Watchmen ist in meinen Augen ein Superheldenfilm wie kein zweiter. Er wendet sich noch viel konsequenter von jeglichem Superhelden-Pathos ab als irgendein anderer Film des Genres. Nolans Batman-Adaption mag in der Tat ähnlich düster sein, was das Setting anbelangt. Aber Watchmen ist in dieser Hinsicht noch viel konsequenter. Denn gleichwohl der Film eine ganze Garde an “Superhelden“ auffährt, sind kaum welche unter ihnen, die derart gutherzig und selbstlos sind, wie es das typische Superheldenimage abverlangt. Wo Nolans Batman in letzter Instanz doch wieder zum selbstlosen Rächer wird, bleiben die zentralen Figuren in Watchmen durch und durch streitbare Charaktere. Ganz groß ist auch der Plot, der sich letztlich um die Frage dreht, wie weit man gehen darf oder sollte, um globale Gerechtigkeit (was auch immer man darunter versteht) durchzusetzen.
Wie großartig diese Geschichte erzählt ist, kann man an der Tatsache ablesen, dass zwei der interessantesten Figuren des Films, Rohrschach und Dr. Manhattan, nahezu völlig ohne Gesicht auskommen. Rohrschach ist die meiste Zeit maskiert und Dr. Manhattan ist ohne jegliche sichtbaren Emotionen – und überdies computeranimiert. Das ändert aber nichts daran, dass diese beiden zu den interessantesten Figuren gehören, da ihre Charakterkonzepte so ausgefeilt sind und fundamentale Sichtweisen verkörpern, die im Laufe des Films zum tragen kommen (eine ebenso symbolische Bedeutung hat der zu Beginn ermordete und sonst nur in Rückblenden vorkommende Comedian).
Was mich allerdings von der Höchstbewertung abhält, ist das Ende des Films. Bitte nicht falsch verstehen: Ich finde das Ende erzählerisch großartig und es könnte dramaturgisch kaum besser gewählt sein! Es passt super zu dem Film und den Allüren einiger Watchmen, die meinen, alleinig entscheiden zu können (ja, zu dürfen!), was gut für die Kleinigkeit der restlichen Menschheit ist. So sehr das aus dramaturgischer Sicht einen absolut passenden Schlusspunkt setzen mag, so bedenklich finde ich es allerdings auch. Das Ende des Films preist, zumindest implizit, eine Lösung an, die in meinen Augen niemals eine sein könnte. Letztlich ist es nichts weiter als die ultimative „Frieden schaffen mit Waffen“-Doktrin, wie sie selbst der grausamste und entschlossenste Despot nicht besser und selbstgerechter ausformulieren könnte. Erzählerisch ist das ein brillanter Zirkelschluss, weil es die utopischen Ansichten einiger Watchmen entlarvt und ad absurdum führt, ohne dass diese es überhaupt selber merken. Es zeigt sich letztlich, dass Rohrschach nicht halb so viel Soziopath ist wie Dr. Manhattan (eine Figur, die ich am Ende des Films absolut verabscheue). Für mich setzt sich schlussendlich eine Sichtweise durch, die an Zynismus und Naivität nur schwer zu überbieten ist. Insofern fand ich das Ende doch etwas verstörend ….. was ja schon wieder dafür spricht! Denn irgendwo soll es ja auch verstörend sein - keine Frage.
Wie gesagt: Erzählerisch ist der Film bis einschließlich zum Schluss echt super. Allerdings erweckt die sich am Ende durchsetzende Sichtweise der Watchmen (bzw. einiger von ihnen) eine solch Antipathie bei mir, dass ich eben nicht ganz darüber hinwegschauen kann. Das ändert freilich nichts daran, dass der Film unterm Strich wirklich sehr gut ist. Für mich ein noch besserer Superheldenstreifen als Nolans Batman Adaption!