Es war 1997, als sich Kilometerlange Schlangen vor den Kinosälen bildeten, und manch ein Mädchen gar zehn mal eine Eintrittskarte löste. Das Box Office war gewaltig. 18 Mio Zuschauer alleine in Deutschland, Gesamteinnahmen von insgesamt 1,8 Milliarden US-Dollar. Und das alles wegen einer Schiffskatastrophe die sich 85 Jahre zuvor irgendwo im Nordatlantik ereignet hat. Doch kaum eine Katastrophe in der Menschheitsgeschichte übte eine derartige Faszination auf uns aus, wie der Untergang der Titanic 1912. Das hat natürlich auch Gründe. Die Gegenüberstellung von Arm und Reich, der damalige Glaube, die reichen Menschen könnten über alles und jeden herrschen. Die Rolle der Frau in einer dekadenten Gesellschaft. Und natürlich dieser Mythos, des unsinkbaren Schiffes, das dann doch auf der Jungfernfahrt gescheitert ist.
Nach unzähligen Verfilmungen wagte sich in den 90er Jahren ausgerechnet der für Action und Science Fiction bekannte Regisseur James Cameron, der Klassiker wie "Aliens" und "Terminator" schuf, an diesen schwierigen Stoff. Das Unglück hatte den Kanadier immer fasziniert, und so führte er unzählige Tauchgänge zum echten Wrack durch. Doch er wollte nicht einfach nur einen Katastrophen Film machen, ihm schwebte eine epische Liebesgeschichte vor, diese sollte die Unterschiede der damaligen Klassen zeigen. So entwarf Cameron die Figuren des armen Jungen Jake, der nur mit "Glück" beim Pokern die Fahrkarte gewonnen hatte, und mit leeren Taschen an Bord ging. Und auf der anderen Seite Rose, ein Mädchen aus ehemals reichem Hause, deren Verlobung mit dem Millionär Cal den Namen und den Ruf der Familie sichern sollte. Sie wollen das ganze in New York bekannt geben und nehmen so ebenfalls an der Überfahrt teil. Schon beim ersten Anblick der beiden ist eine eine gegenseitige Anziehung der beiden zu spüren.
Cameron zeigt uns in den ersten halben Stunde des Films erst einmal die Gegenwart. Ein Forschungsteam ist auf der Suche nach Schätzen die im Wrack liegen sollen, und entdecken eine Zeichnung, auf der eine nackte Frau mit einem kostbaren Diamanten am Hals zu sehen ist. Nach einem Interview für das Fernsehen entdeckt die über 100 Jährige Rose, das sie das Mädchen auf dem Bild ist. Sie reist mit ihrer Enkelin auf das Forschungsschiff und fängt an, dem Team ihre Geschichte zu erzählen. Dies ist bereits der erste erzählerische Kniff von Cameron. Er erdet die Geschichte damit und bringt sie in die Neuzeit. Die Kamera schwenkt am Wrack der Titanic durch die Gänge und plötzlich wird alles farbig und die Titanic erwacht zum Leben. Der Detailreichtum ist gewaltig. Von den Holzverkleidungen, den großen Schloten und der gesamten Inneneinrichtung wirkt alles so, als wäre das Schiff nie gesunken. Die Ankunft der Passagiere ist so dargestellt wie überliefert. Die Reichen kommen in den Autos an, mit mehr Gepäck als ein Mann tragen kann, die Armen hingegen werden wie Vieh behandelt und erst einmal nach Läusen durchsucht. Hier kommt auch Jake in die Geschichte und geht wie gesagt an Bord, und trifft dort auf die reiche, aber unglückliche Rose. Die kommende Stunde erzählt uns der "Terminator" dann eine wunderbare Liebesgeschichte, und die gesellschaftliche Etikette die auf der Titanic herrschte. Die Kostüme, die Kabinen, das Deck. Alles ist detailgetreu aufgebaut worden. Auch die geschichtlichen Figuren wurden ihrem wahrscheinlichen Charakter angepasst. Auf der einen Seite also dieses imposante Schiff, mit all seinen für damalige Zeiten technischen Raffinessen, auf der anderen Seite das näher kommen zweier unterschiedlicher Gesellschaftsschichten. Rose will eines abends vom Deck springen, da die Rolle als baldige Ehefrau von Cal sie erschaudern lässt. Sie fühlt sich wie in einem Käfig. Es gibt immer nur Partys, Bälle. Es geht nur um Geld, Brandys und Zigarren. Keine wirklich schöne Zukunft denkt sie sich, als Jake ihr klar macht, das ein Sprung ins kalte Wasser nicht der beste Ausweg sei. Nach kurzer Verwirrung, in der Jake erst der Vergewaltigung bezichtigt wird, lädt man ihn schließlich für einen Abend in die High Society der Passagiere ein. Er diniert mit den ganzen Geschäftsleuten und Neureichen. Auch diese Figur hat Cameron sehr gut gezeichnet. Ein armer Hund, der für einen kurzen Augenblick in den erlauchten Kreis der "besseren "sein darf. Die Sympatien sind natürlich klar auf seiner Seite. Doch was für einen Abend gedacht war entwickelt sich in den folgenden drei Tagen zu einer Liebesbeziehung zwischen Jake und Rose, in deren Resultat Rose gar aus ihrem Leben ausbrechen möchte.
