Man kann über Quentin Tarantino sagen, was man will. Doch fraglos zählt der „Once Upon A Time In Hollywood“-Macher zu den einflussreichsten und damit auch wichtigsten Regisseuren aller Zeiten. Dafür sorgte sein unverkennbarer Stil, der die Populärkultur nachhaltig prägen sollte. Damit Tarantino aber auch immer wieder zur absoluten Höchstform auflaufen konnte, benötigte es nicht nur die nötige Kreativität, sondern auch ein großes Maß an Cleverness. „Pulp Fiction“ aus dem Jahre 1994 ist dafür das beste Beispiel.
Wer „Pulp Fiction“ gesehen hat, weiß, dass es diesem Film wirklich gelungen ist, so ziemlich jede Szene zu einem ikonischen Moment für die Ewigkeit zu erheben. Besonders denkwürdig aber ist wohl jene Sequenz, in der Mia Wallace (Uma Thurman) an einer Überdosis Heroin zu sterben droht. Denn anstatt sich die Droge intravenös zu injizieren, verwechselt sie die weiße Substanz mit Kokain – und schnupft es. Was darauf folgt, ist ein schweißtreibender Wettlauf gegen die Zeit, bei dem nicht nur Mias, sondern auch Vincent Vegas (John Travolta) Leben auf dem Spiel steht. Schließlich ist Mia die Liebste des Gangsters Marcellus Wallace (Ving Rhames).
Ein rückwärts gedrehter Adrenalinschub
Um Mia davor zu bewahren, das Zeitliche zu segnen, rast Vincent zu seinem Dealer (Eric Stoltz), um sie dort mit einer Ladung Adrenalin zurück ins Leben zu holen. Wie wir wissen, ist das Vorhaben am Ende geglückt, denn Vincent hat es geschafft, Mia die Spritze mit vollem Schwung ins Herz zu jagen. Tatsächlich entschied sich Regisseur Quentin Tarantino dazu, den schwierigen Akt – also das Injizieren – rückwärts zu drehen, um die Szene so realistisch wie möglich erscheinen zu lassen. Hier könnt ihr euch die Szene indes noch einmal in voller Pracht anschauen.
Inspiriert von Martin Scorseses Dokumentation „American Boy: A Profile Of Steven Price“ hatte Tarantino ursprünglich den Plan, dass Travolta mit der Spritze auf eine gefälschte Brustplatte zielt, die Thurman tragen sollte. Um der Szene noch mehr Authentizität zu verleihen, gab Tarantino Travolta aber die Anweisung, mit der Nadel an Thurmans Brust zu beginnen, um sie dann mit wuchtiger Intensität nach oben wegzuziehen. Das Filmmaterial wurde dann im Schnitt rückwärts abgespielt – ein simpler, aber genialer Einfall.
Die Sequenz selbst strotzt nur so vor Energie, was auch daran liegt, dass Quentin Tarantino einen cleveren Schnitt in der Szene gesetzt hat: In dem Moment, in dem die Nadel Thurman berühren soll, schneidet die Kamera direkt auf Uma Thurmans Gesicht, die wie von den Toten erweckt nach Luft schnappt. Dazu erklingt ein dumpfes Geräusch, welches den Eindruck erweckt, dass die Nadel gerade wirklich durch den Brustkorb in ihr Herz geschlagen wurde. Dadurch gewinnt „Pulp Fiction“ in dieser Szene eine Realitätsnähe, die mit einer Brustplatte wohl nicht zu erreichen gewesen wäre.
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