Abenteuer in den Bergen
Abenteuerfilme für Kinder haben es nicht leicht, wenn sie einen „Familientest“ bestehen müssen: Macht das auch den Eltern Spaß, vielleicht sogar der Tante oder dem Patenonkel, die das Kind ins Kino begleiten? Ich hänge ja generell der Meinung an, dass ein Kinderfilm dann besonders gut ist, wenn Erwachsene damit ähnlich viel anfangen können wie ihr Nachwuchs – aber im Zweifelsfall wiegt natürlich die Begeisterung der Kinder schwerer. Bei „Sebastian und die Feuerretter“ muss man sich um so ein Ungleichgewicht allerdings keine Sorgen machen. Womöglich finden vielleicht die Erwachsenen andere Dinge sehenswert als der Nachwuchs, aber das ist ja völlig in Ordnung.
Der französische Film ist bereits der zweite, der nach den Erzählungen von Cécile Aubry über den Waisenjungen Sebastian und seine Hündin Belle entsteht; und wie „Belle & Sebastian“ vor zwei Jahren verbindet der Film wunderschöne Naturaufnahmen mit einem aufregenden Abenteuergeschehen. Die Handlung ist verdichtet auf wenige Tage im Leben des zehnjährigen Sebastian, der kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges in den französischen Alpen bei seinem Adoptivgroßvater César aufwächst. Seine Ziehtante und beste Freundin Angelina, die im Widerstand gekämpft hat, soll endlich zurückkehren, aber ihr Flugzeug stürzt - nicht weit von Sebastians Dorf - kurz vor der Grenze nach Italien ab. César und Sebastian wollen nicht glauben, dass sie tot ist, und machen sich selbst auf den Weg, um sie zu suchen. Die einzige Person, die ihnen dabei helfen kann, ist der unfreundliche Pilot Pierre – von dem César vermutet, dass er Sebastians Vater ist.
Was dann alles passiert, lässt sich gar nicht so leicht zusammenfassen: Missverständnisse, ein weiterer Flugzeugabsturz, die Wanderung von Sebastian, Pierre und Belle durch die Berge, direkt auf den Waldbrand zu, der um das Flugzeugwrack ausgebrochen ist, Konflikte mit Feuerwehrleuten, Vätergespräche... „Sebastian und die Feuerretter“ ist irrwitzig spannend, gelegentlich ein wenig überwältigend, bleibt aber weitgehend auf seinen jungen Protagonisten und dessen Perspektive fokussiert. Dass die Hündin Belle eine große Rolle bei all dem spielt, versteht sich von selbst – in den kniffligsten Situationen ist es sie, ganz in der Tradition der großen Tierfilme für Kinder, die Sebastian und anderen den rettenden Ausweg zeigt.
Dass dabei die Menschen insgesamt wenig Fehler zeigen und bei aller Dramatik stets das Beste wollen, auch die erwartete Romantik sich noch einstellt, mag ein wenig unrealistisch wirken – aber zum einen sichert sich der Film so sein umfassendes, sehr kindertaugliches Happy End, zum anderen haben die Charaktere noch genug Ecken und Kanten, um realistisch zu wirken. Den Rest übernehmen dann die atemberaubenden Naturaufnahmen, die wahlweise einen Urlaub in den Bergen ersetzen oder dazu anregen, für den nächsten Sommer mal ernsthaft eine Bergwanderung in Erwägung zu ziehen.
In diesen Kinos läuft „Sebastian und die Feuerretter“ am kommenden Wochenende.
Rochus Wolff, Jahrgang 1973, ist freier Journalist und lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im Grundschulalter in Berlin. Sein Arbeitsschwerpunkt ist der Kinder- und Jugendfilm; seit Januar 2013 hält er in dem von ihm gegründeten Kinderfilmblog nach dem schönen, guten und wahren Kinderkino Ausschau.