Pedro Almodóvar ist nach wie vor ein Ausnahmeregisseur. Nie ging es ihm ums große Drama. Seine Filme behandeln zwar große Dramen und Tragödien, aber es gibt wohl keinen anderen Regisseur, der so stellenweise so nüchtern und auch mit einer Priese Humor auf diese Themen blicken kann. Seine Dialoge wirken immer etwas unnatürlich und Figuren artikulieren sehr häufig ihre Gefühle und Bedürfnisse heraus. An dieser Stelle würden andere Filmemachern scheitern, nicht aber der Spanier. „The Room Next Door“ ist Almodóvars erster Film den er in den USA gedreht hat.
Im Kern geht es um zwei Freundinnen, die sich lange aus den Augen verloren haben, aber als Ingrid (Julianne Moore) erfährt, dass ihre Freundin Martha (Tilda Swinton) an Krebs erkrankt ist, finden beide wieder zueinander. Martha wird Ingrid bitten mit ihr in ein kleines aber traumhaftes Haus im Wald zu ziehen, wo sie in Würde den Freitod wählen möchte. Wenn sie es tut wird ihre Schlafzimmertür geschlossen sein. So folgen wir der Reise zweier Frauen, von der Eine am Ende ihres Weges ist.
Pedro Almodóvar macht ihr im Grunde nichts Anderes, als das was er in Spanien auch schon getan hat. Die Figuren reden, während die Handlung eigentlich ganz simpel ist. Dabei wird abgeschweift und Nebenhandlungen aufgebaut, Figuren eingeführt und Themen angeschnitten, die zur großen Handlung nur bedingt etwas beitragen, aber sich dennoch in das Gesamtbild des Künstlers einfügen. Er erzählt hier nämlich eine wunderschöne Geschichte, nicht nur über Freundschaft, sondern über Selbstbestimmung, Würde und den Tod als legitimer Ausweg.
Ingrid fürchtet den Tod ungemein und hat gerade erst ein Buch darüber geschrieben. So ist ihr Marthas Verhalten zunächst unbegreiflich und auch sie muss lernen, welche erlösende Sache dieser sein kann. Martha hingegen ist ein stolze Frau, die dem Tod als Journalistin in Kriegsgebieten schon immer nahe war. Sie fürchtet nicht ihn, sondern einzig alleine zu sterben. So stehen zwei unterschiedliche Ansichten gegenüber, die sich aber langsam annähern und ein Tabuthema neu verhandeln.
Das alles würde nicht gelingen, wenn nicht die beiden Hauptdarstellerinnen so fantastisch spielen würden. Julianne Moore ist seit jeher eine Naturgewalt und Tilda Swinton bringt sich hiermit schon mal für ihren zweiten Oscar in Stellung. Zwei Ausnahmedarstellerinnen und ein Ausnahmeregisseur. Da verzeiht man sogar fast, dass Penelope Cruz und Antonio Banderas mal nicht anwesend sind.
Almodóvar schenkt uns hier wieder einen wunderschönen und berührenden Film, mit starker Botschaft und noch stärkeren Hauptdarstellerinnen, die er in starken Dialogen und Bildern präsentiert, in denen die Kulisse Manhattans so schön wie selten erscheint und trotz des schweren Themas auch immer eine Wärme mit sich bringt.