Titel: Scrolls
Genre: Sammelkarten-Strategie
VÖ-Termin: 11. Dezember 2014
Altersfreigabe: keine Angabe
Plattformen: PC, Android, iOS, PS3, Xbox 360
Publisher: Mojang
Entwickler: Mojang
Der FILMSTARTS-Gaming-Tipp für... sammelwütige Meisterstrategen!
Sie kratzen sich am Kinn, rücken ihre Brillen zurecht, atmen noch einmal tief durch und bewegen ihre Figur quer über das Spielfeld, um ihrem Kontrahenten in die Bredouille zu bringen. Kein Spiel steht mehr für Intelligenz und Disziplin als Schach. Die im Central Park aufgestellten Schachspiele haben als beliebtes Motiv für Dutzende Filme hergehalten, die das kultivierte Leben von New York zelebrieren wollen. Im krassen Kontrast dazu stehen die wilden Turnier-Orgien auf Comic-Messen, bei denen vornehmlich Teenager die gebündelte Macht ihrer Sammelkartendecks von „Magic: The Gathering“ oder „Pokemon“ in die Schlacht schicken. Diese zwei vermeintlich so unterschiedlichen Welten finden nun ihre nahezu perfekt ausbalancierte Fusion in „Scrolls“ – dem neuen Spiel von „Minecraft“-Entwickler Mojang. Das clevere Zusammenstellen des eigenen Kartendecks inklusive dem Abwegen von individuellen Vor- und Nachteilen der verschiedenen Spielkarten ist in „Scrolls“ nur die halbe Miete. Die bedachte Platzierung der eigenen Einheiten, ihre strategische Bewegung über das in Sechsecke gegliederte Spielfeld und die Abwägung der eigenen sowie gegnerischen Ressourcen ist mindestens genauso wichtig, um den Sieg davonzutragen – und damit unterscheidet sich „Scrolls“ auch vom Rest des weiten Felds an digitalen wie auch physischen Sammelkartenspielen. Um einen weiteren Vergleich zu bemühen: „Scrolls“ spielt sich wie der etwas weniger hibbelige, grüblerische Bruder des aktuellen Genre-Primus „Hearthstone“.
Während beim Schach der König um jeden Preis geschützt werden muss, gilt es bei „Scrolls“, drei der fünf gegnerischen Idole zu zerstören, die hinter den fünf Reihen feindlicher Vasallen aufgestellt sind. Dafür zieht man Runde um Runde Karten, investiert Ressourcenpunkte und platziert so bewegliche Einheiten wie Schwertkämpfer und Oger, aber auch immobile Konstrukte wie Mauern auf dem Schlachtfeld. Diverse Zerstörungs- und Verbesserungszauber bringen zusätzliche Varianz und Unberechenbarkeit ins Spiel. Der strategische Teufel steckt dabei in jedem Detail: Opfere ich diese mittelmäßige Karte, um Ressourcen für die andere mächtigere Karte zu bekommen? Und ziehe ich meine stärksten Einheiten in die eine Bahn für einen letzten, verzweifelten Angriff, und biete damit meinem Gegner eine mögliche Schwachstelle an, die er vielleicht brutal auszunutzen weiß? Fragen über Fragen! Doch auch außerhalb der nervenaufreibenden Gefechte kann geplant und taktiert werden: Da es für die einzelnen Matches angenehm viel Gold gibt, mit dem neue Karten erstanden werden können, kann man sich als Spieler und Sammler stets verbessern. Nur besonders ungeduldige Spieler dürften sich deshalb genötigt sehen, ein wenig Echtgeld in zusätzliches Spielgold zu investieren. Der in „Scrolls“ integrierte Schwarzmarkt bietet darüber hinaus die Möglichkeit, direkt mit anderen Spielern Tauschgeschäfte abzuschließen und so den eigenen Goldbestand zu schonen. Zu alledem darf nicht vergessen werden zu betonen, wie wunderschön die Illustrationen und Animationen von „Scrolls“ sind, bringen sie einem doch ein bisschen das Gefühl der Disney-Spiele der Neunziger zurück. Zauberhaft!
Und das meint der Filmkritiker in uns...
Der Gamer von heute ist es gewohnt, dass hochklassige Neuerscheinungen die Bildsprache und Dramaturgie von Hollywood nachahmen. Von außen betrachtet könnte man so glatt meinen, es ginge in Videospielen nur darum, Orcs abzuschlachten, auf Terroristen zu schießen oder vor Zombies zu flüchten. Spiele wie „Scrolls“ brechen aber mit dem Trend, sich der Kino-Ästhetik anzupassen und ihre Interaktionsmechaniken dieser unterzuordnen. „Scrolls“ ist ein Spiel im klassischen Sinne, bei dem es nicht auf irgendeine Dramaturgie oder Handlung ankommt. Hier geht es nur um die Spielmechanik, das Sammeln und das Taktieren. Wer diese Dinge an Videospielen liebt, wird sich in filmischen Gefilden also womöglich bei der Anime-Adaption „Death Note“ wohlfühlen, der ein verboten-cleveres, strategisches Katz- und Mausspiel zwischen Psychopathen abfeiert. Wenn es etwas mehr Blockbuster sein darf, kommt wohl Christopher Nolans „Inception“ mit seinen verschachtelten Traumebenen und komplexen Regeln am ehesten an die Vielschichtigkeit eines „Scrolls“ heran. Wer jedoch am meisten auf den Kartenspielaspekt steht, sollte sich erstens die diversen Verfilmungen des japanischen Sammelkartenhits „Yu-Gi-Oh!“ genehmigen und sich zweitens auf die angekündigte Kino-Umsetzung von „Magic: The Gathering“ freuen.
Ein Spiel für Fans folgender Filme:
Fazit: „Scrolls“ ist ein richtiges Schwergewicht auf dem Schlachtfeld der Rundenstrategie- und Sammelkartenspiele - nicht nur komplex und anspruchsvoll, sondern auch schön anzusehen und sehr fesselnd. Wer eine strategisch vielschichtigere Alternative zu „Hearthstone“ sucht, ist bei „Scrolls“ genau an der richtigen Adresse.
"Scrolls" könnt ihr euch hier herunterladen.