Platz 14
Damiano Damiani, Italien / Deutschland 1984-1987
Wenn man von der Serie als neues Novum in Sachen epischen Erzählens spricht und nach den Anfängen und den Wegbereitern dieses neuen Erzählens Ausschau hält, dann fallen dabei meist die üblichen Namen der üblichen Qualitätsserien. Sicherlich mögen „Die Sopranos“ ein Durchbruch gewesen sein und gewiss hat „Twin Peaks“ einen nicht geringen Beitrag dazu geleistet, dass Fernsehen mehr sein kann, als nur hübsch-harmlose Abendunterhaltung, die stets so endet, wie sie begonnen hat. Dabei ist eine der frühen Sternstunden der großen, thematisch tiefgreifenden und formal auf Kino-Niveau angelegten Fernsehunterhaltung keine amerikanische, sondern eine italienische Produktion. Bereits im Jahre 1984 machte sich der zwischen Autoren- und Genre-Kino pendelnde Starregisseur Damiano Damiani („Der Tag der Eule“) daran, das Medium Fernsehen und dessen Möglichkeiten zu nutzen, um mit dem Klassiker „Allein gegen die Mafia“ (im Original: „La Piovra - Die Krake“) ein düsteres Verbrechensdrama im XXL-Format auf die Beine zu stellen.
Wenn Michele Placido als integerer Commissario Corrado Cattani versucht, das Geflecht von Geldadel und organisiertem Verbrechen zu entwirren, wird er es hier nicht mit den üblichen Nadelstreifengangstern zu tun bekommen, sondern mit einer Gesellschaft, die sich im Großen und Kleinen längst in ein unsichtbares Netz aus Erpressung, Nutznießertum und Angst begeben hat und sich ein Leben jenseits der Korruption und (oft unterschwelligen) Gewalt längst nicht mehr vorstellen kann. „Die Krake“ beschränkt sich dabei nicht nur auf die Cosa Nostra, sondern auf eine Gesellschaft, die weiß, auf welchen moralischen Holzwegen sie sich befindet und doch nicht von ihren Lastern ablassen will. Dabei geizt Damiani besonders in der ersten Staffel mit Action und Gewalt, sondern forscht nach den moralischen Grauzonen, in denen auch Cattani sich immer wieder verlieren wird. So ist „Allein gegen die Mafia“ mehr als nur ein Crime-Reißer, sondern ein kluges Drama, das den Zuschauer nicht mit schnellen bleihaltigen Lösungen abfertigt, sondern mit komplizierten Fragen und Konflikten verfolgt. Auch wenn die Serie ihr hohes Niveau nicht ewig halten konnte, sind die ersten vier Staffeln doch nach wie vor und ohne Zweifel Sternstunden des Fernsehens. Und wenn eine Serie von Silvio Berlusconi mit den Worten getadelt wird, dass sie „das Ansehen Italiens beschädige“, sollte man ohnehin einen Blick riskieren.