Der Gerechtigkeit halber muß gesagt sein, das der Film ästhetisch nicht schlecht gelungen ist. Es ist eine COMIC-Verfilmung, und wer die Vorlage kennt, muß zugestehen, das sie hervorragend umgesetzt ist. Soviel zum Guten. Nun aber -
teilen sich die Zuschauer oder Beurteiler hier in zwei /ungleiche) Hälften: die einen zumeist jubeln unkritisch zum Himmel, die andern aus "ideologischen" Gründen zerreissen in Stücke. Ich will - wieso?- nicht schlichten, sondern zu bedenken geben:
diejenigen, denen der Faschismus-Vorwurf tierisch auf den Senkel geht, sind offensichtlich der Überzeugung, das es erlaubt ist und Kino der Freiraum, in dem man "das Hirn" auch mal ausschalten kann und darf. Kino ist pure "Unterhaltung" und Gestaltungsraum ansonsten - selbstverständlich - ausgeklammerter Fantasien, wo auch das Blut einmal "zu Unterhaltungszwecken nach Herzenslust spritzen darf - kann denn sowas - im Geiste - Sünde sein?
Diese Fraktion sieht eine andere Argumentation als "unterste Schublade", denn für sie steht fest, das man Fiktion und Realität nicht verwechseln darf, und wer das tut, ein Dummbatz oder verkrampfter Spießer ist, der uns an Oberlehrer oder den Moralbrillenschlumpf erinnert: lächerlich, phantasielos, und blöde. Seinen eregierten Zeigefinger würden wir am liebsten abhacken.
Nun ist es aber so, das dieser Film - gedankenlos - faschistische Grundstellungen spiegelt und unwillentlich kopiert - nicht von Hitler, sondern vom Leben selbst, das Hitler, ein Weltkriegs-Veteran, selbst abkopiert hat. Hitler hat den Faschismus nicht kreiiert: der Grabenkrieg hat ihn geschaffen.
Nun wird's also schwierig: natürlich hatte Zack Snyder Hitler&Konsorten bis Stalin-Idi Amin oder Pol Pot nicht vor Augen, als er 300 zusammenschusterte, nach relativ geringem künstlerischen Vermögen (das meiste ist digitale Technik, in den Dienst einer schlechten Sache gestellt),- sondern "das Leben" in extremer Befindlichkeit, wie es das jener "historischen" Spartaner am Thermopylen-Durchschlupf nach Griechenland wohl gewesen sein muß. Das Problem ist eben nur: nicht "Hitler", sondern "das Leben" oder "die Geschichte" oder manchmal auch "zu zeitweiligen Staaten geronnene Historie" sind es - "faschistisch". Und faschistisch heißt, siehe Thermopylen: lebensgefährlich.
Nicht lange reden: es gibt eine Minderheit, die das Ende des Unterhaltungs-Spaßes voraussieht oder ahnt: nämlich dann, wenn Kunst, die eine Voraussetzung oder Vorahnung ist, umschlägt in Wirklichkeit. Das, was die Leute schließlich tun, fällt nicht wie eine Eingebung vom Himmel - es wird, manchmal jahre-, jahrzenhte-, jahrhundertelang vorbereitet. Hitler hat z.B. den Antsemitismus nicht erfunden: er war nur Godzillas Augenaufschlag. Die einen sagen: Godzilla schläft. Die anderen sagen: Godzilla gibt's nicht.
Beide sollten sich nicht gegenseitig verteufeln, weil, wenn Godzilla erwacht, beide zusammenarbeiten müssen,- sonst siegt Godzilla. Das will keiner, von beiden, aus naheliegenden Gründen, denn Godzilla nährt sich von Menschenfleisch, bis er verhungert. Das täte beiden nicht gut.
Die einen, die es so deppert finden, wenn jemand im Zusammenhang von 300 sich blöde traut, von Faschismus-Affinität zu reden, sollten sich überlegen, wie so jemand, außer das er total verblödet ist, auf solche kranken Ideen kommt, ja zu kommen überhaupt möglich ist!? - sie werden, wenn sie es zulassen, womöglich selbst eine Idee haben.
