Im Jahr 2004 brachten Autor und Produzent Bernd Eichinger und Regisseur Oliver Hirschbiegel einen Film, über das wohl, aus deutscher Sicht, schwierigste Thema heraus.
Berlin, 20. April 1945: Der Krieg ist so gut wie verloren. Der "Russe" steht vor der Tür. Während draußen Millionen von Zivilisten tagtäglich um ihr Überleben kämpfen, versteckt sich Hitler im Bunker "Wolfsschanze". An eine Kapitulation ist gar nicht zu denken. Hitler glaubt fest an einen Sieg, währenddessen kehren ihm nach und nach immer mehr Offiziere den Rücken...während andere fest an ihn glauben...
Ohne Wenn und Aber, ist Hitler- und der damit verbundene zweite Weltkrieg, der 50 Millionen Menschen das Leben kostete, Deutschlands dunkelstes Kapitel. Eichinger und Hirschbiegel konzentrieren sich hierbei lediglich auf die letzten 12 Tage. Große Namen wie Goebels, Himmler, Speer, ect. tauchen immer wieder im Film auf- und das ohne jegliche Vorstellung. Ein großes Hintergrundwissen ist hier definitiv erforderlich. Um wenigstens ein wenig Ordnung und System ins Geschehen zu bringen, wird uns die "Handlung" aus Sicht der zurückhaltenden Sekretärin Traudl Junge (Alexandra Maria Lara) erzählt. Sie fungiert als Auge- das uns durch das Labyrinth im Führerbunker begleitet. Man könnte diese Vorgehensweise jetzt auch gerne kritisieren. Denn, man könnte meinen, bei einer Filmlänge von 2,5 Stunden, bleibt auch genügend Zeit um wichtige Persönlichkeiten oder Hintergrundinformationen zu erklären bzw. zu liefern. Ich dagegen befürworte diese Art. Denn somit kriegen wir die letzten Tage des NS Regimes in kompakten 2,5 Stunden erzählt. Dadurch fällt es mir schwer "Der Untergang" allgemein als Film anzusehen. Viel mehr wirkt es auf mich wie Dokumentation die man häufig auf diversen Kanälen sieht. Das ist aber auch gleichzeitig das bemerkenswerte an "Der Untergang". Er wirkt sehr detailtreu und äußerst realistisch. Man hat nie das Gefühl, als hätte das nie so gewesen sein können. Damit der Film aber auch so gut funktioniert, hat Hirschbiegel seinen Darstellern zu verdanken. Allen voran der Schweizer Bruno Ganz. Er sieht Hitler mit Perücke und Bärtchen nicht nur verdammt ähnlich aus, sondern imitiert ihn was Mimik und Gestik angeht 1:1! Die Darstellung des Massenmörders Hitler ist sowieso eine schwierige Angelegenheit. Oft wird er viel mehr parodiert als glaubhaft gespielt. Bruno Ganz schafft es definitiv ihn glaubhaft zu spielen. Und zwar so sehr, dass sich ein NPD Anhänger am Set geehrt fühlte seine Hand zu drücken! Mehr Worte braucht man da eigentlich nicht zu sagen, oder? Doch! Das schwierigste Thema hierbei ist jedoch, wie packt man diese äußerst komplexe Figur an? Ist es falsch ihn in ein positives Licht zu rücken? Zunächst empfand ich die Zeichnung als zu positiv. Ein Massenmörder der einen auf Vegetaria macht und kleine Kinder auf dem Schoss setzt? Beim zweiten Betrachten empfinde ich es als genau richtig. Denn wie eingangs erwähnt, konzentriert sich Hirschbiegel hier nur auf die letzten
