Als Drehbuchautor Gary Goldman Anfang der 1990er Jahre die Rechte an Philip K. Dicks Kurzgeschichte „Der Minderheiten-Bericht“ von 1956 erwarb, wollte er sie nicht nur zu einem Filmskript verarbeiten, sondern am liebsten auch gleich die Inszenierung bei dem Projekt übernehmen. Da er allerdings noch keinerlei Erfahrung als Regisseur hatte, brauchte er prominente Unterstützung, um seine Verhandlungsposition gegenüber interessierten Studios zu stärken. Goldman wandte sich also an den Regisseur Paul Verhoeven, mit dem er kurz zuvor beim Sci-Fi-Hit „Total Recall – Die totale Erinnerung“ mit Arnold Schwarzenegger zusammengearbeitet hatte, der ebenfalls auf einer Story von Dick basiert („Erinnerungen en gros“ von 1966).
Verhoeven erklärte sich einverstanden, als Executive Producer einzusteigen und hatte eine folgenschwere Idee: Ihn erinnerte der Erzählton und das ganze Setting von „Minority Report“ so stark an „Total Recall“, dass er vorschlug, die Geschichte zur Grundlage einer Fortsetzung seines Mars-Actioners zu machen. Das leuchtete auch Goldman ein, zumal sich das Sequel zu einem Schwarzenegger-Blockbuster leichter verkaufen lassen würde: Also gab er seine Regiepläne vorerst auf und ließ Verhoeven den Vortritt: Aus „Minority Report“ sollte nun „Total Recall 2“ werden.
In Dicks „Minority Report“ geht es bekanntermaßen um sogenannte Precogs, Menschen, die über hellseherische Fähigkeiten verfügen und in ihren Visionen Verbrechen voraussehen können. Diese bilden die Grundlage für die Arbeit einer Polizeieinheit namens Precrime: Die zukünftigen Mörder werden verhaftet, noch bevor sie die Tat begehen. In „Total Recall 2“ sollten nun die Mars-Mutanten des ersten Films, die ebenfalls gewisse seherische Kräfte besitzen, die Funktion der Precogs übernehmen, während Arnold Schwarzeneggers Figur die Leitung der Precrime-Einheit übernommen hätte.
Von diesem groben Plan einer Fortsetzung ließen sich auch die Verantwortlichen beim Studio Carolco überzeugen, schließlich hatte „Total Recall“ allein in Nordamerika 261 Millionen Dollar eingespielt. Gary Goldman tat sich für die Ausarbeitung des Drehbuchs aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung mit Ron Shusett („Alien“) zusammen, der übrigens mit David Cronenberg in einer frühen Phase auch schon an „Total Recall“ gearbeitet hatte. Der „Die Fliege“-Regisseur hatte den Job schließlich an Verhoeven verloren, weil seine Pläne dem Studio zu exzentrisch waren (unter anderem sollte es um mutierte Kamele gehen).
Die erste von Goldman und Shusett abgelieferte „Total Recall 2“-Fassung soll auch Arnold Schwarzenegger gefallen haben, doch trotzdem versiegte dann der Geldstrom für die Produktion. Obwohl Carolco mit „Terminator 2“ und Verhoevens „Basic Instinct“ gerade zwei Megahits gelandet hatte, bilanzierte das Studio 91 Millionen Dollar Verlust und trudelte langsam in den Bankrott. Wenn „Total Recall 2“ nicht sterben sollte, mussten die Autoren einen neuen Geldgeber finden – und tatsächlich zeigte sich 20th Century Fox gesprächsbereit.
Fox wollte schließlich doch keine Fortsetzung zu einem fremden Franchise: Nun wurde aus „Total Recall 2“ wieder „Minority Report“. Immerhin behielten Gary Goldman und Ron Shusett ihren Job und wurden mit einer neuen Drehbuchfassung beauftragt, die sie 1995 vorlegten. Inzwischen war mit Jan de Bont („Speed“) auch ein neuer Regisseur gefunden worden, doch Verhoevens holländischer Landsmann konnte sich nicht mit dem Studio auf einen Hauptdarsteller einigen und musste das Projekt schließlich verlassen. Nun schmorte das Projekt wieder einige Jahre in der Produktionshölle – bis Ende des Jahrtausends Steven Spielberg auf den Plan trat. Scott Frank („Out Of Sight“) und Jon Cohen schrieben ein fast komplett neues Drehbuch, Tom Cruise wurde für die Hauptrolle engagiert und im Sommer 2002 kam „Minority Report“ dann endlich in die US-Kinos.
Die Sequel-, Prequel- und Remake-Rechte am „Total Recall“-Franchise gingen unterdessen an Dimension Films und so gab es plötzlich eine neue Chance für „Total Recall 2“. Gary Goldman und Ron Shusett bekamen von Bob Weinstein den Auftrag für ein Drehbuch zu einer Fortsetzung ohne „Minority Report“-Elemente. Der Produzent lobte die Arbeit der Autoren anschließend über den grünen Klee. Nach seiner Ansicht hatten sie den Original-„Total Recall“, den Weinstein immerhin für einen der fünf besten Sci-Fi-Filme aller Zeiten hält, noch übertroffen. Doch ein anderer potenzieller Beteiligter sah das etwas anders: Arnold Schwarzenegger fand das Buch „zu kompliziert“ und drehte lieber das verkappte Sequel „The 6th Day“ (2000). Damit war „Total Recall 2“ endgültig gestorben. Es sollte noch bis 2012 dauern, bis ein weiterer „Total Recall“-Film in die Kinos kommen würde – aber das ist eine andere Geschichte.