Da ist er nun! Der neuste Eintrag in den Kosmos der „Alien“-Reihe, die 1979 von Ridley Scott mit seinem fantastischen, philosophischen Sci-Fi-Schocker, der bereits damals seiner Zeit weit voraus war begann. Nachdem die Reihe aber bereits nach „Aliens“ stetig nachließ, man zwar fähige Regisseure fand und zugleich immer wieder versuchte neue Aspekte ins Universum zu bringen, kam sie nach Scotts „Alien: Covenant“ erst einmal vollständig zum Erliegen. Mit „Romulus“ startet man jetzt einen neuen Versuch, der nicht zur Zurück zu den Anfängen geht, sondern damit auch den, für mich persönlich, besten Teil der Reihe nach den ersten Beiden bildet.
Zur Handlung: Rain lebt und arbeitet auf einem Minenplaneten der Gilde und erhofft sich nichts mehr, als die stetig in Dunkelheit gehüllte Hölle endlich zu verlassen und ein richtiges Leben zu beginnen. Als sie jedoch weiter vom Konzern ausgebeutet werden soll und sie keine Perspektive mehr hat auf ein besseres Leben, schließt sie sich ihrem Freund Tyler an. Dieser weiß von einer Station im Orbit des Planeten, die Cryostasekapseln beinhalten, mit deren Hilfe sie fliehen könnten. Mit einem Team aus sechs Mitgliedern beschließen sie zur Station zu fliegen, in welcher ein großes Unheil lauert.
Es war eine geniale Entscheidung mit Fede Alvarez einen Regisseur ins Boot zu holen, der maßgeblich für brachialen Horror der Moderne steht. Mit „Don´t Breath“ hat er bereits die Stimmung der „Alien“-Filme einfangen können und das Gefühl des verfolgt werden, während sein Remake von „Evil Dead“ in Sachen Gor, Blut und Gewalt stets aufs Gas gedrückt hat. Gleichzeitig reiht sich sein guter Name damit in eine Reihe echter Größen ein, die allesamt einen Beitrag zum Universum liefern durften.
„Alien: Romulus“ überzeugt für mich an einiges Stellen, was direkt mit dem Handwerk beginnt. Der gesamte Film sieht, auch gemessen an der Zeit, am Besten aus von allen Teilen. H.R. Gigers geniales Design in der Moderne, hinzu die echten Sets, die dunkel und dreckig sind, erzeugen ein wundervolles Gesamtbild. Auch die praktischen Effekte, in Form der Stadien des Aliens sehen umwerfend aus und erzeugen einen greifbaren Horror, den man in den letzten Scott Filmen vermissen ließ. Aber auch die visuellen Effekte sind absolut gelungen. Der Soundtrack von Benjamin Wallfisch orientiert sich stark am Original und passt hier ebenfalls bestens. Gleiches gilt für die Kameraarbeit von Galo Olivares.
Alvarez verbeugt sich im Film zwar klar vor seinen Vorgängern, besonders von der ersten beiden Teilen, aber auch „Prometheus“ ist hier nicht unwichtig und zitiert sogar einzelne Stellen wörtlich, tut dem ganzen aber keinen Abbruch. Zwar ist diese Taktik inzwischen üblich fürs aktuelle Kino, aber Alvarez hat dennoch eigene Ideen, vertraut auf den Spannungsaufbau und gibt sogar eine erschreckend realistische Prämisse.
Der Film beginnt langsam und lässt sich auch sehr lange Zeit bis tatsächlich etwas passiert. Als Zuschauer, der weiß was auf der Station lauert, ist man allerdings bereits früh angespannt, da man die Motive der Figuren nachvollziehen kann. So erzeugt sich aber schnell eine Spannung, die bis zum Ende erhalten bleibt, auch weil wir selbst auf der Station einen immensen Druck bekommen, da stetig Zeit ein Faktor ist und wir diese auch verbal mehrfach angesagt bekommen. Die führt zu einer Vielzahl an Bedrohungen, die sich im Laufe der Zeit aufbauen. Wenn die Hölle dann losbricht macht Alvarez keine halben Sachen. Es gibt Gewalt, Blut und Ekel. Menschen werden durchbohrt, verätzt, Brustkörbe aufgerissen und Tentakel aus Hälsen gezogen. In weiten Teilen fühlt sich vieles nach den alten Teilen an, aber auch eigenen Ideen sind hier schön eingebaut. Eine Szene in der Schwerelosigkeit, die mit Säure erfüllt ist, ist ebenso genial wie das kontroverse Ende, das man erahnen kann und eine neue Form der Grausamkeit hat, die selbst für die Reihe an die Grenze geht.
