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Kinobengel
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3,5
Veröffentlicht am 12. Juli 2024
lasset uns treiben
Brasilien, Bundesstaat Ceará: Heraldo (Iago Xavier), bald 21, verpatzt einen Auftrag und verliert dadurch seinen Bruder. Die eigenen Leute jagen ihn. Er kommt durch sein handwerkliches Geschick im Motel Destino unter, das von dem herrischen Elias (Fábio Assunção) geführt wird. Dessen Ehefrau Dayana (Nataly Rocha) interessiert sich für den neuen jungen Angestellten.
„Motel Destino“ habe ich auf dem 41. Münchner Filmfest gesehen. Die Epilepsiewarnung zu Beginn des Screenings gilt wohl für den stroboskoplichtreichen Abspann zum treibenden Beat.
Destino bedeutet Ziel oder Schicksal. Filmemacher Karim Aïnouz, der 2019 mit „Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão“ Aufmerksamkeit erlangte, hat den Titel kaum von ungefähr bestimmt, denn der kriminelle Heraldo muss schon bald mehrere Baustellen seines Lebens gleichzeitig bedienen. Alle Beteiligten in dem Mikrokosmos Stundenmotel geben sich ihren Emotionen hin, die Kunden, die Betreiber, die Angestellten. Die Einblicke sind intensiv sowie häufig rot gefärbt, viel nackte Haut ist zu sehen. Ein interessantes Spielfeld, das das von der sehr erfahrenen Kamerafrau Hélène Louvart problemlos zu einer visuell speziellen Stätte geformt wird, welche die isolierte Betrachtung intensiviert. Auditiv dazu das Dauergestöhne, hauptsächlich von Frauen.
Aus dem Verhalten der drei Hauptfiguren schließt das Publikum auf deren Charaktere, die verschiedener kaum sein könnten. Sittlich gefestigt ist keiner, das haben sie gemeinsam. Aïnouz konstruiert ein fesselndes Dreieck mit hohem Risikopotential. Wann wird es gesprengt? Die Folgen könnten extrem sein. Im Saal steigt ein Kribbeln auf. Fábio Assunção gibt als bewanderter Akteur den Elias als lebendiges Pulverfass.
Ein Ränkespiel führt nach dem Regeldrama im 5. Akt in die Katastrophe, so auch in „Motel Destino“. Es handelt sich jedoch keinesfalls um Mainstreamware von Aïnouz, der den Film quasi nebenher gedreht hat, denn er war noch mit dem groß angelegten Kostümfilm „Firebrand“ beschäftigt.
Fazit: Wenig Aufwand und Einfallsreichtum um das Treiben in dem Kleinod an der Straße sorgen für ansprechende Kinounterhaltung.