Tage! Sein Aufstieg, der Holocaust, der Krieg- der die ganze Welt ins Verderben stürzte, spielt hier- man kann schon schlechten Gewissens sagen- keine Rolle! Und das ist auch gut so. Denn dadurch wirkt der Film viel authentischer und wir kriegen fantastische Bilder über das Verhalten jener Menschen! Es ist faszinierend zu beobachten, wie man reagiert. In einem Teil des Bunkers wird gefeiert- weil man sich längst aufgegeben hat, in dem anderen Teil fallen die Menschen durch Suizid wie die Fliegen. Hirschbiegel kommt aber doch nicht herum das Monster Hitler zu zeigen. Bei Besprechungen rastet er völlig aus, als ihn ein Offizier von Fahnenflucht deutscher Soldaten erzählt. Gesundheitlich stark angeschlagen, verliert er völlig den Sinn von Realität und bewegt Divisionen auf einer Karte (wie in einem Schachspiel), die es gar nicht mehr gibt. Auf die dringliche Bitte 3 Millionen Zivilisten zu evakuieren, lehnt er vehement ab. Mit der Begründung das deutsche Volk habe sich dafür entschieden und soll es nun auch ausfechten! Trotz solcher äußerst kranken Äußerungen, weichen etliche Menschen nicht von seiner Seite ab! Aber auch hier verzichtet Hirschbiegel auf ein Fingerzeig oder einer nötigen Erklärung für dieses Verhalten. Neben Bruno Ganz versammelt sich hier gefühlt die komplette deutsche Star Besetzung an Schauspielern. Selbst für die kleinste Rolle wurden große Namen besetzt. Auch große Synchronsprecher wie Martin Kessler (Nicolas Cage) oder Oliver Stritzel (Philipp Seymour Hoffman). Obwohl Bruno Ganz hier allen die Show stielt, kann Corinna Harfouch als Goebels Ehefrau Magda schwer beeindrucken. Bis in letzter Sekunder klammert sie sich fest an die Ideale des NS Regimes! Auch Ulrich Matthes als Propaganderminister Joseph Goebels weiß hier mit steinerner Miene zu überzeugen und lässt einen bei seinen Äußerungen immer wieder schockiert zurück. Juliana Köhler weiß auch als Hitlers Gemahlin Eva Braun zu überzeugen. Sie ist das komplette Gegenteil von Hitler selbst. Anti politisch, fröhlich und lebensbejahnt. Dennoch weicht auch sie niemals von seiner Seite! Unsere naive Sekretärin Alexandra Maria Lara weiß zwar zu überzeugen, kann dennoch nicht so ganz mit den anderen mithalten. Technisch weiß der Film ebenfalls zu überzeugen. Mit einer ruhigen Kamera führt uns Kameramann Rainer Klausmann durch den Bunker. Alles wirkt so echt. Die Kostüme stimmen (auch wenn die Abzeichen nicht immer richtig sind) und der Film braucht sich damit definitiv nicht vor großen ausländischen Produktionen über den zweiten Weltkrieg nicht zu verstecken. Es geht nur ganz selten nach draußen. Hier hat man auf künstliches Licht verzichtet und das erhöht ebenfalls die Authentizität. Die Musik ist sehr einprägsam. Die Geschütze und Zerstörungen wirken sehr echt und man kann nicht glauben, dass er nur 13 Mio € gekostet hat.
Was denn Film ein wenig ins negative Licht bewegt, ist die gewohnte, deutsche Dramatisierung. Beispielweise wenn ein Offizier (der viel zu jung aussieht) plötzlich schreit "ich will das von 1918 nicht noch einmal erleben!". Die Szenen außerhalb des Bunkers sind zwar wichtig und sehr gut in Szene gesetzt, aber ein 1-2 Blicke weniger hätten auch gereicht.
FAZIT: Die NS Zeit ist wohl Deutschlands ewiges Laster (was auch gut ist). Oliver Hirschbiegel und Bernd Eichinger konfrontieren das Land mit "ihrer" Vergangenheit und dem Monster, das man selbst erschaffen hat. Die Handlung konzentriert sich einzig und allein auf die letzten 12 Tage. Alles drumherum erfordert Hintergrundwissen. Sehr interessant, realistisch und erschreckend in Bild und Wort umgesetzt! Bruno Ganz hat sich hier (auch wenn mit einer negativen Rolle) verewigt.