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    Im letzten Sommer
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    FILMGENUSS
    FILMGENUSS

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    2,0
    Veröffentlicht am 27. Oktober 2023
    IN DER REIFE LIEGT DIE LUST

    Sex mit dem Stiefsohn. Einmal auf einschlägigen Pornoplattformen eingegeben, schon poppen allerlei Filmchens an die Oberfläche, die den speziellen Reiz eines solchen verbotenen Geschlechtsakts zelebrieren. Man sieht: Fans dieser Sorte des Betthupferls gibt‘s zu Genüge, nicht umsonst werden deswegen Clips wie diese zuhauf abgedreht. Aus diesem moralischen Fegefeuer zur eigenen Befriedigung entkamen auch schon so einige Filme. Zum Beispiel Königin mit Trine Dyrholm, die mit ihrem Stiefsohn unter die Laken schlüpft – mit fatalem Ausgang. Natürlich geht sowas nicht gut, mit Sicherheit lässt sich ein Seitensprung wie dieser, innerhalb der selben vier Wände, in denen auch der gehörnte Ehegatte weilt, auf Dauer nicht verbergen. Was sich die beiden Liebenden da wohl gedacht haben?

    Jetzt will auch noch Altmeisterin Catherine Breillat (u. a. Romance XXX) dieser Sache auf den Grund gehen. Und meint dabei, entdeckt zu haben, das Moral per se nichts ist, womit wir uns als Mensch eigentlich herumschlagen müssten. Vive la Anarchie! Das Gewissen ist ein stacheliges Ruhekissen, das man weglegen muss, ist das hedonistische Weltbild doch das einzig Wahre. Natürlich ist es reizvoll, zu tun, wonach einem verlangt – und sei es die Frau des eigenen Vaters, für die man erotische Gelüste hegt. Zu so einer Partie gehören letztendlich aber zwei, will man die Palette zu ahndender sexueller Gewalt aussen vorlassen. Im letzten Sommer ist in erster Linie kein Film über ein Verbrechen im Sinne des Rechtsstaats. Allerdings ein Film über ein Verbrechen im Sinne des Anstands, der Würde und des Respekts. Beide, sowohl Léa Drucker (Close) als Anne und Samuel Kircher als ihr siebzehnjähriger Stiefsohn Théo fühlen sich von all diesen Werten scheinbar befreit. Die Egomanie feiert ihr Sommerfest, der missratene Jungspund plündert sogar die eigene Wohnung, raucht in den eigenen vier Wänden und sticht seiner Reservemutter ein Tattoo, bevor er ihr kurze Zeit später die Zunge in den Mund steckt. Nun ja, Anne kommt das nicht ungelegen. Der Reiz der kernigen Jugend, das Feuer eines lustvollen Minderjährigen. Zugegeben: das ist strafbar auch im Sinne des Rechtsstaats. Doch darum geht es Catherine Breillat überhaupt nicht. So, wie sie die beiden inakzeptablen Liebenden darstellt, möge ihre Sympathie mit ihnen sein. Meine bekommen sie nicht.

    Im letzten Sommer, der bei der diesjährigen Viennale läuft, wurde von Breillat höchstpersönlich präsentiert. Als Antwort auf ihre abschließenden Worte, sie wäre schon neugierig, auf welche Seite sich das Publikum schlagen würde, käme mein ganzes Mitleid wohl dem Ehemann Pierre zugute, der sich bei seinen beiden Adoptivkindern zwar auch rar genug macht, um nicht die Last einer späten Vaterschaft austragen zu müssen, der aber zumindest moralisch soweit integer bleibt, um nicht mit der hauseigenen Putzfrau ins Bett zu steigen. Seine Figur ist das Zentrum, in welchem man sich notgedrungen wiederfinden könnte. Außerhalb dieser Blase, in denen verzweifelt gerettete Fragmente eines vormaligen Vertrauens herumschwirren: die nicht wirklich weit gedachten Moralkonzepte einer erwachsenen, klugen Frau, die jedoch ihrer Midlife-Crisis zum Opfer fällt, und ein psychoaggressiver Jüngling, der manchmal an Timothée Chalamet aus Call Me by Your Name erinnert, jedoch nicht dessen Leidenschaft besitzt. Kurzsichtigkeiten wie diese reiten alle ins Unglück. Beim dritten Liebesakt, begleitet von heftigem Augenrollen meinerseits, ist das Interesse an den beiden längst flöten gegangen. Die schmachtende Léa Drucker, die selbst nie zum Orgasmus kommt, und der keuchende Samuel Kircher, des sich mit seiner Libido auch irgendwie schwertut, bleiben flache, psychologisch wenig ergründete Abziehbilder aus einem schwülstigen, sonderbar trivialen Liebesroman, in welchem nur das skandalöse erotische Abenteuer zwischen zwei Generationen zur für Breillat befriedigenden Provokation reicht.
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    beco
    beco

