Als Disney den ersten Trailer zur „Dschungelbuch“-Realverfilmung „The Jungle Book“ veröffentlichte, hallte nur kurze Zeit später ein Kritiker-Echo durch die Kommentarbereiche vieler Online-Plattformen. Die einen störten sich am scheinbar düsteren Grundton, wohingegen die anderen fürchteten, die Magie des Disney-Klassikers von 1967 würde in einem rauschenden Effektfeuerwerk untergehen. Zwar können wir noch keine finale Einschätzung darüber abgeben, inwiefern diese Mutmaßungen letztlich auf „The Jungle Book“ zutreffen. Doch kürzlich nahmen wir an der Präsentation einiger ausgewählter Szenen teil, lauschten den Ausführungen von Regisseur Jon Favreau („Iron Man“) und wollen daher zumindest das Dickicht an Erwartungen und Befürchtungen etwas lichten.
Bei allen Änderungen, die Disney und Favreau im Vergleich zu Wolfgang Reithermans „Das Dschungelbuch“ vornehmen, bleibt zumindest eines gleich: Die Macher rütteln nicht an den Eckpfeilern der Geschichte. Nach wie vor steht im Mittelpunkt der Handlung der kleine Junge Mogli (Neel Sethi), der unter Wölfen heranwächst. Doch nicht alle Tiere des Dschungels stehen ihm wohlgesonnen gegenüber und besonders Tiger Shir Khan (Stimme: Idris Elba) hat es auf ihn abgesehen.
Während der Inhalt also auf den ersten Blick unangetastet bleibt, werkeln Favreau und sein Team kräftig an der Verpackung. Denn sie intensivieren die dramatischen Momente, wollen aber gleichzeitig die Leichtigkeit von „Das Dschungelbuch“ bewahren. Wie das gelingen soll, illustriert ein uns präsentierte Ausschnitt, in dem Panther Baghira (Stimme: Ben Kingsley) versucht, Mogli zu den Menschen zurückzubringen, da Shir Khan inzwischen eine zu große Gefahr für das Kind darstellt. Kurz bevor sich die beiden Freunde voneinander verabschieden, versucht der Tiger allerdings, Mogli zu töten, was in einer kurzen wie wuchtig inszenierten Auseinandersetzung zwischen Baghira und Shir Khan mündet. In diesem Augenblick, in dem sie donnernde Prankenhiebe austauschen und ihr Gebrüll die Musik übertönt, ist „The Jungle Book“ im besten Sinne modernes Blockbusterkino.
Aber „Iron Man“-Regisseur Favreau weiß nur zu gut, dass die Action nur dann ihre volle Wirkung entfaltet, wenn das Publikum auch allen Grund hat, mitzufiebern: „Das Spektakel bedeutet nichts, wenn du nicht an diesen Figuren hängst. Jede Geschichte braucht Menschlichkeit, Gefühl, Charakterentwicklung, ebenso wie Humor […].“ Und so lässt er uns auf dem Weg zum mitreißenden Kampf etwa an einer Diskussion teilhaben, bei der Mogli Baghira vorhält, wie unsinnig es wäre, ihn in die Obhut anderer Menschen zu geben – und das in einem Ton, der auch zu einem jungen Tony Stark passen würde. Ohnehin hinterlässt Newcomer Neel Sethi einen unheimlich sympathischen Ersteindruck, gerade bei Nachwuchsdarstellern keine Selbstverständlichkeit.
Sethi fügt sich zudem angenehm in die Computer-generierte Welt ein, was nicht nur an seinem Schauspiel liegt, sondern an der Arbeit, die das Visual-Effects-Team unter Oscar-Preisträger Robert Legato („Avatar“) leistet. Tiere bewegen sich genauso, wie wir es von ihnen erwarten. Und immer wieder fallen uns kleine Details auf, wie Gräser, die sich im Wind wiegen, oder Äffchen, die durch das Fell des riesigen Gigantopithecus King Louie (Stimme: Christopher Walken) klettern. Den Machern gelingt es bisher selbst, die Mienen der Dschungelbewohner glaubwürdig mit menschlichen Emotionen aufzuladen, ohne ihnen das Gesicht des jeweiligen Schauspielers einfach überzustülpen.
Mag sein, dass unsere Einblicke nur einen geringen Teil eines abendfüllenden Spielfilms abdecken. Möglich, dass die Einzelstücke, die für sich genommen funktionieren, später nicht zusammenpassen wollen oder es Favreau nicht schafft, ihre Qualität das gesamte Abenteuer über zu halten. Aber wenn „The Jungle Book“ am 14. April 2016 in den deutschen Kinos startet, kehren wir gerne in den Dschungel zurück, um uns endgültig überzeugen zu lassen.