Feine Filmchen für die Kleinsten
Die ersten Filme, die ich meinen Kindern gezeigt habe, waren sehr kurz - und das war natürlich kein Zufall. Kurzfilme gehören auch zu den schönsten ersten Kinoerfahrungen, die die beiden gemacht haben - aber das ist schon ein selteneres Glück: In der Stadt, in der wir damals wohnten, gab es ein Kino, das einmal im Monat ein Potpourri von Kurzfilmen zeigte – speziell auf junge Besucher abgestimmt, aber für die Eltern oft nicht weniger lohnenswert. Kurzfilme sind vor allem für Kinder im Vorschul- und Kindergartenalter perfekt, denn sie verlangen nur eine kurze Aufmerksamkeitsspanne, während sie zugleich ihre Geschichte in der Regel auf das Wesentliche beschränken. Mit anderen Worten: Kinder können dem Geschehen auch wirklich folgen und den Film genießen, ohne von seiner Macht oder Länge erschlagen zu werden.
Außerdem eignen sich Kurzfilme eben auch sehr gut fürs Zwischendurchschauen – zum Beispiel als kleines Betthupferl. Und dann ist es noch nicht mal schlimm, wenn der häufige Ruf nach einer Wiederholung ertönt, denn dafür ist dann meist auch noch Zeit. Eltern sollten also eigentlich täglich ein Loblied auf den kindgerechten Kurzfilm singen. Das Problem ist natürlich, dass gute Kurzfilme für Kinder gar nicht so leicht zu bekommen sind. In diese Lücke springt nun aber zum Glück das DOK Leipzig: Das internationale Festival für Dokumentar- und Animationsfilm bringt mit „Noch mehr Anima für Kids“ bereits seine zweite kleine Sammlung kindgerecht kurzer Animationsfilme heraus – neun Filme aus den vergangenen zehn Jahren, die sich im Grunde schon Dreijährige ansehen können und bei denen sich auch Erwachsene nicht langweilen werden.
Die Spannbreite ist groß, inhaltlich wie stilistisch: Es gibt Computeranimationen, anspruchsvolle Stop-Motion-Tricks und Filme wie der großartige „Hase und Hirsch“ des Ungarn Péter Vácz, die verschiedene Animationstechniken vermischen. Als Materialien kommen dabei Knetmasse, Wolle und Papier zum Einsatz. Neben einer frei assoziierenden surrealen Quatschgeschichte („Der elastische Friseur“) steht eine nicht sehr subtile Parabel auf den Klimawandel („Eskimo“). Nicht alle Filme sind inhaltlich und technisch zu 100 Prozent gelungen (den CGI-Bildern von „Ralle und Bolle“ etwa sieht man ihr Alter deutlich an), aber insgesamt sind das gut erzählte, auch spannende und überraschende kleine Streifen, die Kinder sehr schnell ins Herz schließen und sich immer wieder ansehen wollen werden. Die Kurzfilme kommen zudem alle ohne Dialoge aus, was sie auch für sehr junge Zuschauer zugänglich macht.
Die DVD gehört also, genau wie ihr Vorgänger „Anima für Kids“ in jeden Haushalt, in dem kleine Kinder leben – auf das die Kleinen zu Kurzfilmfans und später zu glücklichen Kinogängern werden!
Rochus Wolff, Jahrgang 1973, ist freier Journalist und lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im Grundschulalter in Berlin. Sein Arbeitsschwerpunkt ist der Kinder- und Jugendfilm; seit Januar 2013 hält er in dem von ihm gegründeten Kinderfilmblog nach dem schönen, guten und wahren Kinderkino Ausschau.