Das Ende wird wohl auch spalten, ich fand es aber genial und erfrischend gut.
Natürlich zeichnen sich die Filme der Reihe aber auch immer durch ihre Themen aus. Alvarez setzt auf einen jungen Cast, der ins All geschickt wird. Diese arbeiten zwar, haben aber ein schreckliches Erbe hinterlassen bekommen, ihre Einkünfte bieten keine Ausweg, sie werden ausgebeutet und haben keine Zukunftsperspektive. Damit zieht sich eine erschreckende Parallele zur Realität. Ihre Mühe und Arbeit wird nicht entlohnt und so beschließen sie, in ihrer Verzweiflung und im Sinne ihrer eigenen Hölle, einer konzernregierten Gesellschaft zu entkommen, indem sie kriminell werden, stehlen und sogar mit ihrem Leben dafür bezahlen. Die Figuren sind dabei zwar recht simpel, aber dies war in den anderen Filmen nicht anders, mit Ausnahme von Teil 1. Dennoch fiebert man mit ihnen mit und wirken organisch. Auch sie machen Fehler, handeln aber in vielen Situationen auch besser als in den anderen Teilen. Zwar ergibt nicht immer alles Sinn, bzw. man muss hinterfragen ob gewisse Dinge so machbar währen, aber reißt nicht raus. Herzstück sind Cailee Spaeney als Rain und David Jonsson als Andy. Rains Motivation ist nachvollziehbar und ihr Wandel auch greifbar. Sie erinnert damit stark an Sigourney Weavers Ripley, kann aber auf eigenen Beinen stehen. Jonsson liefert in all seinen Facetten das beste Schauspiel ab und einen komplexen, aber nachvollziehbaren Charakter, der immer am schwanken in seinem Verhalten ist. Aber auch Archie Renaux, als Anführer Tyler ist durchaus passend und erzeugt Sympathien. Isabela Merced als Kay bekommt eine Sache in die Figur geschrieben, die ihre Geschichte ebenfalls aufwertet und man ihr am wenigsten die Begegnung wünscht, während Spike Fearn als Bjorn herrlich unsympathisch ist, ein Kotzbrocken und sich an die Marines aus „Aliens“ erinnert fühlt. Dennoch ist auch er greifbar und sichtlich mit viel Freude gespielt. Einzig Aileen Wu als Pilotin Navarro bleibt auf der Strecke.
Zudem ist natürlich auch dieser Film wieder voller Motive. Vom Akt der Schöpfung, über die sexuelle Komponente, die sich in allen Teilen findet, dem Gedanken einer feministischen Heldin, bis hin zum Tod der Figuren, deren Reihenfolge auch stets in einem gewissen Muster passieren. Hinzu kommt die aktuelle Perspektive der Jugend, ihrer Existenzangst und der miserablen Aussicht, die sie für eine erfüllte und positive Zukunft, abseits davon nur als rohes Arbeitsmaterial betrachtet zu werden.
Kurz: „Alien Romulus“ hält für mich was versprochen wurde. Einer der visuell besten Filme seit Jahren, mit Blut und Horror, viel Spannung und komplexen Themen, die aus vergangenen greifen, aber auch moderne Probleme einstreut. Alvarez geht zu den Wurzeln zurück, verbeugt sich vor diesen, geht aber auch eigene Wege und schockiert mit diesen. Das ist „Alien“ wie ich es seit Ewigkeiten haben wollte und der beste Teil der Reihe, nach dem Meisterwerk „Alien“ und dessen Nachfolger „Aliens“!