Man muss kein Filmkritiker sein, um zu erkennen, dass "Poseidon" ein klarer Titanic Verschnitt ist, der jedoch andere Akzente setzt. Während James Camerons mit elf Oscars prämiertes Werk die Romanze zwischen Jack und Rose in den Fokus des Geschehens rückt und das eigentliche Unglück nur dazu dient, die tiefe Liebe der beiden Protagonisten auf höchstdramatische Art und Weise zu zerstören, so geht es in Wolfgang Petersens Schiffskatastrophenfilm eher um das nackte Überleben einer Menschengruppe, die sich zusammentut, um aus dem sich mit Wasser füllenden Wrack zu entkommen. Mal eines vorweg: Die Geschichte mag zwar oberflächlich sein, ist aber absolut spannend und effektvoll in Szene gesetzt. Die ums nackte Überleben kämpfenden tappen von der einen Minikatastrophe in die Nächste, Petersen hat dabei Einfallsreichtum bewiesen: Mal muss die Gruppe durch einen engen Lüftungsschacht, was für klaustrophobische Momente sorgt, mal muss ein Wassertank geflutet werden - der durch eine Schleuse getrennt wird. Diese öffnet sich erst, wenn der Teil des Tanks komplett mit Wasser gefüllt wird. Das Warten auf das Öffnen derselbigen sorgt für blanken Nervenkitzel. Der Zuschauer kommt selten zum Aufatmen, die rund 100 Filmminuten gehen furchtbar schnell um. Die Besetzung ist ebenfalls mit der einen oder anderen Prominenz versehen: Kurt Russel spielt den fürsorglichen Familienvater, Josh Lucas den Helden und Richard Dreyfuss den Schiffsarchitekten. Trotz dieser vielen Vorzüge kann das Werk Petersens im Endeffekt doch nicht begeistern. Woran liegt das? Nun, schon das Grundstück des Filmes ist mit zu vielen Klischees beladen, angefangen bei den Charakteren. Hier findet man den einsam kämpfenden Helden, der aus jeder noch so misslichen Situation einen Ausweg findet und den Fliehenden mehrfach das Leben rettet, den fürsorglichen Familienvater, der stets um das Wohl seiner Tochter bemüht ist und gegen Ende einen grausamen Heldentot stirbt, um alle zu retten (komplett bei Bays "Armageddon" geklaut), die junge hübsche Tochter, die leicht bekleidet durch die endlosen Wasserfälle stolpert und mehrfach ihr Kleid mit Wasser benetzt. Doch dies ist nicht alles! Manche Szene ist derart hanebüchen, dass man die Hände vor dem Gesicht zusammenschlagen möchte, Logiklücken sind zwar wenige vorhanden, dafür aber eklatant auffällige - weniger Effekthascherei wäre hier mehr gewesen. Dadurch, dass der Fokus hier deutlich auf die Action gesetzt wird, bleibt kein Platz für Charaktere. Petersens bemüht sich zwar öfter sichtlich, seinen Personen Leben einzuhauchen, scheitert aber kläglich: Entweder sind diese Passagen zu schlecht gespielt; es folgt sofort die nächste Katastrophe, ohne dass sich der Eindruck eines Gespräches festigen kann oder die Probleme bzw. die Gegebenheiten sind wieder zu klischeehaft: "Mein Vater war mal Präsident", "Ich war mal im Schwimmerteam". Solche Dialogfetzen kennt man aus oberflächlichen Collegefilmen, gehören aber nicht in ein solches Werk. Die Szenen sind zwar spannend, es ist einem jedoch egal, ob die eine oder andere Person im Laufe des Filmes verstirbt. Weiterhin verhalten sich die Charaktere unauthentisch bzw. viel zu plakativ und einfältig: Wenn ein weiterer Raum geflutet wird, wird gekrischen, wenn Rettung in SIcht ist, vor Freude geschrien, wenn jemand stirbt kurz getrauert- nach einer weiteren Filmminute ist hingegen alles wieder vergessen: Wie Puppen, die nur vier Verhaltensweisen beherrschen, Marionetten, die nur dafür geeignet sind, die Handlung voranzutreiben. Bei allem Respekt: Spannung, gute Effekte eine nette Besetzung machen noch lange keinen hochkarätigen Film. Dieser Streifen ist das beste Beispiel dafür.