Nach einem ereignisreichen Tag voller Jet-Ski-Action und Luxus-Yachten (--> zu unserem ausführlichen Setbericht zu „The Transporter Refueled“) treffen wir später im Hotel Hauptdarsteller Ed Skrein – der gar nicht Frank-Martin-typisch in Jogginghose und Schlabber-Shirt aufschlägt, um sich mit uns über das Erbe von Jason Statham, das Erlernen neuer Kampftechniken und sein heutiges Verhältnis zu „Game Of Thrones“ zu unterhalten…
FILMSTARTS: Frank Martin ist ja fast schon eine ikonische Figur im Action-Genre. Wie hast du dich der Rolle angenähert?
Ed Skrein: Zum einen will ich das Franchise in Ehren halten. Ich denke an die Fans und an alle, die die „Transporter“-Filme lieben. Aber ich will auch meinen eigenen Weg für die Rolle finden und mit der Figur vorwärtsgehen ohne zurückzuschauen. Das ist meine Lebensphilosophie - und die berücksichtige ich auch bei der Arbeit.
FILMSTARTS: Du sagst, du schaust nicht zurück – aber ist es nicht ein schweres Erbe, die Rolle von Jason Statham zu übernehmen? Hast du ihn denn schon mal persönlich getroffen?
Ed Skrein: Nein, wir haben uns nicht getroffen, aber ich freue mich sehr darauf, ihn irgendwann mal kennenzulernen. Ich sehe das so: Als ich den Part bekommen habe, ging es allein um meine Interpretation. Deshalb fiel es mir gar nicht so schwer, eine Rolle zu übernehmen, die vorher jemand anderes gespielt hat. Ich versuche beim Spielen alles auszublenden – das Franchise, das Erbe, sogar den Film selbst. Ich bin zu Frank geworden - zurzeit bin ich mehr Stunden am Tag Frank als Ed. Erst wenn der Film dann fertig ist, werde ich vielleicht irgendwann den nötigen Abstand finden, um über die Unterschiede zwischen mir und Jason nachzudenken.
FILMSTARTS: Beim Zuschauen vorhin ist uns aufgefallen, dass du beim Drehen immer so ein selbstsicheres Grinsen im Gesicht hast…
Ed Skrein: Wirklich? Mir war gar nicht bewusst, dass ich zwischendurch so viel lächle. Denn wenn die Kamera angeht, dann guckt Frank ernst und macht ein grimmiges Gesicht. In der Geschichte gibt es diesmal sehr dunkle Momente und da bleibt nicht viel Raum fürs Lachen. Aber wenn wir hier auf dieser riesigen, zwölf Millionen Euro teuren Luxus-Yacht drehen, dann haben wir natürlich trotzdem auch unseren Spaß. Und dann gibt es da ja auch noch die Jet-Skis – wenn man mit 80 km/h übers Meer brettert, fällt es schwer, nicht glücklich zu sein.
FILMSTARTS: Du wirkst sehr ruhig und friedfertig – wie kommt es, dass du in einem Actionfilm mitspielst?
Ed Skrein: Ich habe vor allem eine große Leidenschaft für den kreativen Prozess. Ich erforsche sehr gerne den Charakter von Menschen, die sich sehr von mir unterscheiden, die Dinge tun können, die ich selbst nicht tun kann. Ich selbst bin physisch nicht in der Lage, sieben Typen zu verprügeln, die alle größer sind als ich. Es macht mir einfach Spaß, diese andere Person zu sein und sie zu interpretieren. Ich ziehe meinen inneren Frieden daraus, dass ich die Dinge mache, die sich für mich in dem Moment richtig anfühlen. Dabei folge ich meinem Instinkt.
FILMSTARTS: Wie passt dieser innere Frieden denn mit deiner Karriere als Rapper zusammen? Das ist doch ein hartes Business und beim Rappen spricht immer auch eine Menge Wut aus dir?
Ed Skrein: Ich bin jetzt 31 und ein Familien-Typ. Ich habe jetzt meinen Frieden gefunden. Als Teenager kämpft man mit seinen Hormonen, seinen Gefühlen und sowieso mit der ganzen Welt. Man versucht, einen Platz darin zu finden. Und ich habe meinen Platz gefunden, deshalb fühle ich mich inzwischen so friedvoll. Die Musik war eine gute Möglichkeit, diesen Weg für mich zu finden. Ich wäre heute nicht hier, wenn es diesen kreativen Prozess nicht gegeben hätte. Es war wirklich hilfreich, so lange Zeit im Underground in dieser Subkultur zu stecken. Ich habe Dinge aus dem Nichts erschaffen und total hart gearbeitet. Ich hab alles selbst gemacht, denn es gab niemanden, der mir geholfen hätte.
Das hat sich immer angefühlt wie „Ich gegen den Rest der Welt“. Man hatte das Gefühl, nicht gehört zu werden, alles musste man sich erkämpfen. Das lehrt Demut und man legt sich einen Panzer zu, an dem alles abprallt. Ich habe in dieser Zeit eine sehr gute Arbeitsmoral entwickelt, die ich in meinem jetzigen Beruf anwenden kann. Und es fühlt sich einfach richtig an, dass ich jetzt diesen Film mache. Wenn er in die Kinos kommt, werde ich nicht besonders aufgeregt sein, denn es fühlt sich einfach richtig an. Der Prozess von der Kunstschule über das Musikmachen im Underground bis hin zu meiner heutigen Arbeit - das hat mich zu der Person geformt, die ich heute bin. Egal was man macht, es geht immer um Leidenschaft.
