hat? 2002 lief „Kletter-Ida“ im Kinderprogramm der Berlinale, ein Krimi-Abenteuer mit sehr dänischem Understatement (das amerikanische Remake „Mission: Possible“ mit einer sehr jungen Kristen Stewart setzt viel stärker auf Action und Effekte). Das ist Actionkino für Kinder, „Mission: Impossible“ mit herumliegenden Windeln, ein Heist-Movie mit Go-Carts, und eine ganz zarte Liebesgeschichte, die dem Alter gemäß erzählt und trotzdem ganz und gar nicht peinlich ist. (Empfohlen ab 8 Jahren)
So long, and thanks for all the fish. Wir lesen uns hoffentlich wieder! Weitere Kinderfilm-Empfehlungen gibt es nach wie vor und weiterhin in meinem Kinderfilmblog.
Rochus Wolff, Jahrgang 1973, ist freier Journalist und lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im Grundschulalter in Berlin. Sein Arbeitsschwerpunkt ist der Kinder- und Jugendfilm; seit Januar 2013 hält er in dem von ihm gegründeten Kinderfilmblog nach dem schönen, guten und wahren Kinderkino Ausschau.
