der Schwung ist göttlich
USA, 1960er: Kathy (Jodie Comer) schildert dem Journalisten Danny (Mike Faist) ihre Erfahrungen mit dem Bikerclub „Vandals“, dessen Anführer Johnny (Tom Hardy) und seiner rechten Hand Benny (Austin Butler), der kurz nach dem ersten Aufeinandertreffen der Ehemann von Kathy wird.
Regisseur Jeff Nichols hat bereits Leinwandstars wie Jessica Chastain vor der Kamera stehen gehabt, desgleichen Michael Shannon, der im aktuellen Film wieder zum Zug kommt. Er, Nichols, schreibt die Drehbücher vorwiegend selbst, ebenso für seinen neuen Film „The Bikeriders“, inspiriert durch den gleichnamigen Bestseller von Danny Lyon (2014).
James Dean (1931 - 1955) hat in nur drei Kinofilmen gespielt, nie stand er an der Seite von Marlon Brando, eigentlich schade. Nichols bringt dem Publikum zumindest etwas sehr gut Vergleichbares, nämlich Austin Butler, der seinem Cool-Posing kaum entfliehen kann (Ausnahmen bestätigen die Qualität der Rolle), und Tom Hardy mimt den erbarmungslos entscheidungsfreudigen Präsidenten, auch er die Kippe lässig im Mundwinkel. Die beiden agieren hingebungsvoll, das muss einfach Spaß gemacht haben. Benny spricht dabei durch eine auf etwa Motorleerlauf-Frequenz tiefergelegte Stimme, das Englisch klingt nicht zu verwildert. Darunter leidet sicherlich die Authentizität, welche in „Easy Rider“ (1969 von Dennis Hopper) stärker ausgeprägt ist. Was soll’s, wenn es rockerromantisch sein muss, genau dies steht zunächst im Vordergrund. Als Kathy das erste Mal auf dem Feuerstuhl hinter Benny sitzt und die Clubmitglieder lautstark vibrierend aufschließen, ist es um die Sofortverliebte, aber vorerst Abgeneigte endgültig geschehen. Die junge Frau spürt die nach ihr greifende Gemeinschaft, eine der vielen hervorragenden Szenen, festgehalten von Nichols Stamm-DOP Adam Stone.
Danny begleitet die Biker, interviewt jedoch hauptsächlich, chronologisch nach den erzählten Ereignissen liegend, eine offen auftretende, bewegte Kathy. Comer spielt diese Szenen brillant. Nicht nur deswegen beleben die zeitlichen Ausflüge den Fluss des Films, sie erhöhen sogar die Spannung, denn einiges soll verändert werden.
Klar, es geht mal hart zur Sache, nicht nur Verkehrsregeln werden gebrochen, Blut fließt, die Vandals sind nicht durchweg beliebt, eine Bar wird vernichtet, das alttestamentarische „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ kommt hinzu, die zahlenmäßig unterlegene Polizei stellt sich hinten an. So ist das nun mal in einer solchen Familie. Dabei hat der legendäre unverrückbare Boss Frau und Kind daheimsitzen, die gar nichts mit der Gang zu tun haben. Der Regisseur hat nicht außer Acht gelassen, die Kehrseite zu erwähnen: Tom Hardy setzt schauspielerisch noch einen drauf, als Johnny seine Macht über den stetig wachsenden Club entgleiten sieht.
Jeff Nichols präsentiert ein stark gespieltes Drama, in dem die Schwärmerei den Realitätssinn etwas verdrängt. Trotzdem mitfahren!