James Cameron zieht alle Register eines Kitschigen Liebesfilms. Die Sonne geht rosarot am Horizont unter, die Musik untermalt die Zuneigung der Beiden, und die Szene in der es zur bekannten Zeichnung kommt, ist wohl die Romantisch und Kitschigste der Kinogeschichte. Auch die erste Liebesszene der beiden findet nach einer Flucht vor dem Leibwächter von Cal, der mittlerweile misstrauisch geworden ist, in einem Auto im Lagerraum statt. Bis dahin hat der Regisseur in gut 80 Minuten sowohl die Geschichtlichen Überlieferungen zwischen Arm und Reich skizziert, als auch eine Liebesbeziehung zwischen den beiden Hauptprotagonisten aufgebaut. Doch dann passiert natürlich die eigentliche Katastrophe, das Schiff kollidiert mit einem Eisberg, und was dann folgt ist einfach nur grandioses Katastrophen Kino. Rose und Jake wollen ihre Liaison bekannt machen, als das Unglück passiert ist. Mit einem Trick wird Jake als Dieb verhaftet und eingesperrt. Cameron zeigt auf der einen Seite, wie die Crew und der Captain die bekannten Fehler machen, auf der anderen Seite hat sich Rose endgültig von ihren reichen Wurzeln befreit und versucht ihre neue Liebe zu retten. Dies geschieht spektakulär. Im Bauch des Schiffes sammelt sich das Wasser, Menschen werden panisch, der Strom fällt aus. Hier werden alle Register des Spannungs Kinos gezogen. Die Rettung ist dramatisch erfolgt, dann müssen sich die beiden wieder an Deck kämpfen. Hier sieht man die Misstände der 2. und 3. Klasse ganz deutlich, die wie Tiere einfach eingesperrt werden, und so keinerlei Chance auf Rettung haben. An Deck angekommen bricht die allgemeine Panik aus, denn wie bekannt gibt es zu wenig Rettungsboote. Cal versucht das natürlich mit Geld zu regeln, und als er Rose dazu gebracht hat in ein Boot zu steigen, steigt diese natürlich ganz dramatisch wieder aus. Diese Szene ist ein Glanzstück des Films, sie zeigt das Cameron sein Publikum versteht und weis was es sehen will. Nach einer erneuten Flucht, den Rose hat den Mantel an in dem noch der Diamant steckt, müssen die beiden nun ums Überleben kämpfen. Menschen laufen Amok, die letzten Boote werden nur noch ins Wasser gerissen und die Kapelle spielt natürlich bis zum Schluss. Cameron arbeitet sehr mit der Macht der Bilder und der Musik. Er unterstreicht das in vielen Szenen. Etwa wenn ein Ehepaar zusammen im Bett geflutet wird und sich dabei noch einen Kuss gibt, oder wenn eine Mutter ihren Kindern erklärt, das alles wieder gut wird. Auch zeigt er immer wieder die Rehaugen seiner Hauptdarstellerin Kate Winslet, in die sich nicht zu Jake oder Cale verlieben.
Ganz schön lange Inhaltsangabe, aber bei so einem Film sollte man sich auch mal mehr Zeit nehmen. James Cameron unterteil seine Adaption ganz klar in zwei Kapitel. Und hat trotzdem immer ein Auge für die unglaublichen Details des Schiffes und des Untergangs. Man merkt einfach seine Obsession für diese Geschichte. Und auch wenn er mehrfach das Budget gesprengt hat, fast vor der Entlassung aus dem Projekt stand, und seine Darsteller fast umgebracht hätte, ist es glaube ich nur dem Kanadier zu verdanken, das uns 1997 so ein guter Film beschert wurde. Auch die Auswahl der Darsteller war perfekt gewählt. Der damals noch am Anfang seiner Weltkarriere stehende Leonardo DiCaprio verkörpert den armen Lebenskünstler Jake mit viel Feingeist und Charisma, Kate Winslet überzeugt als reiches Mädchen Rose, die nur ein "normales" und "eigenes" Leben führen möchte. Billy Zane als Cal ist brillant als herablassender und Geld-geiler Verlobter, Kathy Bates spielt warmherzig die neureiche Molly Brown. Der Rest des Cast ist sicherlich ersetzbar, aber dank der Details ihrer Figuren fällt das kaum ins Gewicht. Die Ausstattung ist gigantisch. Die Kostüme, die Kulissen sind perfekt gestaltet und wie aus der Zeit entsprungen. Die Spezial Effekte, die vor allem im zweiten Teil des Filmes zum Einsatz kommen sind für damalige Verhältnisse extrem gut gemacht, selbst wenn das Schiff sich in zwei Hälften spaltet, denkt man direkt dabei zu sein. Der Film versprüht die ganzen 192 Minuten einen genialen Charme und Kitsch, die Musik die mal sanft mit Dudelsäcken und dann mal wieder Orchestral Spannung erzeugt ist ebenso gut gewählt. Der Lohn waren am Ende 11 Oscars, die alle völlig zu recht gewonnen wurden.
Fazit: Titanic ist für mich einer der besten Filme aller Zeiten. Er verbindet eine zwei Klassen Liebesgeschichte mit der Katastrophe eines Schiffsuntergangs und setzt in Sachen Kulissen und Details neue Maßstäbe.