„Jin-Roh – Die Wolfsbrigade“
Mit „Ghost In The Shell“ schrieb Regisseur Mamoru Oshii 1995 Anime-Kinogeschichte, mit „Jin-Roh – Die Wolfsbrigade“ legte er 1999 eindrucksvoll nach. Leider ist der bleihaltige Polit-Thriller außerhalb Japans bei weitem nicht so bekannt wie „Ghost In The Shell“ oder auch „Akira“, was angesichts seiner wichtigen Themen und seiner phänomenalen technischen Umsetzung bedauerlich ist. Zur Handlung: In den Straßen Tokios herrscht nicht nur eine revolutionäre Stimmung gegen das Militärregime, auch innerhalb der Reihen der Ordnungshüter herrscht Spannung. Um dem Terror in der Stadt Einhalt zu gebieten, gründet die Hauptstadtpolizei heimlich eine schwer bewaffnete Spezialeinheit namens „Wolfsbrigade“ (= Jin-Roh), zu der sich auch Kazuki Fuse zählt. Als sich der Spion in die ältere Schwester einer Selbstmordattentäterin verliebt, gerät er zwischen die Fronten der Rebellen und der Regierung…
Wie schon in „Ghost In The Shell“ setzt sich Oshii auch hier wieder mit komplexen Themen wie Identitätssuche, Zugehörigkeitsgefühl und Terrorismus auseinander – und auch bei „Jin-Roh“ kommt er zu dem Schluss, dass das Individuum (sei es ein mit menschlichen Gefühlen ausgestatteter Cyborg oder ein zum kaltblütigen Mord trainierter Söldner) fähig ist, selbst in einer technokratischen und totalitären Gesellschaft moralische Entscheidungen zu treffen. Bemerkenswert ist der Anime aber auch wegen des ambitionierten Versuchs, das Grimmsche Märchen „Rotkäppchen“ (Fuse ist der Wolf und Amemiya das Rotkäppchen) im Gewand einer dystopischen, an blutrünstigen Szenen nicht sparenden Liebesgeschichte zu präsentieren. Visuell werden die so dramatischen wie tragischen Geschehnisse in bedrückend düstere, mit größter Detailgenauigkeit realisierte Nacht- und Untertageszenarien gebettet. Da wundert es uns wenig, dass erst kürzlich eine Realverfilmung des Anime-Meisterwerks (von „I Saw The Devil“-Regisseur Kim Jee-Woon) angekündigt wurde.