    61 Follower 362 Kritiken User folgen

    3,5
    Veröffentlicht am 25. Januar 2024
    Was für ein unangenehmer Fim, was für zunehmend unsympatische Figuren, nein, mit denen möchte man nicht sein Leben teilen.
    Eine durchaus spannend inzenierte Beziehungsgeschichte, die aber zunehmend abstößt und man froh sein kann, wenn man der 60er Generation angehört hat, die wohl freier und und unbeschwerter gelebt hat.
    beklemmend, zwiespältig
    Rob T.
    Rob T.

    2 Follower 159 Kritiken User folgen

    3,5
    Veröffentlicht am 25. Januar 2024
    Anne (Léa Drucker) ist erfolgreiche Anwältin. Sie hilft Minderjährigen Jungen und Mädchen aus ihren komplizierten Lebenssituationen. Da kann sie auch streng sein. Gerade hat sie es mit einem vergewaltigten Mädchen zu tun, das sie vor dem Täter verteidigen muss.
    Zu Hause läuft es gut. Mit ihrem Mann Pierre (Olivier Rabourdin) hat sie zwei Mädchen adoptiert. Sie führen ein ganz gutes Leben am Stadtrand von Paris.
    Ärger gibt es allerdings mit Théo (Samuel Kircher), Pierres 17-jährigem Sohn aus erster Ehe. Pierre beschließt, dass Théo erst mal zu ihnen kommt.
    Théo ist zunächst abweisend. Mit den Kindern spielt er, aber gegenüber Anne ist er schnippisch.
    Aber das ändert sich: Zwischen Théo und Anne funkt es. Die beiden haben Sex. Als das raus kommt, eskaliert die Lage.

    "Im letzten Sommer" heißt das Drama aus Frankreich. Es beschäftigt sich mit einer Moralfrage - aber nicht nur. Anne spürt die Anziehung, die von Théo ausgeht - und gibt ihr bald nach. Gleichzeitig weiß sie aber, dass es moralisch falsch ist, was sie da tut, lässt es aber erst mal weiterlaufen.
    Ausgerechnet die Frau, die sich um missbrauchte Kinder kümmert, lässt sich auf einen 17-Jährigen ein - wobei das eigentlich in der Geschichte gar keine Rolle spielt. Vielmehr geht es darum, mit welcher Kälte, mit welcher Grausamkeit Anne sich selbst schützt und damit in Kauf nimmt, dass Théo Schaden nehmen könnte.
    Das ist spannend. Wird aber mit der Zeit ärgerlich angesichts der angeblichen Gefühlskälte bei Anne. Léa Drucker spielt diese scheinbare Erbarmungslosigkeit richtig gut, ebenso sehenswert ist aber auch das Schauspiel von Samuel Kircher. Nicht ganz so gut gecastet oder angeleitet sind die Kinder - eines von ihnen spielt unangenehm affektiert.

    Sehr ärgerlich ist spoiler: das vollkommen offene Ende. Selbst wenn es vielleicht nur scheinbar offen ist, ist es eher armselig, dass ein Film nicht konsequent irgendwie zu Ende erzählt wird, oder zumindest ansatzweise. Vielleicht, sagen die Filmemacher um Catherine Breillat, sollen sich die Leute selbst Gedanken. Vielleicht ist es aber einfach nur die Faulheit oder die Scheu eine Geschichte bis zum Ende zu denken.
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