Die hilfreichsten KritikenNeueste KritikenUser mit den meisten KritikenUser mit den meisten Followern
Filtern nach:
Alle
Rob T.
3 Follower
170 Kritiken
User folgen
3,5
Veröffentlicht am 7. Oktober 2024
Hält eine Kinderseele so was aus? Christian ist 10, und in seiner Familie macht er einiges mit. Sein Vater Ottes behandelt ihn nicht besonders gut, aber am schlimmsten sind seine Ausfälle gegenüber seiner Frau. Der Junge muss mit ansehen, wie sein Vater seine Mutter anbrüllt und verprügelt. Wenig später wird bei seiner Mutter Krebs diagnostiziert. Viel zu spät, weil sie nicht beim Arzt war. Seine Mutter stirbt, Christian kommt zur Tante in die Familie. Aber auch dort läuft es nicht gut.
"Ein Mann seiner Klasse" heißt der Film, der die erschütternde Geschichte eines Jungen erzählt, der das Grauen erlebt. Sie spielt 1994 in Kaiserslautern. Richtig verarbeiten kann Christian das alles nicht. Stattdessen verteidigt er sogar seinen Vater vor seinem Bruder. Und auch Christian selbst neigt mehr und mehr zur Gewalttätigkeit.
Tatsächlich ist es die wahre Geschichte von Christian Baron. Der Journalist hatte 2020 seine Lebensgeschichte als Buch herausgebracht. Es ist ein wichtiger Film, den Das Erste da gezeigt hat. Was macht so ein hartes Leben mit der Psyche eines Kindes?
Camille Loup Moltzen spielt diesen Jungen auf bedrückende Weise gut. Die Unsicherheit, der Schmerz, die Angst, die Ohnmacht in seinen Augen, als er sieht, wie seine Mutter verprügelt wird. So was muss so ein kind auch erst mal spielen können.
Ein Film der einen wirklich nachdenklich werden lässt. Ruhig erzählt nimmt das auf einer Autobiografie beruhende Sozialdrama die Zuschauer und Zuschauerinnen mit in eine Kindheit geprägt von Konsum, Verlust und Gewalt. Im Zentrum ein toll gespielter Christian, der nach dem Tod seiner Mutter bei seinem Vater bleiben möchte - welcher aber durch seine eigene Biografie in Sucht und Gewalt Ausflucht sucht. Auf der anderen Seite die wundervoll und berührend gespielte Tante Julie, welche versucht, den Kindern ihrer verstorbenen Schwester ein besseres Leben zu ermöglichen. Sowohl der Vater als auch Tante Julie sind hierbei authentisch in ihrem Schauspiel portraitiert und hinterlassen bei dem Publikum das Gefühl komplexer, vielschichtiger und (weitgehend) nachvollziehbarer Charaktere. Mich hat insbesondere das Schauspiel von Svenja Jung (Tante Julie) beeindruckt, die es neben den Kinder-Protagonisten immer wieder schafft große Empathie und Nähe zu den Zuschauern und Zuschauerinnen zu erweckten. Auch die biografische Vorlage der Tante Julie scheint eine beeindruckende Frau zu sein, welche trotz widriger Umstände und vielen persönlichen Opfern der Mutter der Kinder über den Tod hinaus eine tolle Schwester geblieben ist.