Die anderen sollten die Jubler nicht für blöd halten. Es gibt gute Gründe, einen Freiraum offenzuhalten für allerlei in einer strikt moralistisch gezügelten Kandarrengesellschaft untergekehrten unvermeidlichen individuellen Bewegungsdrang des Ausleben-Könnens - und Dürfens von sonst Unterdrücktem. Wo kann die Innerei des Menschen, auch des vorhandenen Üblen, wie z.B. Gewaltphantasie, die zum menschen GEHÖRT, sonst noch im Modernen atmen ,- wenn nicht im Kino-Ersatz,- im Fuballstadion-Ersatz,- oder im Drogenrausch-Ersatz,- oder im -... . Solche Freiräume sind wichtig und unerläßlich, und es MUß tatsächlich Freiheit in ihnen herrschen. Sie werden nicht von Dummköpfen besucht, sondern von Menschen, die frei (werden) wollen. Das Kino ist eine Übungsstätte: die keinen Meister-Ausweis als Eintritt verlangen (dürfen). Gerade im Kino wird Realität GEÜBT: Kinos sind - heute - die lehrstätten mündigher Staatsbürgerschaft. Gewagte Thesen? -Notwendigkeiten,- wenn im Kindergarten schon das Schlange-Stehen geübt wird,- und das höfliche Fragen. Frug der Neandertaler das Mammut höflich, ob es geneigt sei, sich erschlagen zu lassen? - Er frug nicht. Deswegen gibt's uns noch.
Es ist nicht "krank", Action selbst Splatter zu gucken: es befreit, im gesunden Maße, von Ballast. Das Problem ist also wieder einmal ein aristotelisches: "Von Nichts Zuviel" ('Nikomachos'). Wann ist es zuviel? - Hier, bei Z. Snyder, ist es, beinahe sicher ungewollt, wie es vorkommt bei Möchte-gern-Kunstadepten, die von Tuten&Blasen noch keine Ahnung haben, nur einen diffusen Drang,- "zuviel Fascho-Affinität",- mit der er ungute Tendenzen des verkehrsungeschützen Zuschauers speichelleckerisch aufnimmt, resoniert und verstärkt. Das war kein böser Wille: sondern nur Unbelecktheit und karrieregeiler Opportunismus. Der Mann meint es nicht böse: er willfahrt nur, und merkt's nicht mal.
"Von Nichts zuviel": Vorschlag zur Güte: alle reissen ihren Drang zum "Ich will alles, und zwar sofort" ein wenig am Zügel der Selbstkontrolle, den ALLE notwendig beherrschen müssen - zum GEMEINSAMEN Überleben, miteinander: denn nicht der "dummschlaue Pseudo-Intelktuelle" und Dummschwätzer oder der "primitive orthographiefremde unterbelichtete Gewaltpornokonsument" und ist der Feind : sondern die Geschichte, die beide, wie's aussieht, am liebsten bei jeder Gelegenheit zusammen fressen und verspeisen möchte.
Dazu ist eins nötig: zu erkennen, das Kunst - "Kunst"?- und Wirklichkeit ZUSAMMENHÄNGEN und untrennbar sind. Der Amokläufer von Atlanta sagte bei Verhaftung: ">Ich bin der Joker<. Wo er das wohl herhat? Soll Christopher Nolan deswegen keine wunderbar erhellenden Filme mehr machen und die Menschheit mit "Dark Knight"s beschenken? - Um Gottes willen: nicht Verstand ist das Problem, sondern zu wenig Verstand - oder Zuviel? - Verstand ist nie genug, und man sollte als Fernziel anstreben wenigstens: das Hirn NIE ausschlaten zu müssen, aus bedrängter Notwendigkeit des Ventilieren-MÜSSENS: es sollte besser immer weniger werden,- dieser Ausschaltens-Notdurft, die wie ein ungelibeter Obolus sein sollte, den man zu entrichten hat, wider Willen. Man könnte Kritik und Nicht-Übereinstimmung als dankenswertes Hinweis-Hilfsmittel nehmen, zu entdecken, wo vielleicht noch mehr davon, aus dem Verborgenen, zu entwickeln wäre. Gilt für alle.