FILMSTARTS: Reden wir über Autos, darum geht’s hier ja schließlich…
Ed Skrein: Ich LIEBE das Auto, das ich im Film fahre! Es ist ein Audi S8 2015er-Modell und es ist wunderschön. Es ist so bequem und luxuriös ausgestattet – einfach eine unglaubliche Maschine.
FILMSTARTS: Magst du auch privat schnelle Autos? Was fährst du selbst?
Ed Skrein: (lacht) Ich fahre einen Ford Focus mit ziemlich vielen Kratzern und Dellen. Ich bin keine materielle Person, ich besitze keinen Schmuck oder teure Uhren… Ich liebe es, dass ich diesen ganzen luxuriösen Schnickschnack bei der Arbeit habe, aber privat liebe ich meinen Ford.
FILMSTARTS: Musstest du für den Film extra Fahrstunden nehmen? Schließlich hält sich der Transporter ja nicht immer unbedingt an die Straßenverkehrsordnung…
Ed Skrein: Ja, ich habe ein wenig mit unserem Fahrer-Team geübt. Die Jungs sind einfach großartig – und außerdem total durchgeknallt! Also was die für Sachen machen… Die verrückten Stunts haben wir wirklich ihnen zu verdanken - und dabei waren sie die ganze Zeit wie Kinder, immerzu total enthusiastisch. Beim Dreh der Actionszenen fiel es schwer, sich daran zu erinnern, dass man gerade bei der Arbeit ist – ich meine, man durfte sich auf dem Boden rumrollen, sich prügeln und Jet-Ski fahren. Und das ist dann quasi unser „Büro“. Dafür bin ich wirklich dankbar.
FILMSTARTS: Wir haben auch mit Regisseur Camille Delamarre gesprochen und er hat uns erzählt, dass für den Film eine ganz neue Kampftechnik entwickelt wurde. Hast du die selbst auch gelernt und konntest du deine Stunts selbst absolvieren?
Ed Skrein: Ja, ich mache fast alle meine Stunts selbst – wenn ich welche nicht machen kann, dann hat das versicherungstechnische Gründe und ich bettele trotzdem jedes Mal, ob ich sie nicht doch machen darf. Ich will immer alles selbst machen, aber wenn ich dann manchmal sehe, was die Stuntleute machen, wenn sie mich vertreten, muss ich doch zugeben, dass ich das SO sicher nicht gekonnt hätte (lacht). Ich hatte vorher keinerlei Erfahrung mit Martial-Arts und musste das alles erst lernen. Ich hab zwar schon immer viel trainiert und lebe gesund, aber das hier war ein ganz anderer Level. Ich musste noch nie so hart arbeiten und war noch nicht so gut in Form.
Das hat jede Menge Blut, Schweiß und Tränen gekostet. Ich habe erst einmal zehn Wochen lang in London trainiert, bevor der Dreh überhaupt angefangen hat. Und dann habe ich drei Wochen lang in Paris mit dem Stunt-Team geübt - jeden Tag neun Stunden, um die neuen Kampftechniken zu lernen. Es gibt viel Nahkampf in dem Film zu sehen und wir haben diesen Stil speziell für den Film entwickelt. Er enthält Elemente aus Krav Maga, aus Kali, aus Wing Chun. Es hat so viel Spaß gemacht, dass ich am Ende des Tages nie Feierabend machen wollte.
FILMSTARTS: Frank Martin hat in den bisherigen Filmen immer zufällige Gegenstände in seine Kämpfe eingebaut, zum Beispiel die Pedale eines Fahrrads. Gibt es sowas im neuen Film auch?
Ed Skrein: Ja, auf jeden Fall. Es war sehr wichtig für mich, dass die Persönlichkeit der Figur und ihre Art zu denken und zu kämpfen erhalten bleiben. Deshalb wollte ich keine traditionellen Waffen benutzen. Stattdessen verwende ich in der Rolle viele Alltagsgegenstände beim Kämpfen und wir waren dabei wirklich sehr kreativ. Ich denke, das Publikum wird daran wirklich großen Spaß haben. Ich benutze nur einmal im Film eine traditionelle Waffe – aber selbst die setze ich nicht so ein, wie man eigentlich denken würde. Frank ist kein Mörder. Er ist kein schlechter Mensch, aber er gerät in Situationen, in denen er sich verteidigen muss. Aber auch dann versucht er, niemanden zu töten.
FILMSTARTS: Du hast in „Game Of Thrones“ mitgespielt. Schaust du dir die Serie weiterhin an?
Ed Skrein: Mein sehr guter Freund Jacob Anderson, der in der Serie Grey Worm spielt, ist ja immer noch dabei und auch mit vielen an anderen Kollegen bin ich immer noch in Kontakt. Es war eine großartige Erfahrung - die ganzen Kostüme und das Make-up, das war einfach toll. Ich denke mit einem Lächeln an diese Zeit zurück, aber jetzt entwickle ich mich in eine andere Richtung – diesen Anspruch habe ich an mich selbst als Mensch und als Schauspieler.